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Futura.VET zur Mensch-Tier-Beziehung erfolgreich gestartet
24.02.2023
Am 16. Februar 2023 war es endlich soweit. Pünktlich um 13:00 Uhr wurde die erste Futura.VET mit dem Leitthema Mensch-Tier Beziehung eröffnet. Mit freundlichen und begeisterten Worten, aufgrund des vielfältigen Programms, begrüßte Hubertus Keimer als Mitveranstalter die gut 100 Anwesenden, die sich per Zoom zugeschaltet hatten. Ihr Resümee: ein spannender Auftakt des neuen, innovativen Formats, welches jetzt noch bis Ende Mai 2023 als Aufzeichnung zur Verfügung steht.
Die Futura.VET steht für ein zukunftsweisendes Fortbildungsformat, dass sich sowohl an Tierärzt:innen als auch Humanmediziner:innen und Landwirt:innen richtete,
denen das Tierwohl, die Veterinärmedizin und ihr Standing in der Gesellschaft am Herzen liegt.
die bereit sind, ihr Fachgebiet zu verlassen, um durch neue Einblicke und Perspektiven vorausschauend zu handeln.
die im Wandel der „Mensch-Tier-Beziehung“ Chancen und Aufgaben für den Tierarztalltag und den One-Health-Gedanken sehen.
Das Leitthema der Auftaktveranstaltung war die Mensch-Tier-Beziehung, die ohnehin viele Facetten hat, aber auch wesentlich die Arbeit von Tierärzt:innen sowie Landwirt:innen beeinflusst. Durch tiergestützte Therapien in Bezug auf Zoonosen berührt die Mensch-Tierbeziehung jedoch auch wesentlich die Humanmedizin. Speziell die steigende Zahl an Zoonosen hat so große Bedeutung, dass in diesem Zusammenhang dem Themengebiet One-Health ein ganzer Block auf der Futura.VET eingerichtet wurde, in dem u.a. auf die Bedeutung der intradisziplinären Zusammenarbeit, der globalen Ausrichtung der One-Health Bemühungen sowie auf die ökonomischen Vorteile eingegangen wurde.
Den Anfang machte der Keynote-Vortrag des Ethikers Prof. Dr. Peter Kunzmann, der auf die Gründe und Folgen der großen Wende im Mensch-Tier-Verhältnis einging und so einen hervorragenden Einstieg in das Thema gab.
Weiter ging es mit dem Block Nutztiere, der durch ein Fachgespräch zum Thema Moralische Herausforderungen der Veterinärmedizin in der Nutztierhaltung zweier Experten auf ihrem Gebiet weiterging. Dr. Christian Dürnberger, Ethiker am Messerlie Forschungsinstitut, Dr. Joachim Lübbo Kleen, Spezialist für Rindergesundheit und als Berater im Milchvieh- und Rinderbereich tätig, waren sich beide einig, dass der Tierarzt im Spannungsfeld der kostenorientierten Landwirtschaft, dem Tierwohl/Tiergesundheit und den sich wandelnden ethisch-moralischen Ansprüchen der Verbraucher:innen steht und diskutierten über Möglichkeiten, wie der Veterinär diese Herausforderungen meistern kann.
Ihnen schloss sich ein Vortrag von Guido Puhlmann, dem Leiter des Biosphärenreservats Mittelelbe, an, der hinsichtlich der Landschaftspflege und des Umweltschutzes eine Lanze für die Landwirtschaft und die Viehhaltung brach. Beides sei unverzichtbar, entscheidend sei jedoch die Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung.
Auf die Nutztierhaltung künftig zu verzichten bzw. auf das Essen von Fleisch zugunsten von mehr Klimaschutz möchte hingegen Prof. Dr. Nick Lin-Hi, der Fleisch und Milch aus dem Bioreaktor und damit die zelluläre Landwirtschaft als Gamechanger sieht. Aus seiner Sicht ist bereits das letzte Jahrzehnt der Nutztierhaltung zur Produktion von Fleisch und Milch angebrochen, da „Laborfleisch“ eine Sprunginnovation werde, die aufgrund der zahlreichen Vorteile gegenüber „echtem“ Fleisch bestehe und somit die klassische Nutztierhaltung zweifelsfrei verdrängen werde. Zudem werde auch der Preis mittelfristig entscheidend sein.
Nach einer kurzen Pause ging es weiter mit dem Block Companion Animals, moderiert von Prof. Dr. Stephan Neumann. Zu Anfang stellte Frau Dr. Christina Mayer die Ergebnisse der Zoetis-Studie HABRI zum Mensch-Tier-Verhältnis vor, mit globalen Daten aus großen Regionen Nord- und Südamerika, Europa und Asien.
Dann ging es weiter mit der Pferdekommunikationswissenschaftlerin Linda Weritz, die erklärte, dass sich die Motive für Pferdebesitz und Reiten im Wandel befinden und damit auch Veränderungen für Pferdetierärzte und Pensionsstallbetreiber einhergehen werden.
Im Anschluss folgte der Vortrag von Prof.Dr. Achim Gruber, der auf das Phänomen der sich stetig intensivierenden Defektzucht bei Hunden einging und die Folge, die das für die Tiere hat. Er stellte die Frage, ob es nicht langsam Zeit wird, Rassen neu zu denken. Einerseits aus Tierschutzaspekten, andererseits aufgrund der Tatsache, dass bereits mehr als die Hälfte der Hunderassen durch genetische Verarmung vom Aussterben bedroht ist.
Den letzten Vortrag des CA-Blocks hielt die Psychologin Wanda Arnskötter, die sich auf die Erforschung von tiergestützten Therapien spezialisiert hat und den Nutzen für Tier und Mensch aufzeigte.
Im letzten Block, der insgesamt 5,5 Stunden langen Veranstaltung, die auch aufgezeichnet wurde, stand der One-Health Ansatz im Mittelpunkt. Moderiert wurde dieser von Dr. Rolf Nathaus.
Darin stellte Prof. Jonathan Rushton die Bedeutung der globalen Zusammenarbeit im Bereich Humanmedizin, Landwirtschaft, Umweltschutz und Veterinärmedizin in den Fokus, ebenso wie Prof. Dr. Jakob Zinsttag, der diese Bedeutung an weiteren Beispielen unterstrich. Als letzte Vortragende der Futura.VET konnte Frau Dr. Kim Grützmacher vom Leibnitz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung gewonnen werden, die sich mit den Herausforderungen der interdisziplinären Zusammenarbeit, aber auch ihrer unbedingten Notwendigkeit befasste.
Alles in allem eine sehr informative, tolle und innovative Veranstaltung, die viele neue Einblicke und Gedankenanstöße brachte, um einmal konkret über Entwicklungen der Zukunft nachzudenken und wie diese die Arbeit von Tierärzt:innen beeinflussen werden.
Die Tatsache, dass während der gesamten Zeit gerade einmal 2% der Zuhörer:innen verloren ging, spricht für sich. Auch bei der Betrachtung der Evaluation durch die Teilnehmer:innen gab es vornehmlich sehr positives Feedback und alle waren sich einig, dass diese Veranstaltung Zukunft hat und unbedingt fortgesetzt werden sollte. Zudem würden mehr als 90%, der Teilnehmer:innen die Futura.VET Freunden und Bekannten weiterempfehlen. So lauteten ausgewählte Kommentare: „Das Format eines interdisziplinären Gesprächs ist sehr ansprechend (im Vergleich zum klassischen Vortrag), bitte auf jeden Fall beibehalten.“ und „Vielen Dank für den tollen Nachmittag. Viele tolle Vorträge, neue Denkansätze, super! Gerne wieder!“
Sicher werden sich die Veranstalter das zu Herzen nehmen und an einer Fortsetzung arbeiten. Angedacht ist für das nächste Mal ein Hybridformat, um auch dem Wunsch nach mehr Diskussion und Austausch gerecht werden zu können.
Die Aufzeichnung der Fututa.VET steht in drei Paketen noch bis zum 31.5.2023 zur ATF-anerkannten Fortbildungsteilnahme zur Verfügung unter www.futura.vet
Die Futura.VET ist eine Initiative des Dessauer Zukunftskreises unter Leitung von Hubertus Keimer, Dr. Julia Henning, Dr. Rolf Nathaus, Prof. Stephan Neumann und Dr. Sabine Schüller in Kooperation mit der Leipziger Messe.
Expertise der Tierärzteschaft für den Tierschutz ist signifikant
01.02.2023
Auch in diesem Jahr hat die Bundetierärztekammer wieder im Rahmen der Internationalen Grünen Woche in Berlin zu einer Pressekonferenz geladen. Thema am 20. Januar 2023 in Berlin war, die Bedeutung der Tierärztinnen und Tierärzte für den Tierschutz darzustellen. Schließlich sind die TierärztInnen die verpflichteten Schützer der Tiere, denen ihr Wohl und Ihre Gesundheit stark am Herzen liegt. Dies betrifft sowohl die Nutztiere als auch die Haustiere und Luxustiere wie das Pferd.
Vor allem den im öffentlichen Veterinärwesen arbeitenden Kolleginnen und Kollegen kommt hier eine herausragende Rolle zu, da sie ja diejenigen sind, die routinemäßig auf landwirtschaftlichen Betrieben Kontrollen durchführen oder im Falle von Beschwerden und Anzeigen tätig werden. Aber auch den bestandsbetreuenden TierärztInnen kommt hier eine große Bedeutung zu, da die Gesundheit der (Nutz-)Tiere von verschiedensten Faktoren und deren komplexen Wechselwirkungen beeinflusst wird. So lassen sich z. B. durch eine regelmäßige Analyse aller Tiergesundheitsparameter,Krankheitsursachen frühzeitig erkennen und umgehen. In der Folge ist auch der Arzneimitteleinsatz reduziert. Die Tierärzteschaft ist somit ein integraler Bestandteil der öffentlichen Gesundheitsvorsorge und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes, betont Dr. Iris Fuchs, 1. Vizepräsidentin der BTK und Veterinärdirektorin des Landratsamtes in Bayreuth. TierärztInnen sind unverzichtbar für eine präventive Tiergesundheitsstrategie, die wiederum essentiell für den Tierschutz ist. Allerdings sei es für das Tiergesundheits-Vorbeugeprinzip zwingend erforderlich, dass der Gesetzgeber die dafür, und seit Jahren von der Tierärzteschaft angemahnten, notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen schafft! Dazu gehören die Erweiterung und Ergänzung der rechtlichen Tierhaltungsvorschriften. Das Schaffen einer zuverlässig verfügbaren Tiergesundheitsdatenbank mit der Möglichkeit für eine tierärztliche Auswertung sowie eine rechtlich verbindliche Umsetzung der Integrierten Tierärztlichen Bestandsbetreuung auf Grundlage des bereits geltenden EU-Tiergesundheitsrechtsaktes.
Dr. Sylvia Heesen, Ministerialrätin beim Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Referatsleiterin Tierschutz, Tierseuchenbekämpfung, Tiergesundheit und Tierische Nebenprodukte sowie 2. stellvertretende Vorsitzende der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) erklärte, dass der Umgang mit schwer erkrankten oder verletzten Einzeltieren deutlicher Verbesserungen bedarf. Das zeigt z. B. eine Analyse aktueller Tierschutzprobleme in der Nutztierhaltung. Es ist und bleibt gemeinsame Aufgabe der Tierärzteschaft, vermeidbare Schmerzen, Leiden und Schäden des einzelnen Lebewesens durch mangelhaften Umgang, mangelhafte Versorgung, leistungsüberfordernde Zucht und nicht bedürfnisgerechte Haltung von Tieren zu verhindern. Um dieser Aufgabe bestmöglich nachkommen zu können, ist sich die Tierärzteschaft einig, dass der Staat dafür auch die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen muss. Entsprechend forderte der Deutsche Tierärztetag den Gesetzgeber auf, im Sinne des Staatsziels Tierschutz im Grundgesetz,Verstößen gegen das Tierschutzgesetz eine hohe Priorität einzuräumen.
Als 3. Redner und als Pate der Kleintiere war Prof. Dr. Achim Gruber, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Tierpathologie der Freien Universität Berlin, anwesend, der vor allem auf die züchterischen „Qualzuchterfolge“ der letzten Jahrzehnte hingewiesen hat und gleichzeitig die Rolle und die Verantwortung der Tierhalter anmahnte, sich keine Haustiere mit angezüchteten Defekten anzuschaffen. Gebe es keine Nachfrage mehr nach diesen Tieren, würden sie auch nicht mehr gezüchtet. Gleichzeitig lobte er das Engagement der Tierärzteschaft, hier Aufklärung zu betreiben. Zudem forderte er mehr Unterstützung bei der Umsetzung des geltenden Rechts durch Veterinärbehörden und Staatsanwaltschaften und eine deutliche Präzisierung und Schärfung der Gesetzgebung mit klaren Handlungsgrundlagen. Auch die Einführung eines Heimtierzuchtgesetzes müsse in diesem Zusammenhang diskutiert werden.
Nach mehreren Jahren Pandemie-bedingter Pause hat der bpt-Jahreskongress in diesem Jahr wieder wie gewohnt gemeinsam mit der EuroTier in Hannover stattgefunden. Vom 17. bis 19. November 2022 trafen sich dort rund 2.300 TierärztInnen, etwa 600 Studierende und mehr als 150 TFAs. Hinzu kamen 131 Ausstellerfirmen und 190 Referierende.
Und in der Tat spiegelte sich das gute Besucherergebnis spätestens auf der bpt-Party in der Münchner Halle wider. Hier war die Stimmung ausgelassen und fröhlich und es herrschte bis zum Ende reges Treiben auf der Tanzfläche und an der Bar.
Aber auch fachlich und berufspolitisch wurde ein interessantes Programm geboten. Unter anderem gab es am Samstagvormittag einen Round table zum Thema „Fachkräftemangel – wie entgegenwirken?“ an dem auch RA Peter Klotzki (BFB) und TÄ Sabine Buder teilnahmen. Klotzki ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Freien Berufe beschrieb die Situation bei den Tierärzten noch als hoffnungsvoll, da grundsätzlich mal genügend TierärztInnen ausgebildet werden würden, hingegen in anderen freien Berufen bereits die Zahl derer, die ein Studium beginnen würden, schon hinter dem eigentlichen Bedarf zurückliege.
Es sei jedoch wichtig, dass die Vorteile eines freien Berufes weiterhin gesehen, geschätzt und gelebt werden.
Buder hingegen ist niedergelassenen Tierärztin und mehrfache Mutter. Sie engagiert sich zudem in der Brandenburger CDU, da sie möchte, dass politische Entscheidungen endlich wieder von Personen getroffen werden, die wissen, wovon sie reden. Dann könne man auch wieder etwas Vernünftiges bewegen. Außerdem setzt sie sich bei den KollegInnen für mehr Wertschätzung des Nachwuchses und für mehr Respekt voreinander ein.
Es fehlte aber natürlich auch nicht an klassischen Fortbildungsangeboten in den Bereichen Pferd, Rind, Schwein, Geflügel, Zoo- und Wildtier sowie Kleintier. „Die 190 Referenten haben unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf den neuesten Stand gebracht. Auch auf unserer Fachmesse mit 131 Ausstellerfirmen gab es viele neue Impulse“, freute sich bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder. Er machte in seiner Eröffnungsrede zudem klar, dass die Tierärzteschaft mit weiteren Verschärfungen des Arzneimittelrechts und dem damit einhergehenden bürokratischen Aufwand nicht einverstanden ist. „Wichtiger, und vor allem im Sinne der Reduzierung des Arzneimitteleinsatzes wesentlich zielführender als die angestrebte Verschärfung des Tierarzneimittelgesetzes, wäre die nationale Umsetzung der längst bestehenden EU-Vorgaben einer tierärztlichen Bestandsbetreuung in der Nutztierhaltung“, so Moder.
Bei der Delegiertenversammlung am Donnerstag wurde eine Resolution verabschiedet, mit der die Regierungskoalition aufgefordert wird, den kurzfristig eingebrachten Änderungsantrag zum Tierarzneimittelgesetz (Drucksache 20/3712) zurückzuziehen. Leider ohne Erfolg, wie sich zeigte, da der Antrag am 22.11.2022 in einer Sondersitzung des Landwirtschaftsausschusses dennoch angenommen worden ist.
Die Tierärzteschaft hat sich klar gegen die geplanten Verschärfungen des Tierarzneimittelrechts positioniert. Zum einen, weil der bürokratische Aufwand, der auf die Tierärzteschaft zukommt, immer weiter steigt und damit die ohnehin knappen tierärztlichen Ressourcen weitergebunden werden. Zum anderen, da trotz entspannter Resistenzlage wieder Verbote einzelner Wirkstoffe im Raum stehen, die dazu führen, dass kranke Tiere nicht angemessen therapiert werden können.
Prof. Dr. Sabine Tacke ist die neue Präsidentin der Landestierärztekammer Hessen. Sie wurde von den Delegierten am 24.11.2022 gewählt, nachdem der bisherige Präsident, Dr. Ingo Stammberger, nach zehn Jahren im Amt nicht mehr kandidierte und nun Ehrenpräsident ist. Mit ihr steht erstmals eine Frau an der Spitze der LTK Hessen. Tacke ist bereits seit 2012 Vizepräsidentin und seit 2007 Mitglied im Vorstand der LTK.
“Ich freue mich sehr, dass die Delegierten mir ihr Vertrauen ausgesprochen haben”, so Prof. Tacke. “Unser Berufsstand steht vor großen Herausforderungen. So muss zum einen die tierärztliche Versorgung von Haus- und Nutztieren gewährleistet werden. Gleichzeitig gilt es, die Arbeitsbedingungen zukunftsfähig zu gestalten, so dass die Kolleginnen und Kollegen weiterhin mit Engagement und Freude ihren Beruf ausüben können. Dafür will ich mich in den nächsten fünf Jahren einsetzen. Denn Tierärztinnen und Tierärzte tragen wesentlich dazu bei, Tier und Mensch gesund zu erhalten. Wie eng beides zusammenhängt, hat nicht zuletzt die Pandemie gezeigt.”
Die LTK Hessen ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Berufsvertretung der über 3.300 Tierärztinnen und Tierärzte in Hessen.
Am 6. Oktober 2022 wurde wieder ehrenamtliches Engagement im Bereich Tierschutz gewürdigt und außerdem ein neues Format für die Wohltätigkeitsveranstaltung in Aussicht gestellt.
HelpingVets ist eine Charity-Veranstaltung, die von der Firma „Heel Vet“ ausgerichtet wird. Jedes Jahr können ehrenamtliche Personen oder Organisationen im Bereich Tierschutz für den Preis nominiert werden. Unter den Einreichungen werden dann drei ausgewählt, die mit je 2000 Euro für die Erweiterung ihrer Arbeit gewürdigt werden. In diesem Jahr feierte die Aktion ihr 10-Jähriges.
Die Moderatorin Kristina Sehr (Mitte oben) leitete durch die Online-Preisverleihung. Fabian Pochmann (o. r.) und Benedicta Springer (u. r.) gaben einen Rückblick über die vergangenen 10 Jahre HelpingVets.
Zu Beginn der Online-Preisverleihung am 6. Oktober 2022 gaben Heel-Mitarbeit Fabian Pochmann und die ehemalige Agentur-Chefin der Ammersee Communication Benedicta Springer einen Rückblick über die „HelpingVets“-Veranstaltung und würdigten die mit dem Preis ausgezeichneten Tierschutzprojekte seit 2013.
Auf den Baden-Badener Fortbildungstagen zunächst als Spenden-Gala zugunsten einer internationalen Tierschutzorganisation gestartet, wurde der Fokus ab 2014 auf das Inland gesetzt und ein festes Preisgeld auf stets drei Projekte verteilt. Anlässlich der Verleihung von 2016, die ab da nicht mehr auf den Fortbildungstagen, sondern an wechselnden Plätzen stattfand, wurde das Konzept erweitert, ab da hieß es „Menschen helfen Tieren und Tiere helfen Menschen“.
Mit prominenten Moderatoren wie Hardy Krüger jr. und Nina Ruge sowie außergewöhnlichen Orten wurde in den vergangenen Jahren den Vertretern prämierter Hilfsprojekte angemessene Würdigung entgegengebracht.
Für die Zukunft wurden Überlegungen zu einem ganz neuen Format angedeutet, aber noch keine Details bekannt gegeben.
Die „SI-HO Ranch“ ist seit 25 Jahren im Tierschutz aktiv, aber erst im vergangenen Jahr wurde ein Verein gegründet. Von Anfang an lebt der alte Bauernhof, an dem ausgestoßene oder missbrauchte Tiere zeitweise oder für immer aufgefangen werden, von einem außergewöhnlichen Maß an privater Energie: „Wir verzichten auf Urlaub, zahlen viel privat.“ Derzeit leben hier etwa 60 Tiere – darunter Hunde und Katzen, Schafen, Ziegen, Schweine, Hühner, Esel und ein blindes Pferd, gelegentlich auch Rehkitze. Außerdem besuchen die Ehrenamtlichen im Rahmen des „Glücksbringer“-Projektes mit Mini-Ponys und Hunden Einrichtungen für alte oder behinderte Menschen und leisten Bildungsarbeit in Schulen und Kindergärten sowie vor Ort. Das Preisgeld wird in den weiteren Ausbau eines Dachbodenabteils für Katzen investiert.
Das Team der SI-HO Ranch um das Ehepaar Simone Dietrich und Horst BüchsEsel gehören zu den zahlreichen aufgenommenen Tieren
„Wenn man das runde Gesicht mit den schwarz-umrandeten gelben Augen einmal gesehen hat, dann lässt Sie das nicht mehr los“, so beschreibt Dr. Helmuth Mett, der administrative Leiter des NABU Nördliches Markräfenerland seine Faszination für den Steinkauz – und gleichzeitig dessen Eignung als Botschafter, mit dem Interesse an der Erhaltung des Lebensraumes der Streuobstwiesen geweckt werden soll. Dessen typischer Bewohner ist der Steinkauz – in dieser Gegend erst seit wenigen Jahren wieder angesiedelt. Das Steinkauz-Projekt begann 2010 mit der Wiederansiedlung des Wildvogels und widmet sich nun dem Ziel einer stabilen Population. Zu diesem Zweck werden Niströhren angeschafft bzw. gebaut und an attraktiven Stellen aufgehangen. In diesem Jahr konnten 26 Jungkäuze beringt werden. Ein wichtiger Bestandteil ist auch die regelmäßig stattfindende Begegnungsaktion für Familien mit Kindern im Mai bzw. Juni. Das Preisgeld soll für weitere Röhren und eventuell auch den Erwerb eigener Streuobstwiesen aufgewandt werden.
Steinkauz-Projektleiter Dr. Helmuth Mett mit einem Jungkauz auf einer der StreuobstwiesenDie Augen des Steinkauzes faszinieren
Das Tierheim Hersbruck ist ein relativ kleiner Vertreter seiner Art, vermittelt dafür aber außergewöhnliche viele Tiere. Dabei können gleichzeitig nur etwa 80 Tiere aufgenommen werden. Dazu zählen Hunde, Katzen, Kleinsäuger und Vögel. Die Spezialisierung auf Reptilien und die Beratung von interessierten Haltern sowie Aufnahme und Vermittlung dieser Tiere ist eine weitere Besonderheit der Einrichtung. „Auch in Deutschland leiden noch Tiere, besonders Straßenkatzen“, sagt die stellvertretende Leiterin Ronja Pfaffenberger. Sie und ihre Mitstreiter betreiben deshalb viel Öffentlichkeitsarbeit, um Menschen zu animieren, Tierheimtiere aufzunehmen. „Wir sind ein sehr familiärer Verein und behandeln alle unsere Tiere wie die eigenen.“ Von den 2000 €, mit denen ihre Arbeit ausgezeichnet wurde, soll ein Katzenquarantänezimmer noch katzenfreundlicher ausgestaltet werden.
Die stellvertretende Leiterin des Tierheim Hersbruck, Ronja Pfaffenberger (r.) und Mitstreiterin nehmen den Check entgegenDas Katzenquarantänezimmer soll vom HelpingVets-Preisgeld ausgebaut werden
Zusammenschluss Tierpathologie München und SYNLAB Vet
18.10.2022
Die Tierpathologie München ist als Labor in die SYNLAB Vet eingegliedert worden. Diese Entscheidung wurde von den Eigentümern der Tierpathologie München sowie der Geschäftsführung von SYNLAB Vet nach reiflicher Überlegung getroffen, da beide Labore bereits eine langjährige Zusammenarbeit verbindet. Zudem sind beide kompetente Partner für Tierärzt:innen und Tierkliniken. Durch den Zusammenschluss können sie gemeinsam das Serviceangebot für die Kunden ausbauen und die Weiterentwicklung im Bereich der Tierpathologie vorantreiben.
Im Rahmen der Eingliederung der Tierpathologie München in SYNLAB Vet ist eine Aufstockung der Ressourcen geplant, um die aktuell in der Tierpathologie München bestehenden Aufnahmebeschränkung in Zukunft lockern zu können.
Das Team der Tierpathologie München und die Mitarbeiter von SYNLAB Vet freuen sich auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit.
Leipziger Tierärztekongress auch im Sommer ein Erfolg
Der Leipziger Tierärztekongress 2022, der vom 7. bis 9. Juli 2022 stattfand, war geprägt von großer Wiedersehensfreude und ausgelassener Stimmung der anwesenden Tierärztinnen und Tierärzte, trotz der anhaltenden Corona-Pandemie. Das mag auch zu den weniger gedrängten Gängen in der Industrieausstellung „vetexpo“ beigetragen haben.
Auftaktveranstaltung zum Thema “Bits and Bytes – Fluch oder Segen für die Tiermedizin?”. Moderation: Jörg Held
Am Einlass der Leipziger Messe unter regenbenetzter Glaskuppel las man auf den Tickets noch den Januartermin, zu dem der Kongress ursprünglich geplant war, die Temperaturen sagten aber etwas anderes. Pandemiebedingt war „das größte Klassentreffen der Veterinärmedizin“ in den Sommer verlegt worden. Die Hoffnung, dass eine solche Großveranstaltung dann nach Coronaschutzverordnung zulässig sein würde, wurde erfüllt.
Die Pandemie konnte man jedoch angesichts der parallel erneut steigenden Inzidenzen nicht ganz vergessen. In der dicht besetzten Eröffnungsveranstaltung am Donnerstagmorgen ermutigte der Kongresspräsident Prof. Uwe Truyen die Besucher des Kongresses zum freiwilligen Tragen einer Maske und zum Fernbleiben bei Unwohlsein, auch erwähnte er Schnelltests, die kostenlos zur Verfügung standen. Jedem Besuchenden blieb also selbst überlassen, inwiefern er sich wie für diese Fachfortbildung gewohnt, den reichlichen Gelegenheiten zum persönlichen Kontakt und gemeinsamen Feiern mit ehemaligen Kommiliton:innen und Kolleg:innen hingeben wollte.
Die Maskentragenden waren jedoch deutlich in der Minderzahl. Die Wiedersehensfreude und der Hunger nach Präsenz war vorherrschend und ließ Bedenken scheinbar in den Hintergrund rücken. Dennoch konnte niemand die Augen vor den durch eine Corona-Infektion dezimierten Referent:innenreihen verschließen. Kreative Lösungen wurden gefunden, Vorträge von anderen gehalten, Referierende live oder per Videoaufnahme zugeschalten.
Dem Besucher:innenrekord des Jubiläumskongresses in 2020 geschuldet (6200 Gäste) wurde der Platz für die Industriemesse vetexpo, die in diesem Jahr bereits am Donnerstag gemeinsam mit den Fachvorträgen startete, erweitert. Dies und die etwas geringere Besucher:innenzahl in diesem Jahr (5.600 Personen) sorgten für weniger Gedränge als in den vergangen Jahren. Neu waren dort auch die Workshop-Räume auf der Career Corner, in denen man sich im kleinen Kreis zu Themen wie „Kind und Karriere“, „Anforderungen an Führungskräfte“ oder dem neuen Online-Deutschkurs für tierärztliche Kolleg:innen aus dem Ausland informieren konnte. Dieser ist ein Projekt von Vetion.de und startete pünktlich zum Kongress.
Die Dichte der Vorträge und Seminare war gewohnt hoch und das Themenspektrum abseits der klassischen Fächer bildete die vielfältigen Anforderungen an den Tierarztberuf in der heutigen Zeit ab. Bereits die Auftaktveranstaltung sensibilisierte in Mitarbeit humanmedizinsicher Referierender die Zuhörerschaft für die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Vernetzung in der Praxis, aber auch die damit einhergehende Verantwortung im Bereich Datenschutz. Mit Blick auf den herrschenden Fachkräftemangel ist auch die Aufmerksamkeit auf die Kommunikationsfähigkeit von Tierärzt:innen und die Leistungen im Bereich Personalakquise und -entwicklung stärker geworden und schlug sich im Fortbildungsangebot nieder. Tierärzt:innen mit dem Wunsch nach Selbstständigkeit konnten sich in der Niederlassungsberatung zu klassischen Wegen oder parallel zu neuen Trends in der tierärztlichen Berufsausübung, etwa der Angliederung an eine sogenannte „Kette“ informieren. Schattenseiten des tierärztlichen Berufes – oft zitiert sind etwa Überarbeitung, ethische Konflikte bei Tierschutzfällen, Euthanasieentscheidung oder schlechte Zahlungsmoral der Patientenbesitzer:innen – wurden in Resilienz- und Selbstverteidigungs-Workshops beleuchtet.
Nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit schaute die Session „Geschichte der Veterinärmedizin“. Wer diese verpasst hat, kann sich auf der Website tiermedizin-leipzig.de (an der die Autorin mitwirkt, Anm. d. Red.) über die Bestellmöglichkeit von umfangreichen Broschüren zu diesem Thema, insbesondere zur Historie der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig informieren.
Wem jedoch die Zukunft wichtiger ist als die Vergangenheit und wer diese auch gerne selbst gestalten möchte, dem sei die im kommenden Jahr erstmals stattfindende „FuturaVet“ ans Herz gelegt. Diese neue Fachmesse wartet am 16. Februar 2023 zunächst mit einer Online-Veranstaltung unter fachlicher Mitwirkung von Veterinär-, Humanmedizin und Agrarwissenschaft auf und soll ab 2025 mit Möglichkeit zu Networking und Industrieausstellung im zwei Jahresturnus in Leipzig stattfinden. Ziel der FuturaVet soll es sein, neue Blickwinkel und Anregungen aufzuzeigen, um Probleme nachhaltig und gemeinschaftlich im Sinne des One-Health-Ansatzes mit der Humanmedizin und der Agrarwirtschaft zu lösen. Tickets können bereits erworben werden. Mehr dazu auf der Website Futura.vet
Wie immer in Leipzig konkurrierten zum Tierärztekongress mehrere besuchenswerte Netzwerktermine am Abend miteinander, insbesondere am Freitag. Die Entscheidung musste zwischen der großen Kongressparty, zu der Industriesponsor Ceva diesmal in die Kongresshalle am Zoo anstelle der „Moritzbastei“ einlud, dem Leipziger Tierärztefasching im Anker und der in diesem Jahr erstmals stattfindenden vetjobs24.com-Careerparty, ausgerichtet von Hardenberg Consulting GmbH im Café „Hundertwasser“, fallen.
Ein Wiedersehen beim 12. Leipziger Tierärztekongress ist vom 18. bis 20. Januar 2024 geplant.
Auftaktveranstaltung: Telemedizin weiterhin im Fokus
Auf der Industriemesse vetexpo gab es anhaltend viele Aussteller auf mehr Platz mit etwas weniger Besuchern als im vergangenen Jahr
Fachvortrag von Ann-Kathrin Krieger zum Thema Ihrer Doktorarbeit im Bereich Mikrobiologie Schwein
Der Vortragsblock zu “Neuen Trends in der tierärztlichen Praxis” war stark besucht. Hier stellte Maren Ewert ihre Studienergebnisse zu Arbeitsbedingungen angestellter Tierärzt:innen vor
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Leipziger Veterinärmedizinischen Fakultät 2023 durften Vorträge zur tiermedizinischen Historie nicht fehlen. Hier spricht Prof. Manfred Fürll (r.)
Ein traditionelles Highlight: Die große Kongressparty – diesmal in der Kongresshalle im Zoo anstelle der Moritzbastei
Die Möglichkeit für Besuchende der großen Kongressparty, in das Gondwana-Land und das Aquarium des Leipziger Zoos zu gehen, wurde rege genutzt
Der Stand der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig war wieder liebevoll gestaltet mit Mitmach-Spielen aus dem Skillslab und Bergfestflaggen der vergangenen Matrikel
Auf der Career Corner von vetjobs24.com (Hardenberg Consulting) als Teil der Industriemesse vetexpo konnten sich wie zum vorherigen Tieräeztekongress auch bereits Arbeitgeber:innen suchenden Arbeitnehmer:innen vorstellen
In dem Workshop-Bereich auf der Career Corner stellten wir (Vetion.de) unseren neuen Online-Deutschkurs für die Tiermedizin vor. Mehr dazu unter deutschkurs-tieraerzte.com
Eine von einer Tierärztin gegründete Initiative am Berliner Hauptbahnhof unterstützt ukrainische Geflüchtete mit Tieren
Ein Helfer in gelber Weste gibt am Tier-Hilfestand am Berliner Hauptbahnhof Spenden für zwei Chihuahuas einer Geflüchteten aus
Berliner Hauptbahnhof, in der zweiten Woche des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Dutzende Frauen mittleren Alters in dicken Jacken, in der einen Hand ein Kind, in der anderen einen Rollkoffer oder eine Supermarkttasche, die an einem Gleis im Untergeschoss ankommen. Helfer in gelben und orangen Westen, manche haben ihren Namen oder die Sprachen, die sie sprechen, auf einem Klebebandstreifen auf der Brust stehen, die die Geflüchteten die Rolltreppen hinauf und zwischen den üblichen Pendlern hindurchlotsen. Gelb-blau beflaggte Aufsteller weisen den Weg zu Infopunkt und Essensstand. Kamerateams versuchen das Geschehen einzufangen, an ihnen vorbei rollen Wägen mit Hilfsgütern, die Freiwillige vorbeibringen. Auf den wenigen Bänken sitzen alte Menschen, neben den Bänken stehen Katzenkörbe, eine Frau füttert ihren blonden Labradorwelpen, ein schwarzer Mastiff, dem ein warmes, rosa Shirt umgeworfen wurde, lässt die Zunge baumeln.
Berlins Oberbürgermeisterin Franziska Giffey hat Berlin im aktuellen Fluchtzusammenhang als „Tor zu Deutschland“ beschrieben, hier kommen aktuell mehr als 10.000 flüchtende Menschen täglich an. Manche bleiben für eine Nacht oder eine lange Zeit, andere reisen direkt zu anderen Zielen in Deutschland oder in umliegenden Ländern weiter. Das eingerichtete Ankunftslager im Berliner Norden war schnell ausgelastet, weitere sind in der Errichtung. Einige Geflüchtete kommen bei Bekannten unter, andere in einer der zahlreich angebotenen privaten Unterkünfte.
Die Einreise nach Europa sollte diesmal für Mensch und Tier so unkompliziert wie möglich gestaltet sein. So unkompliziert sah dann auch die Hilfe aus, die sie hier erwartete.
Improvisiertes Hilfe-Camp am Hauptbahnhof
Der Berliner Hauptbahnhof, wo neben dem Zentralen Omnibusbahnhof die meisten Geflüchteten ankommen, wurde von ehrenamtlichen Helfern, die sich via Social Media selbst organisierten oder über Hilfsverbände kamen, schnell mit dem Nötigsten ausgestattet: Essen, Getränke, Frauenkleidung, Hygieneartikel, Spielzeug. Jeder brachte etwas vorbei, wer da war, packte mit an. So entstand innerhalb weniger Tage ein „Hilfe-Camp“, mit improvisierten Ständen neben Corona-Test-Station und Erste-Hilfe-Zelt. Selbstgeschriebene Hinweisschilder pflastern Säulen und umglaste Wartebereiche, die als Kinderspielecke dienen. Freiwillige geben warme Getränke, Essen und Bedarfsgegenstände aus, in zweiter Reihe sortieren andere ankommende Spenden, ein Schild erinnert die Helfenden in rotem Filzstift daran, Pausen zu machen und selbst etwas zu essen. Im Hintergrund Gitarrenspiel und Gesang, vereinzelt herumwandernde Polizisten und DB-Sicherheitsleute.
Eine von denen, die einfach nur helfen will, ist Tierärztin Regina Korth. „Ich dachte, ich könnte vielleicht ein paar Winterjacken vorbeibringen.“ Doch dann las sie in einer der zahlreichen Telegram-Gruppen für Ukraine-Hilfe, dass jemand um einem Katzenkorb bat. Die 44-Jährige, die eigentlich bei der Deutschen Ärzte Finanz arbeitet, fragte einige ihrer befreundeten Tierarztpraxen in Berlin ab. „Dort bleiben meist viele Körbe zurück, nachdem Tiere eingeschläfert werden mussten“, weiß sie aus ihrer Praxiszeit. Die Hilfsbereitschaft unter den KollegInnen und TierarzthelferInnen war sofort groß, sagt sie. Gemeinsam mit ihrem Freund, Mike Granzow, wollten sie die Körbe an die verschiedenen Ankunftsstationen in Berlin verteilen. Am Hauptbahnhof ließ man sie nicht mehr weg. „Auf die Frage, wo wir die Hilfsgüter für Tiere abstellen könnten, bekamen wir die Antwort: Wie lange könnt ihr bleiben? Das hier ist Iliki, euer Dolmetscher.“
Improvisierte Schilder weisen den Weg zu improvisierten Ständen und helfenden Händen. In der Mitte: Mike. Hier war der Stand noch klein.
„Begonnen haben wir mit ein paar Händen voll Tierfutter und einem Stück Pappe, das wir von einem Karton abgerissen haben“, erinnert sich Mike. Eine Russin, namens Xenia, die als Anwohnerin selbst am Bahnhof half, schrieb mit einem Edding in Kyrillisch „Hundefutter“ und „Katzenfutter“ darauf und schon war ihr Hilfsstand geboren. Das war am 1. März. In der folgenden Woche verbrachten Regina, die Tierärztin, und Mike, der ehemalige Maurer, täglich acht bis 14 Stunden am Hauptbahnhof, koordinierten und verteilten nötige Spenden und Helfende, führten Gespräche mit der Deutschen Bahn, Tierschutzvereinen, der Tierärztekammer, der Senatsverwaltung.
Offene Fragen
Vieles ist zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Die Einreisebestimmungen für Tiere in die EU wurden für die Geflüchteten erleichtert, die Mitnahme von Tieren sollte die Flucht nicht erschweren. Normalerweise ist für Hunde, Katzen und Frettchen bei Einreise ein gültiger Tollwutschutz verpflichtend in Verbindung mit einem EU-Heimtierausweis und Kennzeichnung des Tieres mit einem elektronischen Chip. „Das Risiko der Einschleppung der Tollwut durch Tiere aus der Ukraine wird als relativ gering erachtet“, so das Bezirksamt Mitte, zuständige Behörde für den Hauptbahnhof. Hygiene ist dennoch zu beachten. Sonderregelung: „Die Meldung sollte direkt nach der Ankunft bei der Veterinäraufsicht des örtlich zuständigen Bezirksamtes erfolgen“, dann werden die nötigen Schritte veranlasst und weiter: „Im Bezirk Mitte sind bis dato (Freitagmittag, Anm. d. Red.) die Tiere von vier Geflüchteten gemeldet worden.“ Regina sagt, viele Menschen, die zu ihrem Stand kommen, wissen über die Meldepflicht, viele Tiere seien schon gut geimpft. Offene Fragen sind, wohin genau man sich wenden müsse, welche Tierarztpraxis im Zweifelsfall helfen könne. Die Tierärztekammer schickte eine Liste, der zuständigen Ämter in Berlin herum. Ohne festen Wohnsitz ist es aber schwer, „die örtlich zuständig Behörde“ zu finden, eine Quarantäne zu realisieren, sprachliche Hürden bei der Anmeldung zu überwinden. „Direkt nach der Ankunft“ – das kann auch nachts und am Wochenende sein, wenn keine Behörde offen hat, gibt Regina zu bedenken.
„Die Hilfsbereitschaft der Tierärzteschaft ist groß. Es haben sich schon eine ganze Reihe von Kolleg:innen gemeldet, die kostenfrei Tiere behandeln wollen“, sagt Dr. Kathrin Herrmann, Landestierschutzbeauftrage von Berlin. Unzählige bieten eine Unterkunft für gerettete Tiere an. Zwei Freundinnen haben die Website haustier-info-ukraine.de gegründet, um Infos zu bündeln. Die Tiertafel Berlin vergibt Gutscheine für nachzuholende Impfungen, gegebenenfalls notwendige Blutuntersuchungen für die Bestimmung des Tollwutschutzes und alles weitere.
Diese Infos müssen die geflüchteten Menschen nur erreichen, einen übersetzten Flyer habe die Tierärztekammer in Arbeit. „Seuchenschutz ist wichtig“, sagt Regina. Dieser Aufgabe haben sich die Tierhelfer am Hauptbahnhof genauso angenommen wie die Hilfe bei kleineren, aber dringlicheren Problemen: „Viele Katzen und Hunde haben auf der langen Flucht in ihren Korb gepinkelt, brauchen neue Decken, auch gegen die Kälte“. Viele der ankommenden Menschen ständen unter Schock, sagt Regina, „sie sind unsicher, es kursieren Gerüchte, sie haben Angst, dass man ihnen die Tiere wegnimmt“.
Die Hilfsbereitschaft für Mensch und Tier ist enorm
Am Mittwoch umfasst ihr Stand zwischen DRK-Zelt und Kinderkleidung acht Quadratmeter: Trocken- und Nassfutter für Katzen und Hunde, Leinen und Geschirre, Katzenkörbe. Viele private Tierfreunde brachten etwas vorbei, als sie vom Stand erfuhren, Großspender, wie das Futterhaus, ebenfalls. „Manche kommen einfach vorbei, und drücken uns einen Geldschein für weitere Anschaffungen in die Hand“, berichtet Mike. Mehrere Hundert Körbe hätten sie bereits ausgegeben, mehrere Tonnen Hunde- und Katzenfutter seien gespendet worden. Das „Angebot“ wird nach Bedarf erweitert: „Wir hatten hier auch schon Meerschweinchen, Hamster und Vögel. Vor allem aber sind es kleine Hunde.“ Spendenaufrufe in sozialen Netzwerken werden mittlerweile größtenteils unterlassen, das Netzwerk ist weit und gut ausgestattet: Zahlreiche Tierarztpraxen, Studierende, Ehrenamtliche aus tierlieben Vereinen, wie den Samtpfoten Neukölln, dem Tierschutzverein, der Wildtierrettung Oranienburg und der Tiertafel sowie Privatleute helfen aus, nicht nur mit Spenden und Händen – „bisher haben sich gut 50 Menschen am Stand engagiert“ –, nun auch mit Lagerräumen und Fahrdiensten. „Das ist so toll“, sagt Regina.
Der Stand darf bestimme Grenzen aus Brandschutzgründen nicht überschreiten: “Wir sind hier nur geduldet.” Die Spendenbereitschaft ist größer.
Zeitweise war die Tierliebe der Berliner zu groß, der Stand überschritt die von der Bahn aus Brandschutzgründen veranlassten Standgrenzen und wurde nach wenigen Tagen über Nacht weggeräumt: „Wir sind hier nur geduldet“, sagt Mike. Manche private Spender verloren sich außerdem in Details: „Wir sind dankbar für alle Spenden. Zwischendurch musste ich aber auch erklären, dass in dieser Situation nicht wichtig ist, welche Duftnote das Hundeshampoo hat, das vorbeigebracht wird. Es geht hier um die Grundversorgung. Man darf nicht vergessen, dass das hier zuallererst eine humanitäre Katastrophe ist.“ Wenn sie zu viel bekommen, geben sie die Spenden an andere Tierschutzverbände oder die Bahnhofsmission weiter.
Ines, von den Samtpfoten Neukölln, steht hier bereits seit vier Stunden, sie wirkt fertig, sagt, sie stehe in Kontakt mit einem Tierheim in der Ukraine, das mehr als zwei Dutzend Katzen evakuieren könne. Über die Situation am Hauptbahnhof sagt sie: „Ein fester Stand wäre hilfreich.“ Regina meint, mehr TierärztInnen wären auch gut, um in Notfällen eine Ersteinschätzung abgeben zu können. Behandlungen am Stand sind in der aktuellen Situation aber ausgeschlossen, stellt sie klar.
Kommuniziert wird „notfalls mit Händen und Füßen, die jüngeren sprechen aber auch Englisch.“ Eine russische Tierärztin, die gerade auf die Approbation wartet, hilft außerdem aus, sonst auch umstehende Gelbwesten. „Wir bekommen viele Umarmungen. Alles ist sehr emotional“, sagt Regina, insbesondere dann, „wenn Ukrainerinnen, die erst einen Tag zuvor angekommen sind, am nächsten Tag selbst zum Helfen da sind.“
Zentrale Ankunft- und Verteilstationen entstehen
Gerade ist viel im Umbruch, vor dem Bahnhof wird zur Stunde ein Willkommenszelt aufgebaut. Die Berliner Stadtmission hat im Auftrag der Oberbürgermeisterin offiziell die Versorgung der ankommenden Geflüchteten übernommen. Am Samstag wird am alten Flughafen in Tegel eine zentrale Ankunftsstation errichtet werden, unter der Leitung der Berliner Tiertafel und dem Tierschutzverein wird es einen Stand mit Tierbedarf und eine tierärztliche Versorgung geben, so der Plan, ein mobiles tierärztliches Einsatzteam für die Unterkünfte ist im Gespräch. Spenden sollen nun nur noch zentral in einem Hangar am Tempelhofer Flughafen abgegeben werden. Man will den Bahnhof entlasten, aber: „Ganz klar ist, ohne dieses ehrenamtliche Engagement wäre es nicht gegangen. Das ist wirklich eine herausragende Leistung“, dankt Giffey. Noch ist unklar, ob die Tierhilfe-Initiative einen festen Platz in den neugeschaffenen Strukturen bekommt. Für Klärungen bleibt jedoch keine Zeit, „wir machen erstmal weiter“, stellt Mike klar, auch als im Zuge der Umstrukturierung ihr Stand zum zweiten Mal geräumt wird: „Beißt euch fest, sucht die Sachen wieder zusammen. Die Menschen brauchen uns hier, wo sie ankommen.“
Nun hat die Initiative sogar Namen und Logo
Auch wenn sich die Zuständigkeiten geändert haben, ist der Bedarf an Freiwilligen ungebrochen, „im Zweistunden-Takt kommen Züge an, da steigen je 600, 800, 1000 Menschen aus, die uns am Hauptbahnhof an die Grenzen unserer Belastbarkeit bringen, das betrifft Helfer aller Player, die hier aktiv sind“, schildert Rainer König, Leiter der Berliner Stadtmission, die Lage. Shuttle-Busse fahren die Menschen teilweise in andere Bundesländer. Viele geflüchtete Menschen würden auf dem Boden schlafen oder einfach nur mit einer Decke auf einem Stuhl die Nacht verbringen.
„Die Menschen sind beruhigter, wenn sie wissen, dass es zumindest ihren Tieren gut geht“, sagt Regina. Ihre Initiative hat mittlerweile einen Namen „IRINA“. Das hat zwei Gründe: „Am ersten Tag saß ein kleines Mädchen namens Irina am Hauptbahnhof und hat allein Hundefutter an die Geflüchteten verteilt. Außerdem bedeutet IRINA ‚Frieden‘.“
Mittlerweile ist klarer, wie Tierarztpraxen, denen ein Tier aus der Ukraine vorstellig wird, genau vorgehen sollen (Impfen, Antikörper-Titer-Test); auch Vordrucke für die unkomplizierte Anmeldung der Tiere per E-Mail stehen nun bereit. Häusliche Quarantäne, falls nötig, wurde in dieser besonderen Situation erlaubt. Mehr dazu im Interview mit Berlins Landestierschutzbeauftragter Dr. Kathrin Herrmann
Weitere Links zu Hilfsmöglichkeiten für Menschen und Tiere in der Ukraine und auf der Flucht finden Sie in unserem Fokusthema
Vernetzungsplattform Haustier-Info-Ukraine von Tiermedizinstudentin gestartet
11.03.2022
Den geflüchteten Menschen aus der Ukraine und ihren Haustieren schlägt in Deutschland eine Welle der Hilfsbereitschaft entgegen, auch in der Tierärzteschaft. Hilfe ist akut nötig, deshalb braucht es kreative Köpfe, die unkompliziert Informationen in der Landessprache bereitstellen und Angebote bündeln. Die Online-Plattform Haustier-Info-Ukraine.de entstand aus diesem Gedanken heraus.
Tabitha Stephani hat die Website Haustier-Info-Ukraine.de gebaut
Eine Initiatorin ist Sofiia Merkureva, Tiermedizinstudentin im 11. Semester an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Gebaut wurde die Website von der 27-jährigen Tabitha Stephani: “Die Website entstand ganz schnell learning-by-doing und mit der Hilfe meines Freundes, der selbst Ukrainer ist. Sofiia bat mich um Hilfe für die Idee, sie hat die fachlichen Informationen zusammengetragen und stand in engem Kontakt mit dem Veterinäramt in Hannover. Wir haben in einer Telegram-Gruppe mitgelesen, in der viele Infos für flüchtende Menschen mit Tieren aus der Ukraine geteilt wurden und wollten das besser organisieren.”
Tiermedizinstudentin Sofiia Merkureva trug die fachlichen Informationen zusammen
Alle Infos auf der schlichten und damit sehr übersichtlichen Website sind in Deutsch, Englisch, Russisch und Ukrainisch verfügbar. Die Übersetzung sei ganz schnell gegangen – unter anderem mit der Hilfe einer hilfsbereiten Ukrainerin aus einer der Chat-Gruppen, die alle gebrauchten Sprachen spricht. Seit nun genau einer Woche ist die Website online, auf der Informationen zur Einreise mit Haustieren in die EU/Deutschland geteilt werden, außerdem weitere Links, wie man helfen kann, Schaubilder zur Tollwutimpfung, eine Unterkunftsbörse u.v.m. Kernstück ist eine offene Liste für TierärztInnen, die kostenlose Sprechstunden für die Geflüchteten anbieten können und eine solche für DolmetscherInnen für die Sprechstunden.
Das Matching zwischen diesen beiden Gruppen ebenso wie für die Unterkunftsgesuche und -angebote erledigen die engagierten Freundinnen mit weiteren Helfenden händisch. “Freiwillige, die in dem Projekt helfen wollen, kommen sehr viele”, sagt Tabitha. Die Website soll deutschlandweit nützlich sein und so tragen sie parallel zu dem Einträgen aus den Anmeldeformularen proaktiv laufend alle Infos, die sie aus Social Media-Gruppen und dem Netzwerk bekommen, zum Beispiel zu Tierarztpraxen, die pro bono helfen, ein. Die beiden Initiatorinnen freuen sich, wenn die Website noch bekannter wird.
Sophia Neukirchner, Fotos: privat
Vetion.de findet: Bedarf erkannt und super umgesetzt! Das Projekt kann auch TierärztInnen, die helfen wollen, aber nicht wissen, wo sie sich melden können oder keine passenden Sprachkenntnisse haben, helfen. Danke euch! Spread the world!
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“Die Hilfsbereitschaft für Menschen und Tiere ist sehr groß”
Landestierschutzbeauftragte für Berlin, Dr. Kathrin Herrmann (Foto: privat)
In Berlin kommen aktuell die mit Abstand meisten Geflüchteten aus der Ukraine an. Nicht wenige haben ihre Haustiere dabei. Die Landestierschutzbeauftragte Dr. Kathrin Herrmann spricht im Interview über die Hilfsbereitschaft der Tierärzteschaft, wichtige Kontakte und was PraktikerInnen und Helfende jetzt im Umgang mit Tieren aus der Ukraine beachten müssen.
Vetion.de: Wie ist die Versorgung von ankommenden Tieren geflüchteter Menschen in Berlin bisher organisiert?
Herrmann: Bisher gibt es einen Stand am Hauptbahnhof, wo eine Gruppe von ehrenamtlichen Helfer:innen (inkl. Tierärzt:innen) Tierfutter, Katzenstreu, Decken, Leinen und andere Bedarfsgegenstände verteilen. Diese Initiative namens „IRINA“ wurde von Tierärztin Dr. Regina Korth und ihrem Freund ins Leben gerufen. Sie sagte mir, dass sie bereits aus 20 bis 25 Tierarztpraxen aus Berlin und Brandenburg gebrauchte Transportboxen und Futterspenden erhalten hat. Die Spendenbereitschaft der Kolleg:innen ist großartig! Es sind außerdem eine Reihe von Tierschutz-NGOs sowie die Berliner Tierärztekammer und viele Freiwillige dabei, Weiteres zu organisieren, wie z.B. Unterkünfte für Tiere und ihre Menschen sowie medizinische und sonstige Versorgung. Die Hilfsbereitschaft für Menschen und Tiere ist sehr groß.
Wird es eine zentrale tierärztliche Behandlungsstelle/Registrierungsstelle für diese Tiere geben?
Ja, am Samstag (12. März 2022, Anm. d. Red.) wird die zentrale Registrierungsstelle am ehemaligen Flughafen Tegel eröffnet. Dort wird es dann sowohl einen mobilen Tierarztservice (organisiert von der Berliner Tiertafel e.V.) als auch einen Stand mit allen möglichen Bedarfsgegenständen inkl. Futter und Transportboxen für Tiere (organisiert vom Tierschutzverein für Berlin und Umgebung Corp e.V. /Landesverband des Deutschen Tierschutzbundes e.V./ Tierheim Berlin) geben.
Die Hilfsbereitschaft der Tierärzteschaft ist groß. Es haben sich schon eine ganze Reihe von Kolleg:innen gemeldet, die kostenfrei Tiere behandeln wollen. Der Vorstand der Berliner Tiertafel e.V. hat Google Maps mit allen Tierärzt:innen, die pro bono Tiere von Geflüchteten behandeln, gefüllt (Liste).
Der Fachbereich Veterinärmedizin der FU Berlin hat mir gestern Abend mitgeteilt, dass er auch kostenfrei Tiere von Geflüchteten behandeln wird, ebenso wie die Tieräzt:innen des Berliner Tierheimes. Ebenso erreichen die Berliner Tierärztekammer und meine Stabsstelle vermehrt E-Mails und Anrufe von Menschen, inkl. Tieräzt:innen, die helfen wollen. Mein Team unterstützt bei der Koordination der Helfer:innen und bei der Suche von Unterkünften, in denen auch Tiere willkommen sind.
Besteht Bedarf an TierärztInnen und wohin können sich diese wenden?
Ja, es gibt immer Bedarf an Tierärzt:innen. Sie können sich entweder an die Tiertafel wenden (berlin@tiertafel.org) an meine Stabsstelle (tierschutzbeauftragte@senjustva.berlin.de) oder die Tierärztekammer (battenfeld@tieraerztekammer-berlin.de). Entweder können sie ihre Praxis mit in die Liste der pro bono behandelnden TÄ aufnehmen lassen oder sie können den mobilen Tierärzt:innendienst am ehem. Flughafen Tegel unterstützen. Sinnvoll wäre sicher auch, dass die größeren Unterkünfte für Geflüchtete angefahren werden und die Tiere dort vor Ort versorgt werden. Wir werden eruieren, wie man die Menschen mit Tieren am besten erreicht.
Wie sollen sich praktizierende TierärztInnen verhalten, denen ein Tier aus der Ukraine vorstellig wird?
Praktizierende Tierärzt:innen sollten die Tiere untersuchen und behandeln, insbesondere sollte die Kennzeichnung und Impfung ungeimpfter Hunde, Katzen und Frettchen mit zugelassenem Tollwutimpfstoff (nicht gekennzeichnete Tiere gelten grundsätzlich als ungeimpft) und die Ausstellung eines Heimtierausweises erfolgen. Bei Hunden, Katzen und Frettchen, die zum Zeitpunkt der Einreise bereits geimpft sind, sollte eine Tollwut-Titerbestimmung gemacht werden.
Aufgrund der Annahme, dass Geflüchtete z.T. in andere EU-Länder weiterreisen, wird die Ausstellung eines EU-Heimtierausweis empfohlen. Nach der Impfung wird eine mindestens 21-tägige Beobachtung durch das Veterinäramt als flankierende Maßnahme angesehen. Unter anderem aus diesem Gründen sollen die praktizierenden Tierärzt:innen die Veterinärämter über vorgenommene Impfungen umgehend informieren. Die Tierärztekammer Berlin hat hier eine Mitteilung per E-Mail vorgeschlagen, was sicherlich der machbarste Weg ist, um die Veterinärämter zeitnah zu informieren. Es kann meines Erachtens den Geflüchteten nicht zugemutet werden, dass sie selbst beim Veterinäramt vorstellig werden.
Auszug aus dem sich im Anhang befindlichen Dokument Veterinärfachliche Maßnahmen Heimtiere:
Die praktizierenden Tierärzte und Tierärztinnen werden gebeten, Tierbesitzer an das für den Haltungsort zuständige Bezirksamt, Fachbereich Veterinär- und Lebensmittelaufsicht zu verweisen. Kennzeichnung und Impfung von Tieren sowie Blutentnahmen für Titerbestimmungen können grundsätzlich erfolgen, wenn die zuständige Veterinärbehörde darüber unverzüglich in Kenntnis gesetzt wird. Nähere Auskünfte erteilt die zuständige Veterinär- und Lebensmittelaufsicht. https://www.berlin.de/sen/verbraucherschutz/service/veterinaer-und-lebensmittelaufsichtsaemter/
Wie müssen sich Helfer verhalten, die vorübergehend Tiere aus der Ukraine aufnehmen oder mit Ihnen Kontakt haben mit Blick auf die Seuchenhygiene?
Da nach der Impfung eine 21-tägige Beobachtung in Form einer häuslichen Quarantäne für Hunde, Katzen und Frettchen gilt, sind entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Tiere in Quarantäne sollten nicht mit anderen Tieren zusammengehalten werden. Es sollte ein separater Raum zur Verfügung stehen. Hunde sollten, wenn sie spazieren geführt werden, einen Maulkorb tragen. Das Tollwutrisiko wird zwar als gering eingestuft, aber es sollte keinesfalls außer Acht gelassen werden. Die Möglichkeit einer häuslichen Quarantäne für drei Wochen wurde eingeräumt, weil es sonst nicht machbar wäre, derart viele Hund und Katzen (und ggf. Frettchen) in Quarantäne zu haben. Das Berliner Tierheim hat keine Kapazitäten mehr.
Interview: Sophia Neukirchner
Anlagen: Hilfreiche PDFs der Senatsverwaltung (Rundschreiben Berliner Tierärztekammer 10.03.22) zum Umgang mit Haustieren aus der Ukraine
Weitere Links zu Hilfsmöglichkeiten für Menschen und Tiere in der Ukraine und auf der Flucht finden Sie in unserem Fokusthema
Eine Tiermedizinstudentin aus Hannover hat ebenfalls eine Online-Liste ins Leben gerufen, um TierärztInnen, DolmetscherInnen, Geflüchtete und Menschen, die eine Unterkunft anbieten können, deutschlandweit zu vernetzen:www.haustier-info-ukraine.deDie Plattform sammelt außerdem Infos zur Einreise etc. Alles in Deutsch, Englisch, Ukrainisch und Russisch. Lesen Sie hier die ganze Geschichte.
Tierschutz ist vielfältig und wird in Deutschland in sehr vielen und sehr unterschiedlichen Projekten umgesetzt, die in erster Linie vom ehrenamtlichen Engagement von tierfreundlichen Menschen leben, die sich für das Wohl der Tiere einsetzen. Diese Helfer und diese Projekte möchte die Initiative Helping Vets von Heel Veterinär finanziell und auch medial unterstützen. Diese Initiative wurde bereits vor 10 Jahren ins Leben gerufen und seitdem können sich jedes Jahr ehrenamtlich tätige Tierschutzorganisationen und Tierschutzprojekte um eine Auszeichnung bewerben. Dieses Jahr endet der Bewerbungsschluss am 31. Mai 2022.
Jedes Jahr wählt eine Jury aus den eingereichten gemeinnützigen Tierschutzprojekten, die Besonderes leisten und sich durch Nachhaltigkeit, Vorbildwirkung und soziales Engagement für Mensch und Tier auszeichnen, drei Projekte aus und unterstützt sie mit jeweils 2.000 Euro Preisgeld.
Für die Bewerbung bei Helping Vets 2022 wird eine aussagekräftige Projektbeschreibung benötigt, die einzureichen ist unter vetmed@heel.de oder reichen über www.vetepedia.de. Im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung der Helping Vets werden die Preisträger dann der Öffentlichkeit vorgestellt und für ihren Einsatz ausgezeichnet.
Vom 18. bis 20. November 2021 fand im Berliner Hotel Estrel der DVG Congress als Hybrid-Veranstaltung statt. Insgesamt haben 2.300 Personen vor Ort und/oder online in Form eines Live-Streams teilgenommen. Trotz auch da schon steigender Inzidenzzahlen konnte diese Fortbildungsveranstaltung unter 2G gerade noch durchgeführt werden. Und aufgrund des guten Hygienekonzeptes von Hotel und Veranstalter ist es tatsächlich gelungen, endlich mal wieder eine Präsenzveranstaltung mit Live-Gesprächen und Diskussionen sowie einer „echten“ Industrieausstellung mit immerhin 82 Ausstellern zu genießen, wenn gleich das fortwährende Tragen der Maske mit den Stunden auch sehr anstrengend wurde. Dennoch machten 1.570 Personen von dem Besuch der Präsenzveranstaltung Gebrauch.
Es war den Tierärztinnen und Tierärzten deutlich anzumerken, wie groß die
Freude war, mal wieder unter Kollegen zu sein.
Dies war auch bei der Festveranstaltung zu 70 Jahre DVG am Donnerstagabend
im Berliner Chamäleon Theater zu spüren, wo die geladenen Personen ausgelassen
redeten, aßen und tranken. Natürlich galt auch hier ausnahmslos die Regelung
2G., ebenso wie bei der festlichen Verleihung des Felix-Wankel-Tierschutzforschungspreises,
der am Freitagabend verliehen wurde.
In diesem Jahr ging der Preis der Felix-Wankel-Stiftung, die
Forschungsarbeiten für die Reduzierung des Einsatzes sowie der
Lebensbedingungen Versuchstieren sowie Initiativen im Sinne des Wohls von
Nutztieren unterstützt, an Univ. Prof. Dr. med. vet. Rupert Palme vom
Department für biomedizinische Wissenschaften der Veterinärmedizinischen
Universität Wien. Er wurde ausgezeichnet für seine Arbeiten zur nicht-invasiven
Messung von Glukokortikoiden, nämlich über den Kot. Der Preis ist mit 20.000
Euro dotiert.
Das Preisgeld über 5.000 Euro ging an Dr. Christian Lotz, stellv.
Abteilungsleiter In-vitro-Testysteme am Translationszentrum für regenerative Therapien
des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC. Er wurde für die Entwicklung
eines neuen Verfahrens ausgezeichnet, das es ermöglicht, eventuelle
Augenreizung künftig ohne Tierleid zu testen und somit das Potenzial hat, nach
rund 80 Jahren den Draize-Augentest abzulösen.
Ebenfalls mit 5.000 Euro wurde Frau Dr. iur. Charlotte E. Blattner
ausgezeichnet. Sie erhielt den wissenschaftlichen Sonderforschungspreis 2021
für ihre Doktorarbeit zum Thema Extraterritoriale Jurisdiktion und die
Herausforderungen. Damit setzte sie sich für mehr Tierschutz von Nutztieren
ein, der auch nach Überquerung der Landesgrenzen rechtskräftig bleibt.
Insgesamt
kann man von einem wegweisenden Kongresskonzept sprechen, das mutig von
DVG-Vorstand und -geschäftsführung gewählt und von den TeilnehmerInnen
anerkannt wurde, freut sich die DVG.
Zudem sind vor Ort noch zwei neue Gruppierungen der
DVG gegründet worden. Dies ist zum einen der Arbeitskreis Forensische
Veterinärmedizin, der sich mit juristischen Fragestellungen in der Tiermedizin
befasst und dessen erste Tagung regen Zuspruch fand. Der zweite neue
Arbeitskreis behandelt aktuelle Themen rund um die “Klinische
Hygiene”.
Prof. Wolfgang Löscher auf der Liste der meist zitierten Wissenschaftler
19.11.2021
Professor Dr. Wolfgang Löscher ist Pharmakologe und Neurowissenschaftler an der Stiftung Tierärztliche Hochschule (TiHo) Hannover. Außerdem ist er einer der am häufigsten zitierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit. „Ich freue mich sehr über die Auszeichnung als Anerkennung meiner Forschungsarbeiten“, sagt der mehrfach ausgezeichnete Epilepsie-Forscher über seinen Platz auf der jährlich neu erstellten Liste „Highly Cited Researchers” des US-amerikanischen Unternehmens Clarivate Analytics. Sie zeigt, welche Publikationen der jeweiligen Fachdisziplin zu dem einen Prozent zählen, die am meisten zitiert wurden. Rund 6.600 Namen (davon 331 aus Deutschland) in 21 Disziplinen umfasst die Aufzählung von Clarivate Analytics. Professor Löscher wird in der Kategorie „Cross-Field“ geführt. Sie erfasst Forschende, die interdisziplinär – also über ihr eigentliches Arbeitsgebiet hinaus – Einfluss auf die Wissenschaft haben. Als Basis für die Bestenliste dienen die Daten des „Web of Science“, in dem alle Zitate wissenschaftlicher Untersuchungen gesammelt werden. Für die Auswertung analysierte Clarivate Analytics die wissenschaftlichen Veröffentlichungen der Jahre 2010 bis 2020 und untersuchte, wie oft die Arbeiten der Forschenden von Kolleginnen und Kollegen aus der Wissenschaft in deren Veröffentlichungen zitiert wurden. Doch nicht nur die Anzahl der Zitate ist Gradmesser für den wissenschaftlichen Einfluss. Auch das Ansehen der Fachzeitschrift, in der publiziert wurde, fließt in die Bewertung ein.
Die gesamte Liste der „Highly Cited Researchers 2021“ sowie weitere Informationen gibt es auf der Internetseite von Web of Science.
Tierärztliche Klinik Oberhaching und Laboklin ausgezeichnet
19.10.2021
Der Preis „Bayerns Best 50“ wird jedes Jahr verliehen und zeichnet inhabergeführte Unternehmen des Mittelstandes aus, die sich als besonders wachstumsstark erwiesen haben und innerhalb der letzten fünf Jahre die Zahl ihrer MitarbeiterInnen überdurchschnittlich steigern konnten.
In diesem Jahr hat das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie unter anderem die Tierärztliche Klinik Oberhaching als eines der besten mittelständischen Unternehmen in Bayern ausgezeichnet. Die Kleintierklinik gehört zu den größten inhabergeführten Tierkliniken und ist die zweitgrößte Klinik für Kleintiere in Deutschland. Der Fokus der Tierärztlichen Klinik Oberhaching liegt auf der Ausbildung. So wurden in den vergangenen fünf Jahren etwa 100 junge Menschen zu Tiermedizinischen Fachangestellten ausgebildet. Daneben bildete die auch als “Cat-Friendly-Clinic” zertifizierte Klinik TierärztInnen und FachtierärztInnen aus. Mehr als 200 Angestellte, davon über 50 TierärztInnen, arbeiten inzwischen in der Kleintierklinik. „Wir freuen uns sehr, in 2021 erstmalig zu den besten und erfolgreichsten Unternehmen des Freistaates Bayerns zu gehören. Wir setzen damit ein Zeichen, dass gerade in einem Markt, in dem Fachkräfte absolut rar sind, wir uns trotzdem konsequent behaupten und weiterentwickeln konnten”, erklärt Korbinian Pieper, Partner und Chefarzt der Klinik. Seit mehr als 25 Jahren werden in der Tierklinik Oberhaching Kleintiere mit besonderem Schwerpunkt auf Hund und Katze in allen relevanten Teilbereichen der Tiermedizin behandelt und betreut.
Der Preis “Bayerische Unternehmerin des Jahres”
wurde an Dr. Elisabeth Müller verliehen. Sie ist Mitgründerin, Inhaberin und
Geschäftsführerin des tiermedizinischen Labors Laboklin in Bad Kissingen. Bei der Preisverleihung stellte der
bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger Laboklin als das dynamischste
Unternehmen unter weiblicher Führung aus dem Kreis der “Bayerns Best
50” vor. „Frauen wie sie brauchen wir in der bayerischen Wirtschaft.
Deshalb werben wir mit diesem Preis für eine stärkere Repräsentanz von Frauen
in Führungspositionen“, so Aiwanger über die promovierte Mikrobiologin aus
Unterfranken.
Nach der Gründung im Jahr 1989 ist das Unternehmen stetig
expandiert. Mittlerweile ist es fast in ganz Europa sowie in Asien und auf der
arabischen Halbinsel tätig. So ist auch die Zahl der MitarbeiterInnen in den
vergangenen fünf Jahren kontinuierlich gewachsen. Aktuell hat das Unternehmen
rund 600 Mitarbeitende.
Laboklin führt Laboruntersuchungen für Tiere durch – unter anderem zur Erkennung von Krankheiten oder zum Monitoring chronisch Kranker. Im Portfolio des Unternehmens finden sich neben zahlreichen genetischen Untersuchungen auch ein Hygienemonitoring für die Human- bzw. Veterinärmedizin. Seit dem vergangenen Jahr leistet Laboklin auch einen Beitrag zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und führt PCR-Tests durch: zunächst im Auftrag von Gesundheitsämtern im Raum Unterfranken, später auch darüber hinaus, z.B. für Reiseunternehmen. Im Frühjahr diesen Jahres hat das Unternehmen außerdem zahlreiche Schnellteststrecken aufgebaut. Im Gegensatz zu vielen anderen Testzentren konnte im Falle eines positiven Schnelltests auch gleich vor Ort ein PCR-Test durchgeführt werden. Ein weiterer Vorteil war, dass die Ergebnisse immer innerhalb von 24 Stunden feststanden, so Müller.
Trotz
demographischem Wandel und den zunehmenden Anforderungen einer modernen
Arbeitswelt haben die geehrten Unternehmen die Zeichen der Zeit erkannt und
sich den Herausforderungen in der Fachkräfteversorgung gestellt. „Gerade jetzt
braucht unsere Wirtschaft Mutmacher und Vorbilder, um die Stärke von Bayerns
Mittelstand zu zeigen”, betonte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger
bei der Preisverleihung.
Der Tierschutz in Deutschland hat eine lange Tradition
und wird in unterschiedlichsten Formen intensiv gepflegt. Größten Respekt verdienen
die Menschen, die sich dem Wohl von Tieren verschrieben haben und sich mit großem
persönlichem Engagement und viel Herzblut Tag für Tag für den Schutz von Haus-,
Wild- und Nutztieren widmen. Neben viel Zeit wird dafür auch Geld benötigt.
Um Tierschutzvereine bei ihrer wichtigen und ehrbaren
Tätigkeit zu unterstützen und sie für ihren Einsatz zu honorieren, verleiht
Heel Veterinär jedes Jahr die Auszeichnung Helping Vets an drei
Vereine, die ganz Besonderes leisten. Als kleiner Beitrag für mehr Tierschutz
soll so die Vorbildwirkung, der Nachhaltigkeitsgedanke sowie das besondere soziale
Engagement der TierschützerInnen hervorgehoben werden. Am 07. Oktober 2021 wurden
die diesjährigen Preisträger durch Heel Veterinär prämiert und der
Öffentlichkeit vorgestellt.
„Menschen helfen Tieren, Tiere helfen Menschen“
Auch im 9. Jahr hatte die Helping Vets-Jury wieder die
schwere Aufgabe, aus 30 Einsendungen die drei Preisträger auszuwählen. Nach
gründlicher Überlegung fiel die Wahl auf die Flugmodus e.V. Rehkitzrettung, die
Pfotenhilfe für Obdachlose e.V. sowie VITA e.V.
Assistenzhunde.
Die 3 Preisträger 2021
Flugmodus e. V. Das Team von Flugmodus e. V. sucht in Burgstetten (Baden-Württemberg) und Umgebung landwirtschaftliche Wiesen vor dem geplanten Mähen mit Wärmebilddrohnen nach Rehkitzen ab, um diese vor dem sicheren Mähtod zu bewahren. „Mithilfe der Drohne suchen wir nach Rehkitzen, die im Mai und Juni geboren werden und im schützenden hohen Gras liegen. Dort werden sie von ihrer Mutter mehrmals am Tag besucht und versorgt“, erklärt der Vereinsgründer und erste Vorsitzende Andreas Metz. Da die Jungtiere in den ersten zwei bis drei Wochen keinerlei Fluchtinstinkt haben, verharren sie bei Gefahr geduckt am Boden und laufen nicht davon. Wird die Wiese in dieser Zeit vom Landwirt gemäht, bedeutet das jedes Jahr für unzählige Rehkitze den sicheren Tod. In 2021 konnten die TierschützerInnen 147 Rehkitze sowie 2 gigantische Igel durch den Drohneneinsatz retten.
„Unser Einsatz beginnt damit, dass uns Landwirte oder Jagdpächter kontaktieren und uns die Flächen übermitteln, die meist schon am nächsten Morgen gemäht werden sollen,“ erzählt Metz. Nach der Flugplanung am Vorabend fliegt das Team die jeweiligen Flächen bereits in den frühen Morgenstunden in 50 Metern Höhe mit der Drohne ab – ein Wettlauf gegen die Zeit, „denn sobald die Sonne die Wiesen erwärmt, hat die Wärmebildkamera keine Chance mehr.“ Stößt Metz mit der Kamera auf Wärmebildpunkte, leitet er sein Team sofort zur richtigen Stelle in der Wiese. „Handelt es sich bei dem Fund um ein junges Rehkitz ohne Fluchtinstinkt, können wir es problemlos in unsere Wäschekörbe heben. Jedes davon wäre zweifelsfrei vom Mähwerk erfasst worden.“ Die ehrenamtliche Dienstleistung von Flugmodus e.V. ist für Landwirte und Jagdpächter kostenlos und wird gerne in Anspruch genommen. Der Verein finanziert sich komplett durch Spendengelder und Mitgliedsbeiträge. Stellvertretend für alle RehkitzretterInnen nahm der Vereinsvorsitzende glücklich den mit 2.000 Euro dotierten Preis entgegen. Das Preisgeld wird in die Anschaffung weiterer technischer Ausrüstung investiert, denn auch außerhalb der Mähsaison möchte Flugmodus e.V. bei der Tierrettung helfen: „Wir stehen immer dann zur Verfügung, wenn man eine Wärmebilddrohne sinnvoll einsetzen kann – also auch bei der Suche nach vermissten Hunden und Katzen“, sagt Metz, der sich für die Zukunft wünscht, dass sich noch mehr Menschen in der Rehkitzrettung engagieren.
Pfotenhilfe für Obdachlose e.V. Als 2. Preisträger wurde die Pfotenhilfe für Obdachlose e.V. ausgezeichnet. Der Verein kümmert sich mit einer mobilen Tierarztpraxis um die medizinische Versorgung von Haustieren, deren HalterInnen nicht in der Lage sind, für die Kosten aufzukommen. Durch diesen Einsatz möchte das Team rund um Frank Mörtel und Tierärztin Dr. Jeannette Pfeffer einerseits den Vierbeinern ein gesundes und schmerzfreies Leben ermöglichen, andererseits aber auch den zugehörigen Zweibeinern helfen. „In vielen Fällen ist der Hund der wichtigste Grund für den Besitzer, selbst noch am Leben festzuhalten. Deshalb geben wir alles, um bedürftigen Menschen ihren tierischen Lebenspartner möglichst lange zu erhalten.“
Die Vereinsarbeit der Pfotenhilfe umfasst die gesamte medizinische
Grundversorgung der tierischen Patienten, von der Behandlung akuter
Beschwerden über eine dauerhafte Therapie von chronischen Erkrankungen bis hin
zu chirurgischen Eingriffen. Mit einem zu einer mobilen Tierarztpraxis
umgebauten Rettungswagen fährt das Team regelmäßig Diakonien und paritätische
Einrichtungen in einem Aktionsradius von ca. 35-40 Kilometern rund um
Groß-Gerau an, um vor Ort die
vorab vereinbarten Tierarzt-Termine durchzuführen. Ihren persönlichen Antrieb
für das Engagement im Verein begründet Dr. Jeannette Pfeffer mit der Überzeugung,
dass jeder Mensch in eine solche Situation geraten kann. „Es gibt keine
Garantie dafür, dass ein Leben immer super läuft und es geradlinig seinen Weg
geht. An jedem Tag kann ein Ereignis dazu führen, dass man auf einmal ohne
alles dasteht.“
Auch die Pfotenhilfe für Obdachlose finanziert sich ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge, die relativ gering gehalten werden, um sie möglichst vielen Menschen ermöglichen zu können. Genau wie auch das Helping Vets-Preisgeld von 2.000 Euro fließen sämtliche Spenden ausschließlich in die Behandlung der Vierbeiner. Der Verein ist daher über jeden Kooperationspartner dankbar, der den Verein nicht nur monetär, sondern auch tatkräftig unterstützt. Auch werden dringend TierärztInnen aus der Region gesucht, die den einen oder anderen Samstag abdecken können.
VITA e.V. Assistenzhunde Der Verein VITA e.V. Assistenzhunde stellt bereits seit dem Jahr 2000 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Behinderung vierbeinige Helfer zur Seite, die bei alltäglichen Aufgaben unterstützen und Türen öffnen – im realen wie im übertragenen Sinne. „VITA-Assistenzhunde sind Medizin auf vier Pfoten“, sagt Tatjana Kreidler, Gründerin und erste Vorsitzende des Vereins in Hümmerich (Rheinland-Pfalz).
Die VITA-Assistenzhunde, allesamt Golden oder Labrador Retriever, übernehmen bestimmte alltägliche Aufgaben für ihre menschlichen Partner, die im Rollstuhl sitzen und in ihrer Beweglichkeit zum Teil stark eingeschränkt sind. Sie bringen ihnen zum Beispiel Gegenstände oder heben diese auf, öffnen und schließen Türen oder helfen beim An- und Ausziehen sowie beim Einkauf. In einem Notfall können die Hunde zudem Alarm auslösen oder Hilfe holen. Neben ihrem Einsatz als praktischer Alltagshelfer sind die Vierbeiner aber noch weit mehr für ihre Partner: Sie erhöhen die Lebensqualität und Lebensfreude, indem sie das Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen steigern, Gesellschaft leisten, Einsamkeit vermindern, die Isolation aufbrechen und dabei helfen, soziale Kontakte herzustellen. „Die Hunde haben eine therapeutische Funktion, denn sie vermitteln ihren zweibeinigen Teampartnern das Gefühl, voll akzeptiert, geliebt und gebraucht zu werden, und machen sich dadurch von dritten Personen unabhängiger“, erklärt Kreidler die äußerst wichtige soziale Komponente der VITA-Teams.
Die Vereinsgründerin entwickelte die sogenannte „Kreidler-Methode“, um Mensch und Hund füreinander zu sensibilisieren und zu wirklichen Partnern zu machen. Die Methode hat sich mittlerweile auch andernorts mit großem Erfolg etabliert, „denn gerade bei Kindern bewirken die Hunde oft kleine Wunder – psychisch, physisch, sozial und kognitiv.“ Die Ausbildung der Hunde ist allerdings sehr kosten- und zeitintensiv. Im Alter von etwa acht Wochen kommen die Welpen für 12-15 Monate zu sogenannten Paten, bei denen sie aufwachsen und sozialisiert werden. Nach der Ausbildung führt der Verein die Vierbeiner mit den Bewerbern zusammen, um zueinander passende Mensch-Hund-Teams zu ermitteln. Beim „Matching“ steht immer das Wohl des Hundes im Vordergrund. „Der Hund ist das Schloss, der Mensch der Schlüssel“, betont Kreidler. Mit der Zusammenführung ist die intensive Betreuung durch VITA allerdings noch nicht abgeschlossen: Alle Teams werden regelmäßig nachbetreut und geschult – und das ein Hundeleben lang. „Der Schwerpunkt bei den Menschen ist die sozialtherapeutische Betreuung. Wir begleiten unsere Teams bei den Entwicklungen, die sich im Laufe eines Hundelebens von etwa 14 Jahren ergeben.“
Tierschutz auch
zukünftig wichtig
Der Tierschutz wird auch im nächsten Jahr weiter von Heel Veterinär honoriert. Schon ab November 2021 können sich Organisationen, Vereine und Privatpersonen für den Helping Vets 2022 bewerben. „Der Tierschutz war und ist für Heel Veterinär ein besonders großes Anliegen“, so Fabian Pochmann, Leiter Marketing Heel Veterinär im Rahmen der Preisverleihung. „Die drei Helping Vets-Preisträger 2021 zeigen, wie unterschiedlich Tierschutz aussehen kann und wie wichtig Menschen sind, die sich in diesem Bereich engagieren. Und deshalb wird sich Heel Veterinär auch weiterhin für das Tierwohl einsetzen. Wir freuen uns schon heute auf die Helping Vets 2022 und auf eine genauso große Anzahl an tollen Bewerbungen wie in diesem Jahr“, so Pochmann weiter.
Ehrendoktorwürde für Lothar H. Wieler, Gerd Sutter und Christian Drosten
11.10.2021
Die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) hat am 27. September 2021 den Titel Doctor honoris causa an Professor Dr. Lothar H. Wieler, Professor Dr. Christian Drosten und Professor Dr. Gerd Sutter verliehen. Damit wurden die Herren für ihre ganzheitliche wissenschaftliche Betrachtung der Gesundheit von Menschen und Tieren ausgezeichnet. „Die Corona-Pandemie hat uns schmerzlich gezeigt, wie schwer uns ein neuer Infektionserreger treffen kann. Geschätzt können zwei Drittel aller Erreger zwischen Menschen und Tieren übertragen werden. Die Gesundheit von Menschen und Tieren sowie die Umwelt sind also eng miteinander verbunden. Es ist nur logisch, dass Human- und Tiermedizin dem One-Health-Ansatz folgen und eng zusammenarbeiten, um Infektionserreger und die Krankheiten, die sie verursachen, zu erforschen“, erläuterte TiHo-Präsident Dr. Gerhard Greif die Entscheidung der TiHo.
Mit den Ehrungen unterstreicht die TiHo
die Bedeutung des One-Health-Ansatzes, der einen Schwerpunkt der
Forschungsarbeiten der TiHo bildet.
Professor Dr. Dr. h. c. Lothar H. Wieler erhält die Ehrendoktorwürde für seinen
herausragenden wissenschaftlichen Beitrag in der Zoonosenforschung und für die
One-Health-Thematik sowie für seine Rolle in der Bekämpfung der
COVID-19-Pandemie. Wieler ist Tierarzt und Präsident des Robert Koch-Instituts
in Berlin. In dieser Funktion berät er die Bundesregierung und informiert
regelmäßig über den Sachstand der Pandemie in Deutschland. Die TiHo würdigt mit
der Verleihung des Ehrendoktortitels ganz besonders seine Rolle während der
Pandemie, in der er ruhig, souverän und faktenbasiert die Öffentlichkeit
informierte.
Tierarzt Professor Dr. Gerd Sutter wurde
ebenfalls für seine herausragende Forschung auf dem Gebiet neu auftretender
Zoonoseerreger und Infektionskrankheiten sowie für sein Engagement für den
One-Health-Gedanken ausgezeichnet. „Gerd Sutter fühlt sich zutiefst dem One
Health-Gedanken verpflichtet. Influenza-, Paramyxo- und Coronaviren sind nur
wenige der vielen tierischen Krankheitserreger, die auf den Menschen übertragen
werden können und die im schlimmsten Fall eine Pandemie verursachen können.
Gerd Sutter hat an Impfstoffen gegen HIV, Masern, aviärer Influenza, West Nil,
dem MERS- und dem SARS-Coronavirus-2 gearbeitet. Seine große Erfahrung und
seine exzellente Vernetzung mit Kolleginnen und Kollegen weltweit sorgen dafür,
dass wir auch in Zukunft viel von ihm erwarten können“, so Professor Dr. Volker
Moennig, in seiner Laudatio.
Als Humanmediziner und
„Pandemie-Virologe“ erhielt auch Professor Dr. Christian Drosten die
Ehrendoktorwürde und zwar für seine herausragende Forschung auf dem Gebiet der
RNA- und Corona-Viren sowie für seine wichtige und wertvolle
Aufklärungsleistung während der Pandemie. Mit seinen allgemeinverständlichen
Erläuterungen virologischer und epidemiologischer Sachverhalte in
unterschiedlichen Medien zeigte er, was die Wissenschaft weiß, wie sie funktioniert
und mit welchen Methoden die Wissenschaft arbeitet. Dies hat wesentlich zum
öffentlichen Verständnis und zur Akzeptanz der notwendigen Maßnahmen zur
Begrenzung der Krankheitslast und der Sterblichkeit durch COVID-19 in
Deutschland beigetragen.
Prof. Dr. Almuth Einspanier erhält Professor Niklas-Medaille
07.10.2021
Prof. Dr. Almuth Einspanier von der Universität Leipzig hat beim politischen Erntedank am 5. Oktober 2021 in Berlin die renommierte Professor Niklas-Medaille verliehen bekommen. Die Medaille ist die höchste Auszeichnung, die das Bundeslandwirtschaftsministerium für besondere Verdienste und herausragendes Engagement seit 1978 vergibt. Einspanier erhielt sie für ihre Forschung im Bereich des Tierschutzes zum Ausstieg aus dem Kükentöten. Mit ihrem Team entwickelte sie ein Technologieverfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei, wodurch das Schreddern männlicher Eintagsküken als nachkommen von Legehennen verhindert werden kann.
Dessauer Zukunftskreis initiiert Wahlpflichtfach Digitalisierung an der Uni Leipzig
14.07.2021
Auf Initiative des Dessauer-Zukunftskreises (DZK) ist es im Wintersemester 2020/2021 gelungen an der Veterinärmedizinischen Fakultät (VMF) der Universität Leipzig einen Wahlpflichtkurs Digitalisierung in der Veterinärmedizin zu etablieren. Der erste Wahlpflichtkurs dieser Art an einer veterinärmedizinischen Bildungseinrichtung in Deutschland überhaupt. Vetion.de interviewte dazu Gastdozent Tobias Knopf von der Hochschule Anhalt und Studiendekan Prof. Dr. Johannes Seeger.
Vetion.de: Herr Knopf, als wie wichtig empfinden Sie aus der momentanen Betrachtung das Thema Digitalisierung in der Veterinärmedizin und warum sind Sie der Experte für dieses Thema?
Knopf: Der durch die Digitalisierung beschriebene wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel durchdringt alle Branchen. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hochschule Anhalt beschäftige ich mich intensiv mit den Ursachen, Entwicklungen, Chancen und Herausforderungen dieser digitalen Transformation und widme mich insbesondere den Themen digitale Kompetenzen und Digitalisierung von Aus- und Weiterbildung.
Seit 2014 setze ich mich verstärkt
mit den Entwicklungen in der Veterinärmedizin auseinander. Als Consultant für
digitale Kommunikation berate ich seitdem sowohl praktizierende Tierärzte als
auch Partner aus der Tiergesundheitsbranche. Immer wieder begegnet mir dabei
das Paradoxon, dass die Veterinärmedizin in diesem globalen Prozess für sich
die Sonderstellung beansprucht, nicht oder unvergleichbar von disruptiven
Geschäftsideen, neuen Arbeitsmodellen oder neuen Wertschöpfungsprozessen
betroffen zu sein. Als wäre die Veterinärmedizin ein eigener Planet und niemand
besäße eine Rakete, um dort zu landen.
Dem ist natürlich nicht so. Viel
mehr ist auf dem Planeten Veterinärmedizin besonders viel Platz und
Entfaltungsmöglichkeit für Akteure, die Erfahrungen und Wissen in anderen
Branchen sammeln konnten, die bereits digitalisierter sind. Viele Vertreter der
Veterinärmedizin haben es versäumt selbst diese Chancen zu ergreifen. Statt
diesen Fakt zu akzeptieren und auf den fahrenden Zug aufzuspringen, versuchen
insbesondere Praktiker den Zug zu stoppen, indem sie sich unbeholfen vor diesen
werfen.
Natürlich ist das Schwarzmalerei, es gibt auch die Gegenbeispiele, die Chancen für sich und ihr Geschäft entdeckt haben. Das vergessen praktizierende Tierärzte gerne: Eine Praxis oder Klinik ist eine Unternehmung, die sich dem Wettbewerb zu sehr ähnlichen aber auch konkurrierenden Geschäftsmodellen stellen muss. Das höchste Ziel mag das Tierwohl sein. Das kann aber nicht erreicht werden, wenn eine Klinik sich nicht gegen Substitute behaupten kann, ob das nun andere Kliniken oder digitale Plattformen sind.
Vetion.de: Verraten Sie mir mehr darüber, wie es dazu kam und was Ihr persönlicher Antrieb war, solch einen Wahlpflichtkurs zu planen und umzusetzen?
Knopf: Seit 2015 stehe ich im engen Austausch mit dem Dessauer Zukunftskreis (DZK), der sich durchaus visionär und kritisch mit aktuell und zukünftig relevanten Themen für die Veterinärmedizin auseinandersetzt. Auch im DZK hat man die Einflüsse externer Strukturtreiber und die durch die Digitalisierung zunehmende Innovationsgeschwindigkeit in der Branche wahrgenommen. Durch den Kontakt mit Fr. Dr. Julia Henning und Hubertus Keimer vom DZK kam es Anfang 2020 zu einer Studie, in der die digitale Kompetenz von Akteuren der Branche und deren Einstellung zur Digitalisierung messbar werden sollte. Der Zeitpunkt ist spannend, weil wir so zufällig einen unverfälschten Blick auf die Digitalisierung der Branche exakt vor der COVID-19-Pandemie erlangen konnten. Dieser Gradmesser zeigte bereits vor der Pandemie, dass insbesondere in der Aus- und Weiterbildung von werdenden und praktizierenden Tierärzten Bedarf an digitalen Kompetenzen besteht.
Durch die Kontakte des DZK zur Universität Leipzig, hier im
speziellen zu Prof. Johannes Seeger, Prof. Gotthold Gäbel und Prof. Walter
Brehm, konnte im dritten Fachsemester ein Wahlpflichtmodul für Studierende initiiert
werden, welches sie auf die neuen Herausforderungen durch die Digitalisierung
vorbereitet.
Vetion.de: Wie war die Resonanz auf diesen Kurs und wie würden Sie ihn selber beurteilen?
Knopf: Die Studierenden haben durchweg positives Feedback für die
erste Durchführung des Moduls gegeben. Insbesondere haben sie die Gastvorträge
von Akteuren aus Praxis und Industrie wie Dr. Rolf Nathaus von Farmtool und
Hubertus Keimer von Laboklin sowie die Interaktivität des Kurses hervorgehoben.
Eine Herausforderung, da der Kurs pandemiebedingt ausschließlich digital
stattgefunden hat und ich dennoch den geplanten Workshop-Charakter erhalten
wollte. Frontalunterricht funktioniert online noch schlechter als offline. Aber
wie könnte man besser digitale Kompetenzen gewinnen als durch die direkte
Anwendung? Ich selbst bin mit dem Ergebnis des Kurses ebenfalls höchst
zufrieden. Interaktivität funktioniert nur, wenn die Studierenden aktiv
mitarbeiten. Hier könnte ich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern kein größeres
Lob aussprechen. Am Ende des Kurses entstanden zwei völlig neue Geschäftsideen
für praktizierende Tierärzte, die von den Studierenden entwickelt wurden und
durchaus die Chance zur Marktreife hätten.
Sowohl die Studierenden als auch ich mussten jedoch
feststellen, dass 14 Stunden zu wenig für einen Ritt durch dieses komplexe
Themengebiet sind. Darauf wurde vom Studiendekan reagiert und die Anzahl der
Stunden für das Wahlpflichtfach im Wintersemester 2021/2022 verdoppelt. Die
Studierenden des dritten Fachsemesters und ich haben so die Möglichkeit, noch
intensiver Methoden zur Bewältigung der digitalen Herausforderungen zu
betrachten und diese bei gleichbleibender Interaktivität des Kurses auch direkt
anzuwenden.
Vetion.de: Welche Themen werden Sie in diesem umfangreicheren Wahlpflichtkurs behandeln und wird dieser Kurs in jedem Falle als Online-Veranstaltung stattfinden oder ggf. auch vor Ort an der Uni?
Knopf: Im Modul lernen die Studierenden nicht Facebook-Seiten oder Newsletter zu erstellen. Technologien ändern sich so schnell, dass dieses Wissen bereits überholt wäre, wenn die Studierenden es benötigen. Viel mehr versuche ich den Studierenden das Handwerkzeug mitzugeben, um sich selbst strategisch mit den jeweils aktuellen Technologien und Trends auseinandersetzen zu können. Dabei analysieren wir Schlüsselfaktoren der Digitalisierung wie beispielweise künstliche Intelligenz, smarte Assistenten, Big Data, digitale Ökosysteme, Plattformen, aber auch demographischer Wandel und New Work Models.
Ob der Kurs ausschließlich online stattfinden wird, kann
ich heute noch nicht sagen. Angestrebt wird es nicht. Sowohl Online- als auf
Offline-Lehre haben ihre Vor- und Nachteile. Letztendlich steht der Lernerfolg
der Studierenden im Vordergrund. Diesen halte ich bei einer sinnvollen Mischung
aus Online und Offline für am größten. Falls es möglich ist, werden wir uns
also unbedingt vor Ort treffen. Darüber hinaus wird die digitale Kollaboration
weiterhin integraler Bestandteil des Kurses sein.
Vetion.de: Warum sollten Studierende der Veterinärmedizin in jedem Fall diesen Wahlpflichtkurs belegen, was nehmen die angehenden Tierärztinnen und Tierärzte daraus mit für Ihr Berufsleben?
Knopf: Nach Besuch des Moduls verstehen die Studierenden die Zusammenhänge zwischen den Faktoren der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf die Veterinärmedizin besser. Zudem können sie selbst Strategien zur Nutzung dieser Einflüsse für ihre spätere Tätigkeit konzipieren. Somit sind sie gut vorbereitet, um eine Tierarztpraxis oder -klinik mit Kundenorientierung und Leistungsinnovationen wettbewerbsfähig zu gestalten. Falls die Studierenden keiner praktizierenden Tätigkeit nachgehen möchten, können sie dieselben Methoden beispielsweise in einem Tiergesundheitsunternehmen anwenden.
Lieber Herr Knopf, das klingt alles sehr spannend und schlüssig. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung des Wahlpflichtkurses!
Abschließend möchte ich noch den Studiendekan Prof. Dr. Johannes Seeger zwei Fragen dazu stellen.
Vetion.de: Lieber Herr Prof. Seeger, Sie haben die Etablierung des Wahlpflichtkurses sehr unterstützt und an der VMF ermöglicht. Wie lautet Ihr Fazit für den 1. Wahlpflichtkurs und die weiteren Pläne?
Prof. Seeger: Ich habe Herrn Tobias Knopf im Sommer 2020 bei einem Treffen des DZK kennengelernt. Herr Knopf hat die Ergebnisse einer Studie „Stand der Digitalisierung in der tierärztlichen Praxis“ der Industrie und an den Universitäten vorgestellt. Die Präsentation der Daten und die Diskussion waren professionell und Perspektiven der Digitalisierung in der Veterinärmedizin wurden aufgezeigt. Im Januar 2021 habe ich für Tobias Knopf einen Lehrauftrag an der VMF für einen Wahlpflichtkurs zur Digitalisierung in der Veterinärmedizin im Fakultätsrat beantragt. Der erste Kurs war mit 15 Studierenden gut besucht. Das Feedback der Teilnehmer ist sehr positiv. Tobias Knopf und eingeladene Gastdozenten haben es verstanden, die Digitalisierung in der Vorklinik, im 3. Fachsemester, so spannend und lebendig darzustellen, dass die Teilnehmer des Kurses eine Erweiterung auf 28 h Wahlpflicht angeregt haben. Im Frühjahr 2021 habe ich mit Herrn Knopf diese Option diskutiert und für das WS 2021/22 vereinbart. Damit ist das Wahlpflichtfach Digitalisierung in der Veterinärmedizin im Curriculum der Leipziger Veterinärmedizinischen Fakultät fest implementiert.
Vetion.de: Wie sehen Sie die Zukunft der Digitalisierung in der Veterinärmedizin und an der Uni Leipzig?
Prof. Seeger: Die Digitalisierung in der Veterinärmedizin hat durch die Corona-Pandemie einen wichtigen Input und den dringend notwendigen Ausbau erfahren. Das betrifft sowohl die Ausstattung der Hörsäle und zentralen Kursräume mit moderner Technik für die hybride Lehre, die Einführung von professionellen Zoom-Lizenzen für alle Lehrenden und den weiteren Ausbau der Zentralen Teaching Plattform, Core Unit Virtuelle Mikroskopie, an der VMF aber auch an der Medizinischen Fakultät und der Fakultät für Lebenswissenschaften, in der Biologie. Die Universität Leipzig hat ein Projekt zur Künstlichen Intelligenz beim BMBF zur Begutachtung eingereicht. Ein Teilprojekt wurde von mir beantragt und soll die Digitalisierung an der VMF weiter voranbringen. Die verstärkte Einführung digitaler Lehrformate soll dazu beitragen, den Lernerfolg bei den Studierenden zu verbessern. Die Präsenzlehre ist jedoch in der Vorklinik und Klinik unverzichtbar, um nach TAppV Tierärztinnen und Tierärzte auszubilden. Das darf auch unter den Einschränkungen der Pandemie nicht in Vergessenheit geraten. Die Nutzung digitaler Lehrformate wird auch nach der Pandemie ein unverzichtbarer Anteil der Ausbildung an der VMF und der Universität Leipzig sein. Ich freue mich sehr, dass wir mit dem Wahlpflichtkurs Digitalisierung in der Veterinärmedizin als erste Veterinärmedizinische Bildungseinrichtung in Deutschland dieses Fach in das Curriculum integriert haben.
Vielen Dank Prof. Seeger für diese Einblicke!
Aktuelle Nachrichten zur Digitalisierung der Veterinärmedizin finden sich gesammelt unter diesem Fokusthema.
Einen Artikel zum Wahlpflichtkurs Digitalisierung erscheint auch im Veti-Kalender 2021/22.
„Die Akzeptanz und Hilfsbereitschaft sind sehr hoch“
19.05.2021
Seit Mitte April gibt es am Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin (FU) ein eigenes Testzentrum für Studierende und MitarbeiterInnen. Vetion.de hat mit Forschungsdekan und Epidemiologe Prof. Uwe Rösler gesprochen, der als Leiter des Instituts für Tier- und Umwelthygiene am Fachbereich maßgeblich an der Einrichtung des Testzentrums beteiligt war.
Vetion.de: Wie funktioniert so ein eigenes Testzentrum?
Rösler: Am Testzentrum in der umfunktionierten Mensa haben
alle MitarbeiterInnen und Studierenden die Möglichkeit, sich zweimal pro Woche
kostenlos im Rahmen eines assistierten Selbsttests testen zu lassen. Termine können
unkompliziert über ein Online-Buchungssystem gemacht werden. Die Auswertung
erfolgt durch geschultes Personal. Am Ende gibt es eine offizielle
Bescheinigung. Bei positiven Nachweisen erfolgt eine interne,
datenschutzkonforme Erfassung und die oder der Betroffene muss sich einem PCR-Test
unterziehen. Davon gab es bisher aber nur zwei.
Ist das Testzentrum ein Unikat an der Universität?
Es gibt an der FU nur zwei Fachbereiche, die Präsenzveranstaltungen durchführen, weil es für die Lehre essenziell ist. Nur diese haben ein eigenes Testzentrum. Alle anderen Einrichtungen stellen an ihren Instituten Tests für die MitarbeiterInnen zur Verfügung. Damit sind wir neben dem Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie, der einzige Fachbereich, der ein eigenes Testzentrum betreibt. Das ist eine Besonderheit, auch verglichen mit den anderen veterinärmedizinischen Fakultäten in Deutschland.
Gibt es eine Testpflicht für Studierende?
Als wir mit dem offenen Testzentrum für Studierende und
MitarbeiterInnen am 15.4.21 begonnen haben, gab es noch keine Testpflicht für
Studierende. Wir haben aber allen Studis klar kommuniziert, dass sich die
MitarbeiterInnen in der Lehre einem erhöhten Risiko aussetzen und wenn der
Anteil der Nicht-getesteten zu hoch ist, wir die MitarbeiterInnen nicht mehr
zur Durchführung einer Lehrveranstaltung verpflichten können; dass dann der
Anteil der Präsenzveranstaltungen abnimmt. Eine Statistik darüber, wer sich
wann testen lässt, führen wir nicht, aber wir sehen auch jetzt viele
Studierende regelmäßig, gehen also davon aus, dass sich alle vor einer
Präsenzveranstaltung testen lassen.
Welche Vorteile bietet ein Testzentrum für die Lehre?
Der Anteil an Präsenzveranstaltungen wird bei uns so
hochgehalten, auch dank des anhaltend starken Einsatzes unseres Lehrdekans,
Prof. Jörg Aschenbach, für die Wichtigkeit der Hands-On-Lehre im
Tiermedizinstudium. Um Ostern herum war mit einer zentralen Teststrategie am
Fachbereich so bereits die praktische Propädeutikausbildung möglich. Da haben
wir alle Studierenden des fünften Semesters täglich über zwei Wochen getestet.
Das System wurde damit erprobt und hat gut funktioniert. In diesem Semester
laufen vor Ort die klinische Rotation, die Parasitologiekurse, die klinische
Labordiagnostik, die Kurse für Mikrobiologie und Lebensmittelhygiene.
Natürlich erlischt mit einem Schnelltest nicht das Risiko
einer Übertragung, aber die Sicherheit ist höher. Das ist wichtig, um den
Studierenden die Angst vor und nach einer Präsenzveranstaltung zu nehmen. Und
natürlich werden damit Infektketten unterbrochen. Alle Hygienemaßnahmen, wie Abstand
und Maske gelten weiterhin.
Die Einrichtung eines Testzentrums war damit vorausschauend,
da nun (ab 1. Mai, Anm. d. Red.) mit der Aktualisierung
der SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung nur dann
Präsenzveranstaltungen möglich sind, wenn ein negativer Corona-Test vorliegt,
der nicht älter als 24 Stunden ist. Dafür würde die Möglichkeit, sich von
staatlicher Seite aus einmal pro Woche kostenlos in einer öffentlichen
Einrichtung in Berlin testen zu lassen, nicht mehr ausreichen. So ist es für
alle Beteiligten strukturierter und einfacher.
Wie wird das Testzentrum finanziell und personell
gestemmt?
Die Finanzierung der Tests übernimmt das FU-Präsidium, weil wir eine exponierte Stellung haben. Wir testen täglich etwa 120-150 Personen. Die Akzeptanz und Hilfsbereitschaft sind sehr hoch.
Für das Testzentrum haben sich in den Kliniken und Instituten schnell über 40 MitarbeiterInnen gefunden, die die Schichten von jeweils etwa drei Stunden am Vormittag und Nachmittag freiwillig abdecken. Das ist natürlich unbezahlbar. Im vergangenen Jahr haben bereits alle am Fachbereich Großes geleistet.
Wie lang wird es das Testzentrum noch geben?
Wir hoffen, dass wir das Testzentrum insgesamt aber nur noch wenige Wochen aufrechterhalten müssen. Im Sommer werden wir uns noch mit einer Teststrategie beschäftigen müssen. Dann werden die Impfungen ihre Wirkung entfalten und wir können hoffentlich zur Normalität zurückkehren.
Pilot-Testzentrum im Vet Progressum am Berliner Tiermedizincampus (c) Rösler
Hier wurden alle Studenten des fünften Fachsemesters über eine Woche täglich getestet, um die praktische Propädeutik-Lehre am Tier zu ermöglichen. Mittlerweile hat sich ein täglich geöffnetes Selbst-Testzentrum für alle Veti-Studierenden und MitarbeiterInnen in der Mensa am Campus etabliert. (c) Rösler
Das Interview führte Sophia Neukirchner Transparenzhinweis: Die Autorin ist zum Zeitpunkt der Erscheinung des Interviews Mitarbeiterin an der Tierklinik für Fortpflanzung der Veterinärmedizinischen Fakultät Berlin
Digital bietet auch Vorteile – Vetion.de im Interview mit Dr. Carolin Kretzschmar, Fortbildungsreferentin der bpt Akademie
19.04.2021
bpt-INTENSIV Kleintier DIGITAL „Die Wunde“
29. April bis 2. Mai 2021
Vetion.de:Liebe Frau Kretzschmar, die diesjährige Fortbildung bpt-INTENSIV Kleintier findet ja nicht im angestammten Bielefeld, sondern komplett im Internet statt. Müssen die Tagungsbesucher nun also entsprechend den ganzen Tag vor dem Rechner sitzen statt im Vortragssaal?
Kretzschmar: Auf gar keinen Fall, das will doch niemand! Deshalb haben wir den klassischen Präsenz-Ablauf in bildschirmverträgliche Lerneinheiten umgebaut. Und die sind so terminiert, dass die Teilnehmer sie zeitlich ganz flexibel sogar neben der weiterlaufenden Praxis besuchen können. Live-Webinare finden jeden Tag vornehmlich mittags und abends statt und werden zusätzlich aufgezeichnet. Wer live teilnimmt, kann per Teilnehmer-Chat seine Fragen an die Referenten richten – ganz anonym, und ohne in einem Saal voller Kollegen an ein Mikro treten zu müssen. Voraufgezeichnete Falldarstellungen stehen rund um die Uhr zum Abruf bereit – wann immer man will, und so oft man will. Der vertiefende Seminarverbund, an dem in Bielefeld aus Platzgründen nur ein Teil der Tagungsbesucher teilnehmen kann, steht in diesem Jahr allen Teilnehmern offen. Ein weiterer Vorteil des Digitalformates ist, dass die Tagungsbesucher noch bis zum 16. Mai auf alle Inhalte zugreifen können.
Was
ist der inhaltliche Schwerpunkt in diesem Jahr?
Kretzschmar: Auch digital bietet die bpt-INTENSIV die Gelegenheit, um sich zu einem speziellen Thema von A bis Z auf den aktuellen Stand zu bringen. Dieses Jahr steht die Wunde im Fokus – ein Thema, an dem im Praxisalltag niemand vorbeikommt. 20 praxisnahe ATF-Stunden rund ums Wundmanagement bietet das Programm. Bissverletzungen, Wundheilungsstörungen, lokale Antiseptika inkl. Kaltplasma, Für und Wider der Antibiose in der Wundbehandlung, Wundauflagen, Vakuumtherapie, Wundverschlusstechniken und die Rekonstruktion großer Hautdefekte sind nur einige der Themen. Namhafte Experten werden referieren, darunter Frau Prof. Andrea Meyer-Lindenberg von der LMU München, mit der wir das Programm gemeinsam geplant haben, und PD Dr. Mirja Nolff von der Uni Zürich, Autorin des Fachbuches „Modernes Wundmanagement“.
Das
Praxisführungsprogramm geht den Ursachen für die immens großen Nachfolgeprobleme
in Tierarztpraxen nach und zeigt Lösungsansätze auf. Und für alle, die ihre
Niederlassung planen, gibt es einen „Crashkurs Existenzgründung“. Auch
an das Praxisteam ist gedacht: TFA-Fortbildungen widmen sich der Wunde
und – speziell für leitende TFA – dem Thema Personal.
Bietet
die Tagung über die reine Fortbildung hinaus noch etwas?
Kretzschmar: Durchaus! Für den bpt als Praktikerverband hat die Berufspolitik zentrale Bedeutung – auch auf den digitalen Tagungen. Gleich an zwei Abenden gibt es topaktuelle berufspolitische Themen live aus dem bpt-Studio. Am 29. April ist Gelegenheit, aus erster Hand Informationen über den aktuellen Stand des Gesetzgebungsverfahren für das nationale Tierarzneimittelgesetz zu erhalten und über die konkreten Auswirkungen für die tierärztliche Praxis zu diskutieren. Am 30. April steht das Thema GOT-Überarbeitung auf der Agenda mit Informationen über die bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Eckpunkte des vom BMEL in Auftrag gegebenen Gutachtens und über das geplante weitere Vorgehen. Los geht es jeweils um 20 Uhr.
Und
wir freuen uns sehr, wie viele Ausstellerfirmen uns in die digitale Welt begleiten,
so dass es auf der Tagung auch eine bpt-Fachmesse DIGITAL geben wird.
Auf drei Messehallen verteilen sich die virtuellen Stände. Dort und an der Messewand
können sich die Besucher ab dem ersten Kongresstag bis zum 16. Mai rund um die
Uhr in aller Ruhe informieren und nach Messeangeboten Ausschau halten. Die Mitarbeiter
der Ausstellerfirmen sind beim Meet & Greet am 29. und 30. April, jeweils
von 12 bis 19 Uhr, live am Messestand erreichbar. Attraktive Preise gibt es auf
der Messe-Rallye zu gewinnen,
mitmachen lohnt sich. Auf den virtuellen Messebühnen
präsentieren die Aussteller Fachveranstaltungen und Produktinformationen.
Allein acht Live-Webinare gibt es am 29. April. Auch hier gilt: Die
Aufzeichnungen bleiben bis zum 16. Mai verfügbar.
Zu einer gelungenen digitalen Transformation gehört auch der Austausch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer untereinander. Bietet die bpt-INTENSIV diese Möglichkeit?
Kretzschmar: Stimmt, online-Tagungen sind manchmal eine recht einsame Angelegenheit. Die bpt-INTENSIV macht es aber tatsächlich möglich, sich – fast wie im wirklichen Leben – zwischen den Fortbildungen mal auf einen Schwatz zu treffen: im bpt-Café, das sich schon beim digitalen bpt-Kongress letzten Herbst sehr schnell vom Geheimtipp zum Renner entwickelt hat. Das bpt-Café ist rund um die Uhr geöffnet. Einem entspannten Video-Chat im Kollegenkreis steht also nichts im Wege.
Liebe Frau Kretzschmar, wir finden, das hört sich alles nach einem weiteren gelungenen digitalen Kongressformat an und drücken Ihnen die Daumen für ein gutes Gelingen.
_______________________________________________
All-In-Ticket,
Anmeldung und Infos:
Ein
Ticket für alle Leistungen gibt es jeweils für Tierärzte und TFA.
Preise,
Anmeldung, detailliertes Programm und alle weiteren Infos zur Tagung inkl.
Modus zum Erhalt der ATF-Stunden sowie einer Sammlung von FAQ finden Sie unter
Interview mit Professor Dr. Holger Volk zu den Einsatzmöglichkeiten von Corona Spürhunden
01.03.2021
Bereits im Sommer vergangenen Jahres veröffentlichten Forschende aus der Klinik für Kleintiere und des Research Center for Emerging Infections and Zoonoses der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) als Erste eine Studie, in der sie zeigten, dass trainierte Spürhunde in der Lage sind, anhand von Speichelproben Infektionen mit SARS-CoV-2 beim Menschen zu identifizieren. Das Erstaunliche: Die Ausbildung motivierter Hunde dauert lediglich rund eine Woche, wobei die mittlere Detektionsrate bei 94 Prozent liegt, mit einer Sensitivität von 83% und einer Spezifität von 96% (Jendrny et al. 2020).
Was das für
die Praxis der Pandemie-Bekämpfung und die Rückkehr zur Normalität bedeutet und
wie solche Hunde eingesetzt werden können bzw. in anderen Ländern bereits
werden, verrät Prof. Dr. Holger Volk, Leiter der Klinik für Kleintiere der TiHo
Hannover, Vetion.de in einem Interview.
Vetion.de
Prof. Volk, die Ergebnisse Ihrer Studie sind ja sehr vielversprechend. Hohe
Trefferquote bei kurzer Ausbildungszeit und dazu noch einfach im Handling,
nachhaltig und umweltfreundlich, ohne anfallenden Plastikmüll oder dem Risiko
falsch negativer Ergebnisse aufgrund einer fehlerhaften Probennahme. Und das
alles anhand einer unaufwendigen Speichelprobe. Das könnte man Win-Win auf der
ganzen Linie nennen.
Gehen wir recht
in der Annahme, dass Sie und die beteiligten Organisationen sich vor Nachfragen
nach diesen Hunden oder der Anfrage für eine Ausbildung von Hunden kaum retten
können?
Volk In der Tat ist die Anfrage von Hundehaltern, ihre Tiere zu einem Corona-Spürhund ausbilden zu lassen, recht groß. Allerdings ist das so einfach auch nicht, da für die Ausbildung der Tiere ja nicht nur ein Schnüffelkasten benötigt wird, sondern auch inaktivierte Proben von Sars-CoV-2-positiven Personen. Gleichzeitig geht die Nachfrage von Seiten des Gesundheitsministeriums oder anderer öffentlich zuständiger Stellen nahezu gen Null. Die Zuständigen in Deutschland setzen scheinbar lieber auf konventionelle Labor- oder Schnelltests. Das Zutrauen in die Fähigkeiten von Hunden sind in Deutschland bislang nicht sehr ausgeprägt, obgleich auch andere ähnliche Studien die gleichen positiven Ergebnisse offenbart haben. Das ist in anderen Ländern wie Großbritannien, Finnland, Vereinigte Emirate und den USA anders. Hier wurden solche Hunde sogar beim letzten Super Bowl eingesetzt.
Vetion.de: Was genau riechen die Hunde bei Sars-CoV-2-infizierten Personen und ab welchem Infektionstag etwa?
Volk: Wir gehen davon aus, dass die Viren bereits vor ihrer Replikation die Stoffwechselprozesse der befallenen Zellen verändern. Dies ist es, was die Hunde riechen können. Zumindest zeigen Untersuchungen aus Finnland, dass die Hunde infizierte Personen bereits vor dem Auftreten klinischer Symptome identifizieren können. Da die Stoffwechselprozesse aber auch während der Phase der Virusausscheidung verändert sind, können die Hunde auch virämische Personen erkennen.
Vetion.de: Was bedeutet das jetzt für die Praxis, also im Sinne der Pandemie-Bekämpfung und einer Rückkehr zur Normalität?
Volk: Meiner Meinung nach, könnten bereits ausgebildete Spürhunde, ob Drogen-, Sprengstoff- oder Zollhunde, binnen sehr kurzer Zeit zu einem Corona-Spürhund ausgebildet und bei der Identifikation von Sars-CoV-2 infizierten Personen eingesetzt werden. Ich denke da an Urlaubsrückkehrer auf Flug- und Bahnhöfen, kleinere bis mittlere Veranstaltungen oder an Altersheime. Aber sicher sind noch viel mehr sinnvolle Szenarien denkbar, in denen die Hunde erfolgreich eingesetzt werden könnten.
Vetion.de: Mir würden da spontan Messen, Einkaufzentren, Restaurants, Fußgängerzonen, Theater, Kinos, Universitäten und große Betriebe einfallen.
Wie müsste
man denn vorgehen, wenn man sich für den Einsatz von solchen Hunden interessiert?
An wen müsste ich mich bzgl. der Genehmigung dieses Corona-Sicherheitskonzeptes
wenden und woher bekomme ich solche Hunde?
Volk: Nun, hier bin ich sicherlich kein Experte, aber ich würde mich an das zuständige Gesundheitsamt wenden und das mit den Zuständigen dort besprechen. Unserer Erfahrung nach sind viele Ämter für erfolgversprechende, zielführende Ideen aufgeschlossen und dankbar. Wenn ich einen solchen Hund einsetzen wollen würde, würde ich mich an eine private Einrichtung wenden, die nach Sprengstoff oder Bomben suchen. In jedem Fall müsste die Ausbildung von motivierten Hunden, die Spaß haben an der Arbeit, professionell erfolgen und auch zertifiziert sein. Es müsste jedoch auch noch das Problem gelöst werden, dass man für die Ausbildung positive, aber inaktivierte Proben benötigt. Dies ist in meinen Augen vor allem eine logistische Aufgabe. Zudem muss für eine erfolgreiche Arbeit der Hunde auch sichergestellt werden, dass die Tiere immer mal wieder ein Erfolgserlebnis haben im Sinne einer positiven Probe. Wenn die Suche immer nur negativ verläuft, zeigt das zwar, dass die Corona-Bekämpfungsmaßnahmen Früchte tragen, es frustriert aber die Hunde.
Vetion.de: Lieber Herr Volk, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und hoffen auf mehr Offenheit von Seiten der Politik für neue Ansätze, insbesondere, wenn sie so vielversprechend sind.
Jendrny, P., Schulz, C., Twele, F. et al. Scent dog identification of samples from COVID-19 patients – a pilot study. BMC Infect Dis20, 536 (2020). https://doi.org/10.1186/s12879-020-05281-3
Dr. Mario Stein ist Referatsleiter des Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramtes im Erzgebirgskreis. Sein Landkreis ist deutschlandweit die am viertstärksten von der Corona-Pandemie betroffene Region. Aber nicht nur mit hohen Corona-Inzidenzwerten machte Sachsen in den letzten Wochen des Jahres Schlagzeilen: Neben Brandenburg, wo die ersten Fälle der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen im September dieses Jahres auftraten, ist der Freistaat (Kreis Görlitz) das einzige weitere deutsche Bundesland, in dem bisher ASP-positive Tiere gefunden wurden. Steins Amt in Aue im Erzgebirge war Vorreiter bei der Ausrichtung von Tierseuchenübungen zur Afrikanischen Schweinepest in Sachsen. Im Interview mit Sophia Neukirchner spricht er über die seuchenbedingte Doppelbelastung für sein Referat und wie ein gestiegenes Hygienebewusstsein in der Gesellschaft im Zuge der Pandemie auch für die Tierseuchenbekämpfung von Vorteil sein kann.
Vetion.de: Was hält Ihr Amt gerade mehr in Atem – Corona oder die Afrikanische Schweinepest?
Dr. Mario Stein: Da wir primär für die Tierseuchenbekämpfung verantwortlich sind, beschäftigt uns natürlich vordergründig die Bedrohungslage durch die Afrikanischen Schweinepest. Hinzu kommt nun auch in Sachsen die Geflügelpest – bisher zum Glück nur als Einzelnachweis bei Wildgeflügel. Corona wirkt in diesem Zusammenhang erschwerend. Der Lockdown betrifft uns weniger: „Das Amt ruht nie.“
Inwiefern erschwert die Corona-Pandemie die Arbeit Ihres
Referats im Bereich Tierschutz und Tierseuchen?
Zum einen ist da die ständige Bedrohung, dass Mitarbeiter durch Quarantäne-Maßnahmen ausfallen – glücklicherweise ist das bisher noch nicht passiert. Wenn das aber geschehen würde, wäre es schon ein Problem, da es nicht möglich ist, unter permanenten Personalreserven zu arbeiten. Zudem unterstützen wir von Anfang an die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie: personell bei der Kontaktnachverfolgung im Gesundheitsamt – besonders im Moment ist da in Sachsen natürlich viel zu tun; aber unsere Mitarbeiter übernehmen auch Aufgaben aus diesem Bereich direkt. Im Zuge der Überwachung von Lebensmittelbetrieben kontrollieren wir beispielsweise auch die Einhaltung von Hygienemaßnahmen.
Andersrum setzten wir unsere Mitarbeiter – trotz
Schutzkleidung – auch potentiellen Risiken aus, etwa bei der Kontrolle von
Krankenhausküchen. Die Pandemie ist eine mentale Belastung. Aber natürlich
nicht nur für uns, sondern für alle in der Gesellschaft. Das merken unsere
Mitarbeiter in ihren Außendiensttätigkeiten: Die Leute, die wir besuchen, sind
durch Corona ohnehin schon belastet und durch unsere Kontrollen im Bereich
Lebensmittel und Tierschutz, die wir natürlich trotz Pandemie durchführen
müssen, zusätzlich genervt. Dann kommt es auch schon mal vor, dass unsere
Mitarbeiter mit der Anweisung konfrontiert werden, dass Fremdpersonal ohne
negativen Corona-Test nicht aufs Betriebsgelände gelassen werden darf.
Inwiefern solche Aussagen gerechtfertigt sind oder teilweise zur Abwendung von
Kontrollen missbraucht werden, lässt sich schlecht beurteilen. Das ist ein
Konfliktpunkt.
Welche neuen Aufgaben sind hinzugekommen?
Insbesondere im Lockdown besteht eine hohe Verunsicherung in
der Bevölkerung, was noch erlaubt ist und was nicht. Die Versorgung der Tiere
muss natürlich weiterhin gewährleistet sein. Die Tierarztpraxen haben weiter geöffnet.
Aber da hört es ja nicht auf. Uns erreichen auch Fragen von
landwirtschaftlichen Betrieben oder vor wenigen Minuten von jemandem, der
wissen wollte, ob denn jetzt der Hufschmied noch kommen darf. Solche Fragen gab
es vorher nicht.
Nun gibt es im Erzgebirgskreis nur wenige schweinehaltende Betriebe (4 größere, insg. etwa 9.500 Tiere, Anm. d. Red.)und noch keinen ASP-Fall. Dennoch waren und sind Maßnahmen gegen die Afrikanische Schweinepest schon länger ein großes Thema: Im August 2018 führte Ihr Referat die erste große Tierseuchenübung zu diesem Thema in Sachsen durch. Erkenntnisse daraus konnten über Vorträge im Nachgang auch in die Arbeit im Landkreis Görlitz einfließen. Was läuft Ihrer Meinung nach gut im Kampf gegen die ASP und was nicht?
Der mobile Elektrozaun an der Grenze zu Polen hat sich zu Beginn in jedem Fall bewährt. Fast alle positiven Wildschweine fanden sich im gefährdeten Gebiet entlang der Neiße östlich des Zaunes. Die zwei positiven Proben westlich davon stammten von Wildschweinteilen, die Prädatoren verschleppt haben. Darüber, dass nun ein fester Zaun entlang der sächsisch-polnischen Grenze gebaut wird, bin ich froh und auch darüber, dass dort das Technische Hilfswerk (THW) aus unserem Landkreis mitwirkt und Erfahrungen sammeln kann. Diese Maßnahme ist weit vorangeschritten und kurz vor der Vollendung. Der Fokus auf diverse Zäune an der Grenze zu Polen hätte meines Erachtens jedoch ruhig schon früher beginnen können. Bereits 2017 war die Bedrohungslage aus Tschechien schließlich bekannt, bevor der Druck aus Polen so groß wurde. 2018 war das für uns der Anlass, eine groß angelegte Tierseuchenübung durchzuführen, in der wir alle Maßnahmen schon anwandten. Erst 2019 gab es dann eine zentrale Übung in Sachsen. Tschechien hat es mit einer konsequenten Seuchenbekämpfungsstrategie, welche die Einzäunung und eine vollständige Eradikation des Wildschweinbestandes unter Einsatz aller verfügbaren Kräfte beinhaltete, vorgemacht. Inwiefern so eine umfassende Zusammenarbeit in Deutschland gelingt, ist die Frage.
Worauf setzen Sie im Erzgebirgskreis bei der Verhinderung
eines Eintrages der ASP?
Laut geltender Allgemeinverfügung an die Jäger in Sachsen muss jedes sogenannte Stück „FUK“-Wild (Fall-, Unfallwild oder krank erlegtes Wild, Anm. d. Red.) beprobt werden – mindestens durch einen Bluttupfer (Prämie 30 Euro). Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, gegen eine Prämie von 10 Euro, auch gesund geschossenes Wild beproben zu lassen. Wichtig ist die schnelle Entfernung von FUK-Wild vom Fundort und die gesonderte Beseitigung (Prämie 30 Euro). Dafür stehen extra Tonnen auf dem Gelände der Straßenmeistereien. Diese werden von der Tierkörperbeseitigungsanlage mit separaten Fahrzeugen angefahren, sodass eine Verschleppung zwischen den Betrieben im Rahmen der Routinefahrten ausgeschlossen ist.
Die Hausschweinehalter haben wir alle über die Berufsverbände und während unserer Vor-Ort-Kontrollen sensibilisiert. Das Problem sind hier eher die Kleinstbestände mit nur sehr wenigen Tieren. Grundsätzlich haben wir seit dem ASP-Ausbruch in Tschechien die Freilandhaltung von Schweinen im Landkreis verboten. Ein Auslauf ist genehmigungspflichtig und muss mit einem doppelten Zaun gesichert sein. Dennoch fallen ab und an noch zufällig kleinere Freilandhaltungen auf, die wir dann entsprechend regulieren müssen.
Haben Sie das Gefühl, dass im Zuge der Pandemieerfahrung
auch das Bewusstsein für die Prävention von Tierseuchen in der Bevölkerung
gestiegen ist?
Ja, den Eindruck habe ich schon. Zumindest ist seit dem Frühjahr der Begriff der Hygiene im Alltag angekommen. Das ist grundsätzlich begrüßenswert. Sich einmal mehr die Hände zu waschen, kann schließlich auch für die Tierseuchenprävention von Vorteil sein.
Einen E-Learning-Kurs zur Afrikanischen Schweinepest (1 ATF-Stunde) in Kopperation mit dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) finden Sie bei MyVetlearn.de
Im August 2018 fand im Landkreis Erzgebirge (Sachsen) eine Tierseuchenübung zur Vorbereitung auf die Afrikanische Schweinepest statt. Organisiert wurde sie von dem Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt Aue/Erz, unterstützt von u.a. der örtlichen Jägerschaft, dem THW und dem Insitut für Tierhygiene und Öffentliches Veterinärwesen der Universität Leipzig (Prof. Truyen und Prof. Pfeffer). Einige Eindrücke der Lagebesprechung, des mobilen Einsatzstabes, Probennahme, Bergung des Kadavers, Desinfektion des Wildschweinfundortes, Aufbaue eines mobilen Elektro- und Duftzaunes, Fallwildsuche mit Suchhunden und Drohneneinsatz sehen Sie hier:
Ansgar Busch ist neuer Vorsitzender der Allgäuer Tierärztlichen Gesellschaft
02.12.2020
Tierarzt Ansgar Busch gehört seit über 12 Jahren zum
Technical Service der Firma Zoetis Deutschland GmbH. Er lebt und arbeitet im
Raum Memmingen im Allgäu. Seit dem Januar 2020 ist er nun auch Vorsitzender der
Allgäuer Tierärztlichen Gesellschaft.
Vetion.de hat ein kurzes Interview mit Ansgar Busch über
seine Idee, Visionen, Pläne und neuen Herausforderungen geführt.
Wie sind Sie an Ihre neue Position gekommen und für wie lange haben Sie den Vorsitz nun mindestens inne?
Man könnte jetzt Spaßes halber sagen, ich bin zufällig gestanden! Nein, ich bin im Vorfeld gefragt worden, wohne in Memmingen und bin in ein Team von Kollegen/-innen gekommen, die das schon seit längerer Zeit machen. Ich musste das natürlich auch vorher noch mit meinem Arbeitgeber abklären, da ein wenig von ehrenamtlicher Arbeit auch immer mit in die Arbeitszeit fällt, aber in meinem Falle natürlich auch umgekehrt. Aber nun werde ich für voraussichtlich mindestens 3 Jahre dieses Amt bekleiden.
Was haben Sie sich für Ihre Zeit als Vorsitzender vorgenommen, was wollen sie verändern, was planen Sie?
Ich werde die bereits schon vorher gute Arbeit fortsetzen. Außerdem werde ich versuchen, eine Mitgliedschaft noch attraktiver zu machen und das Interesse, festes Mitglied der Allgäuer Tierärztlichen Gesellschaft zu werden, zu fördern. Eines meiner Ziele ist es, einen Mehrwert der Mitgliedschaft zu schaffen (z.B. Seminare exklusiv bzw. vergünstigt) . Hier sind Ideen übrigens immer willkommen!
Welches sind die größten Hindernisse, auf diese Sie aktuell stoßen?
Ganz klar, das nicht Durchführen können von Präsenzveranstaltungen. Man hat dabei eine ganz andere Dynamik.
Aber: durch Online-Seminare haben mehr Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit teilzunehmen, wenn sie sich „trauen“. Gerade für ältere Kollegen ist es immer noch eine gewisse Überwindung, sich mit dem „Computerkram“ zu beschäftigen. Bei der letzten Veranstaltung hat z.B. ein 83-jähriger Kollege teilgenommen, der im Vorfeld so seine Zweifel hatte. Wenn die Gegebenheiten es zulassen, würde ich gerne nach der Coronapandemie eine Mischung aus Präsenz- und Online-Veranstaltung durchführen bzw. ich würde die Präsenzveranstaltung dann gerne gleichzeitig online streamen.
Warum würden Sie Kolleginnen und Kollegen raten, Mitglied zu werden?
Allein schon wegen der Präsenzveranstaltungen. Das ist ein nettes und regelmäßiges Miteinander und wir planen normalerweise pro Jahr 10 Veranstaltungen. Das Programm ist abwechslungsreich und jeder darf sich selber gerne einbringen. Besonders wertvoll ist jedoch auch der kollegiale Austausch bei diesen Veranstaltungen, sowohl sozial-gesellschaftlich als auch aus tierärztlicher Sicht.
Wie sehen Sie die Entwicklung der Rinderpraxis in Deutschland, insbesondere in Hinblick auf den Nachwuchsmangel und das steigende Notdienstproblem?
Jetzt bin ich auch schon ca. 12 Jahre aus der Praxis raus. Bzgl. der Dienste der Assistenten und der Bezahlung hat sich in der Zeit, zumindest wo ich Einblick habe, schon einiges geändert. Ich z.B. habe mit einer 6 Tage Woche bei einer Bezahlung von 3000,- DM begonnen, war voll motiviert und hatte Spaß an der Arbeit in einem netten Arbeitsklima, abgelenkt von vielen neuen Eindrücken! Ich fand die Bezahlung damals aber auch nicht angemessen!
Dennoch sehe beide Seiten kritisch: Die Seite der „Chefs“, die haben leider häufig vergessen, wie sie sich selbst zu Ihrer Anfangszeit gefühlt und was sie über Ihre Bezahlung gedacht haben.
Auf der Anderen Seite herrscht heute von Seiten der Assistenten/ -innen ohne große Arbeitserfahrung ein ausgeprägtes und forderndes Anspruchsdenken hinsichtlich Arbeitszeit, Bezahlung und der Dienste.
Ich habe oft mit Kollegen/-innen gesprochen und war ehrlich gesagt erstaunt, was die „Anfänger“ fordern! Aber aktuell können sie sich in der Regel die Stelle aussuchen, da Nachwuchs an alle Ecken gesucht wird. Da sind Sie meiner Generation gegenüber klar im Vorteil.
Es ist nötig, dass Konzepte erarbeitet werden, die eine leistungsgerechte Bezahlung und ein vernünftiges Arbeitszeitmodell möglich machen, denn neben der Arbeit gibt es auch noch mindestens ein weiteres Leben!
Was würden Sie sich für die Rinderpraxis wünschen?
Viel motivierten Nachwuchs!
Vergleichbare tierärztliche Leistung mit vergleichbaren Kosten, damit die beratende Praxis nicht lange Strecken durch die Lande fahren muss und die kurativ betreuende Praxis nur die Fälle „nachbehandelt“, die der Landwirt nicht mit den vom beratenden Tierarzt da gelassenen Medikamenten in der Griff bekommt!
Außerdem bedarf es Beratungsverträge, die nicht nur auf dem Papier bestehen!
Und schließlich ist es ganz wichtig, die „schwarzen Schafe“, sowohl in der Tierärzteschaft als auch in der Landwirtschaft zu finden und strafrechtlich zu belangen, mit Sinn und Verstand! Hier steht für mich der Tierschutz an erster Stelle, auch und im Besonderen dem Verbraucher geschuldet.
Zudem sollten in den Überwachungsorganen Personen sitzen, die unbefangen sind und aus verschiedenen Gremien stammen, aber eben auch aus der buiatrischen Praxis, wenn es um Verstöße gegen Rinder bzw. auf Rinderbetrieben geht.
Herr Busch, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei Ihrer Arbeit!
bpt- Kongress Digital 2020 übertrifft alle Erwartungen
01.12.2020
Der erste
veterinärmedizinische Digitalkongress ist nach einer Woche am 25. November 2020
als großer Erfolg zu Ende gegangen. Der Veranstalter, der Bundesverband
praktizierender Tierärzte (bpt), durfte sich über mehr als 3.000
TeilnehmerInnen freuen. „Mit insgesamt 3.070 Teilnehmerinnen und Teilnehmern
war unser Digitalkongress nicht nur eine gelungene Premiere in der virtuellen
Welt, sondern auch der erfolgreichste Kongress in der 100-jährigen
bpt-Geschichte mit durchweg positiver Resonanz“, erklärt bpt-Präsident Dr.
Siegfried Moder. Neben dem klassischen Fortbildungs- und Informationsangebot
für Praktiker standen in diesem Jahr mehr denn je die aktuellen
berufspolitischen Herausforderungen im Mittelpunkt. Hier ging es neben den
Auswirkungen der Coronakrise auf die Tierarztpraxen um die Themen
Fachkräftemangel in der Tierarztpraxis, die tierärztliche Gebührenordnung
(GOT), den Sinn und Unsinn bzw. die Vor- und Nachteile eines Tarifvertrages für
angestellte TierärztInnen und die aktuellen Tierseuchengeschehen – hier ist die
Afrikanische Schweinepest (ASP) sowie die Geflügelpest zu nennen.
Ein weiterer
Baustein des diesjährigen bpt-Kongresses war der Live Career Day mit einer
Fülle von Vorträgen und Diskussionsrunden rund um den tierärztlichen
Arbeitsmarkt und den Einstieg ins Berufsleben.
Der
Digital-Kongress, der auf einer virtuellen Messeplattform stattfand, war eine
Mischung aus Live-Vorträgen in den verschiedenen Veranstaltungssälen und
bereits vorher erstellten Vortragsaufzeichnungen. Aber auch die Live Sessions
wurden aufgezeichnet. Alle Vorträge/Beiträge stehen den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern auf der Messeplattform noch bis zum 9. Dezember 2020 zur Verfügung.
„Ich freue
mich natürlich riesig über den Erfolg. Erfolgreich sein ist aber auch nicht immer
einfach, denn jetzt stehen wir vor der Überlegung, wie es künftig weitergehen
soll: Kongresse – wie gehabt – als Präsenzveranstaltung, im rein digitalen
Format oder Hybride”, fasst Moder den Erfolg zusammen.
Battle: Brauchen Tierarztpraxen /-kliniken einen Personalmanager?
TÄ Christian Protz versus Dr. Felix von Hardenberg
Protz: „Den emotionalen Charakter dieses Personalmanagements
möchte ich als Chef nicht abgeben… Ich sehe das eindeutig als Aufgabe des
Chefs.“
v. Hardenberg: „Ich denke, dass Tierarztpraxen ohne
jemanden, der bewusst und aktiv die Aufgaben eines Personalmanagers übernimmt, nicht zukunftsfähig sind.“
Battle: Brauchen wir einen Tarifvertrag?
Dr. Christian Wunderlich versus Dr. Bodo Kröll
Wunderlich: „Es gibt keine Branche, in der Not- und
Nachtdienste geleistet werden, die nicht einen Tarifvertrag haben.“
„Ich lehne Ausnahmeregelung von Arbeitszeitgesetzt ab, da
sie nicht im Sinne des Arbeitnehmers sind.“
Kröll: Ich gebe wirklich zu bedenken, dass wir bei den
ganzen Diskussionen um Arbeitszeitgesetz, Flexibilisierung, Notdienst, Kliniken
brechen uns reihenweise weg, wir mit einem Tarifvertrag noch schlechter
aufgestellt sind, als dass wir daraus einen Gewinn ziehen würden.“
Hubertus Keimer: Digitalsierung und Telemedizin in Zusammenarbeit mit dem Dessauer Zukunftskreis
Dr. Kai Kreling: Nachfolgeregelung
Abschlussveranstaltung mit Schwerpunkt Fachkräftemangel und Tarifvertrag
Virtueller Kongress: Auch Myvetlearn.de (Vetion.de/ATF) war vertreten
Vetion’s Geschäftsführer als Moderator auf dem bpt-Kongress Digital 2020
24.11.2020
Viele Kolleginnen und Kollegen kennen ihn bereits als Moderator der Webinare von MyVetlearn.de:
Dr. Jens Kluth von Vetion.de.
Nun war bzw. ist er auch als Moderator auf dem diesjährigen bpt-Kongress Digital 2020 tätig und zwar in ganz unterschiedlichen Sessions.
Dank der Videoaufzeichnung aller Live-Sessions können die Sessions auch anschließend nochbis zum 9. Dezember 2020 von den Kongressteilnehmern angesehen werden. Jens Kluth hat die folgenden moderiert:
Controlling in der Tierarztpraxis
Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des Geschlechtsapparates bei Vogelpatienten
Herzerkrankungen naturheilkundlich behandeln – was geht und was nicht?
EuroTier: Ausblick 2021 und Neuheitenwettbewerb 2020 – Trends in der Nutztierhaltung
Gerne übernimmt er auch für Ihre Veranstaltung die Moderation. Darüber hinaus bieten wir Ihnen auch die Realisierung Ihrer (Fortbildungs)-Veranstaltungen und Webinare an. Dabei nutzen wir das System Adobe Connect.
Bitte kontaktieren Sie uns, wenn Sie Fragen haben oder mit uns über eine Veranstaltungsplanung sprechen möchten:
Großer Preis des Mittelstands 2020: LABOKLIN als Preisträger ausgezeichnet
28.09.2020
Fast 400 Unternehmerinnen und
Unternehmer aus den Wettbewerbsregionen Baden-Württemberg, Bayern, Berlin/Brandenburg,
Hessen, Sachsen und Thüringen erlebten am Samstag, den 12.09.2020 im Würzburger
Hotel Maritim die Auszeichnungsgala der Oskar-Patzelt-Stiftung zum „Großen
Preis des Mittelstandes 2020“, der mittlerweile zum 26. Mal vergeben wurde. Das
diesjährige Wettbewerbsmotto lautete „Meilensteine setzen“. Auch wenn die Gala
in Zeiten der Corona-Pandemie diesmal etwas anders ablief, war es dank eines ausgeklügelten
Hygienekonzepts dennoch ein unvergesslicher Abend für die Anwesenden.
Dr. Helfried Schmidt und Petra
Tröger, Vorstände der Oskar-Patzelt-Stiftung, überreichten die begehrte
Preisträgerstatue an 14 Unternehmen der sechs Wettbewerbsregionen. Unter den
bayerischen Preisträgern befand sich erneut das 1989 gegründete veterinärmedizinische
Diagnostiklabor LABOKLIN mit Sitz in Bad Kissingen, dessen Geschäftsführerin
Dr. Elisabeth Müller sichtlich stolz den Preis für ihr Unternehmen entgegennahm.
Im Jahr zuvor hatte sie bereits die Auszeichnung als „Finalist“ mit nach Hause
nehmen dürfen.
„Ich freue mich riesig über diese
Anerkennung. Schließlich war es ein deutschlandweiter Wettbewerb, zu dem wir nominiert
wurden. Die beste Bestätigung für die eigene Arbeit ist natürlich
immer das Lob der Kunden. Aber der Preis ist eine Bestätigung besonders für
unsere Tätigkeiten in den Bereichen, die da unter die Lupe genommen wurden: das
war nicht nur Entwicklung des Labors und der Zahl der Mitarbeiter sondern eben
auch unserer Innovationsfähigkeit, die Fähigkeit uns auf Veränderungen
einzustellen, ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen mit Aus- und
Weiterbildungsmöglichkeiten und unser soziales Engagement in der Region“,
erklärte Elisabeth Müller.
Die Jury bewertete insbesondere
die Entwicklung und das Leben des beruflichen Miteinanders, die
Innovationsstärke und Wendigkeit im Markt, das Engagement und die Verbundenheit
mit der Region.
LABOKLIN investiert kontinuierlich
in die Aus- und Weiterbildung der Belegschaft. Im Fokus stehen sowohl fachliche
Qualifikationen als auch Inhalte zu Kommunikation, Konfliktbewältigung und
Führung. Im Zuge der Coronavirus-Pandemie wurden rasch Webinare eingeführt, an denen die Kunden und Angestellten auch
von zu Hause aus teilnehmen können. Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter
werden verfolgt und, soweit möglich, schnell in Zusammenarbeit mit dem
Vorschlagenden umgesetzt. Zudem profitiert die Belegschaft von kostenfreien Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen
nach eigener Wahl, betrieblicher Altersvorsorge, bedarfsgerechter und flexibler
Arbeitszeitanpassung, Sport im firmeninternen Fitnessraum, Yoga im Betrieb und
vielem mehr.
„Wissen, Weiterbildung und
Innovationen bleiben für mich entscheidende Faktoren, die uns als Unternehmen
erfolgreich vorangebracht haben und dabei mitwirken, dass wir unsere
hervorragende Position in der Branche behaupten und weiter ausbauen“, so
Elisabeth Müller. Eine hervorragend ausgebildete, motivierte Belegschaft, die Spaß
bei der Arbeit habe und auch in Ausnahmesituationen wie der Corona-Pandemie an
einem Strang ziehe, sei durch nichts zu ersetzen. Daher gelte der Dank für die
Auszeichnung in ganz besonderem Maße ihrer „Truppe“. „Wir versuchen, ultimative Dienstleistung zu leben“,
so Dr. Müller, das sei oft der entscheidende Unterschied zum Wettbewerb.
„Für die Zukunft sind natürlich noch so einige Pläne in der Schublade- auch einige, bei denen die Schublade schon aufgezogen ist. Durch die Herausforderungen im Rahmen der Pandemie haben wir unsere direkten Kontakte mit den Kollegen vermisst und mit den online Seminaren zu interessanten Fällen gute Alternativen geschaffen. Eine online Fragestunde für tiermedizinische Fachangestellte wurde ins Leben gerufen. Unser Hauttag wurde erstmalig komplett als Hybridveranstatlung durchgeführt: es gab Referenten vor Ort sowie online für Teilnehmer vor Ort wie auch online. Die positive Resonanz der Kollegen hat uns bestärkt, weiter neue Wege einzuschlagen.”
Obgleich der Große Preis des
Mittelstands nicht dotiert ist, stößt er auf eine anhaltend hohe Resonanz, da
er bei den Ausgezeichneten als Anerkennung und Bestätigung ihrer Leistungen
gilt. Diesmal setzten sich die Ausgezeichneten gegen mehr als 3.100 Mitbewerber
durch, die 2020 in den sechs Wettbewerbsregionen nominiert waren. Bundesweit
waren es fast 5.000 Nominierte (kleine und mittlere Unternehmen, Banken und
Kommunen), 533 davon erreichten die Juryliste. Interessant ist, dass es sich
dabei nicht nur um Newcomer handelt, sondern auch um alteingesessene
Unternehmen, die schon so manche Krise erfolgreich gemeistert haben.
LABOKLIN, mit Sitz in Bad Kissingen, ist ein europaweit tätiges, akkreditiertes
Fachlabor für veterinärmedizinische Diagnostik und beschäftigt mittlerweile
über 400 Mitarbeiter. Seit mehr
als 30 Jahren steht das Labor Tierarztpraxen und -kliniken aber auch verschiedenen
Forschungseinrichtungen als verlässlicher Partner zur Seite und hat sich
in diesem Bereich zu einem der führenden Dienstleister etabliert. Die
Leistungsqualität wird durch regelmäßige interne und externe Kontrollen
erhalten. Dank regem Austausch mit diversen Forschungseinrichtungen profitieren
Kunden von einem hochaktuellen Angebot. Das Spektrum reicht hierbei von Untersuchungen
aus dem Bereich der Mikrobiologie, der klinischen Labordiagnostik und der
Allergie, bis hin zur Pathologie und Genetik.
Interview mit Prof. Jörg Aschenbach zur digitalen Lehre
06.05.2020
Prof. Jörg Aschenbach, Prodekan für Lehre an der Veterinärmedizinischen Fakultät Berlin über den Start ins Digitale Semester
Interview mit Prof. Jörg Aschenbach, Prodekan für Lehre an der Veterinärmedizinischen Fakultät Berlin, der erzählt, wie die ersten Tage im digitalen Semester angelaufen sind.
Vetion.de: Wie liefen die ersten Tage des digitalen Semesters an?
Prof. Dr. Jörg Aschenbach: Die erste Woche ist sehr gut angelaufen. Sowohl von den Studierenden, etwa über die Semestersprecher, als auch den Dozierenden habe ich viel positive Rückmeldung erhalten. Sowohl kleine, als auch die großen Formate kamen zur Anwendung. Beispielsweise hatten sich zur Einführungsveranstaltung des vierten Semesters 178 Studierenden gleichzeitig auf unserer Plattform WebEx zugeschaltet, ohne dass es zu Problemen kam. Bei diesen Zahlen kann man natürlich nicht mehr auf jeden Einzelnen achten, aber das kann man im Hörsaal auch nicht.
In der Lehrplanung haben wir keine Veranstaltungen weggelassen, sondern alles auf online umgestellt. Das klappte und klappt weitestgehend sehr gut. Immerhin hatten wir mit digitaler Lehre auch schon vorher einige Erfahrung, etwa im Projekt Quervet oder Blended-Learning-Einheiten zur Betriebswirtschaft.
Aber natürlich bin ich nicht glücklich, dass es auf zurzeit keine praktische Lehre mehr gibt.
Vorlesungen sind sicher gut online umzusetzen, wie sieht es aber mit Übungen aus?
Physiologieübungen per Videokonferenz mit Testat, aber ohne EKG-Anlegen, virtuellen Ersatz für klinische Lehre, Spenden für Studenten und jeden Tag ein Lächeln
Gerade bin ich in der Betreuung einer Physiologie-Übung mit Webex. Die findet im Prinzip fast genauso wie vor Ort statt. Selbst Testate kann man im Webex umsetzen. Bei dieser konkreten Lehreinheit war die Umstellung auf online unproblematisch, da es ohnehin um eine Computersimulation geht. Die Studierenden haben sich das Simulationsprogramm auf den heimischen Rechner geladen und können die Versuche ohne Einschränkungen durchführen. Bei anderen Übungen ist das teilweise etwas schwieriger. Normalerweise hätten wir das EKG-Anlegen und andere Handgriffe am Hund geübt. Das geht jetzt natürlich nicht.
Und die klinische Lehre?
Hier muss ich als Lehrdekan wirklich den Hut vor meinen Kolleginnen und Kollegen ziehen. Das schien am Anfang eine nicht zu meisternde Aufgabe vor dem Hintergrund, dass die Corona-Schutzmaßnahmen hier in Berlin besonders tiefgreifend umgesetzt werden. Zwischenzeitlich haben wir für alle klinischen Unterrichtseinheiten einen virtuellen Ersatz ausgearbeitet und umgesetzt. Damit können wir die Zeit überbrücken, bis zu der wir wieder schrittweise zum Unterricht am Tier zurückkönnen. Wir hoffen alle, dass dies möglichst bald sein kann. Auch ein noch so gut gemachter Online-Unterricht kann eine solide Ausbildung am Tier nicht ersetzen. Letztere ist im Veterinärmedizinstudium unverzichtbar.
Welche Hürden gab es bei der Umsetzung der Online-Lehre?
Eine Schwierigkeit war, dass das Videokonferenztool WebEx, mit dem wir jetzt arbeiten, für die Studierenden erst am 20.4., also am ersten Semestertag, freigeschaltet werden konnte. Die Dozierenden konnten das Tool zwar schon eine Woche früher austesten, aber die Studierenden wurden quasi „ins kalte Wasser geschmissen“. Sie lernten aber alle extrem schnell – die Plattform ist sehr intuitiv bedienbar. Auch unter Netz- und Serverüberlastungen leiden wir gelegentlich, aber bisher konnten alle Probleme zeitnah behoben werden.
Wie wurden die Studierenden für die digitale Lehre fit gemacht?
Wir haben die Studierenden so früh es ging, darüber informiert, wie sie sich für das „Kreativsemester“ fit machen müssen. Da ging es etwa darum, welches technische Equipment sie brauchen werden. Wir haben sie aber auch darüber informiert, dass es nicht nur ums Studieren geht, sondern, dass sie auch auf ihre Gesundheit achten müssen, sei es mit Sport, sozialen Kontakten per Videotelefonie oder einem Lächeln an jedem Tag. Ich glaube, die regelmäßigen Infomails kamen gut an.
Gab es Studierende, die Schwierigkeiten hatten, die Technik finanziell oder organisatorisch rechtzeitig beschaffen zu können? Welche Unterstützung gab es in solchen Fällen?
Bisher habe ich das vorsichtige Gefühl, dass zumindest der allergrößte Teil unserer Studierenden dies organisatorisch und finanziell meistern konnte – was mich sehr erleichtert. Es wird aber sicher auch bei uns Studierende geben, die in Schwierigkeiten geraten sind. Das ist etwas, was mich sehr bewegt. Ich stehe in Kontakt mit unserer Fachschaft, mal in die Studierendenschaft „hineinzuhören“, wo evtl. der Schuh drückt. Dann werden wir schauen, ob wir hier gezielt beraten und ggf. auch unterstützen können.
Die Freie Universität macht gerade eine Umfrage unter allen Studierenden und fragt persönliche Härten ab. Für Studierende in Not hält eigentlich das studierendenWERK Berlin einen Notfonds bereit. Dieser war aber leider sofort nach Ausbruch der Pandemie ausgeschöpft und nimmt derzeit keine neuen Anträge mehr an. Es laufen Spendenaufrufe für diesen Fonds und man hofft sehr auf zusätzliches Geld vom Berliner Senat.
Wird man von den neu erstellten Online-Formaten etwas künftig beibehalten?
Das werden wir evaluieren müssen, wenn die Pandemie dem Ende zugeht. Es wird sich sicher Einiges als übernehmenswert herausstellen. Manches wird sich vielleicht auch relativieren, wenn der Glanz des Neuen abgefallen ist. Die Universität geht mittlerweile davon aus, dass wir ohnehin auch im Wintersemester mit weiteren Einschränkungen der Präsenzveranstaltungen rechnen müssen. Es bleibt daher noch etwas Zeit, die Zukunft nach Corona zu planen. Die soliden Ausbildungsanteile am Tier werden aber sicher auch in Zukunft nicht durch virtuelle Lehre zu ersetzen sein.
Sophia Neukirchner Transparenzhinweis: Die Autorin ist zum Zeitpunkt der Erscheinung des Artikels Doktorandin an der Tierklinik für Fortpflanzung der Veterinärmedizinischen Fakultät Berlin
Leseempfehlung: Und wie sieht es an den anderen Standorten in der Umsetzung des Digitalen Semesters aus? Weitere Interviews mit Professoren und Studenten aus Hannover, München, Gießen, Leipzig und Berlin finden Sie hier.
bpt-Präsident Siegfried Moder über Systemrelevanz von Tierärzten, Telemedizin als Chance und ASP als Sorge in der Corona-Krise
19.03.2020
„Ich bete, dass die ASP nicht in dieser angespannten Situation ausbricht.“
Vetion.de: Lieber Herr Moder, Sars-CoV-2 hat Deutschland und die Welt fest im Griff. Die Verunsicherung in der Klein-, Pferde- und Nutztierpraxis ist groß. Aus diesem Grund haben Sie bzw. der Bundesverband der praktizierenden Tierärzte (bpt) gemeinsam mit anderen Institutionen der Tierärzteschaft einen Brandbrief an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil geschrieben. Darin fordern Sie die Einstufung des tierärztlichen Berufes als systemrelevant. Was würde sich dadurch ändern?
Dr. Moder:
Dadurch könnten Tierärztinnen und Tierärzte (im Falle einer Ausgangsperre, Anm.
d. Red.) weiter ihrem Beruf nachgehen und die Versorgung der Patienten aufrechterhalten.
Nur so kann auch weiter die Aufgabe der Tierseuchenüberwachung und -bekämpfung
sowie die Einhaltung des Tierschutzes und der Lebensmittelsicherheit gewahrt
werden. Durch die Einstufung als systemrelevanter Beruf – was wir übrigens auch für TFAs und
TierpflegerInnen gefordert haben –wird zudem die Betreuung in den Kindergärten
und Kitas ermöglicht. Dies würde für eine Entspannung der personellen Situation
in den Tierarztpraxen sorgen.
Vetion.de: Ist
damit zu rechnen, dass dabei Nutztierpraxen, Gemischtpraxen und Kleintierpraxen
von der Politik gleichgestellt werden? Es gibt Gerüchte, dass nicht alle
praktizierenden Tierärzte als systemrelevant eingestuft werden könnten.
Dr. Moder: Wir
haben gegenüber den Verantwortlichen unsere Forderung, die Systemrelevanz
grundsätzlich für alle Tierärzte anzuerkennen, noch einmal nachdrücklich
bekräftigt, damit auch unsere Haustiere weiterhin bedarfsgerecht versorgt
werden können. Ich gehe davon aus, dass unsere Forderung in Berlin Gehör finden
und diese Ansicht in den nächsten Tagen von Seiten der Politik kommuniziert
werden wird.
Ruhe bewahren!
Vetion.de: Was
empfehlen Sie den Kolleginnen und Kollegen in diesen Tagen?
Dr. Moder: Ruhe
bewahren! Vieles wird in den kommenden Tagen klarer werden. Ich hoffe zudem,
dass wir in 2-4 Wochen zu einer gewissen Routine gefunden haben werden.
Schließlich muss das Leben ja auch trotz Corona weitergehen, auch wenn uns
dieses Virus noch viele Monate auf unerfreuliche Art begleiten wird.
Ich gehe davon aus, jeder in Kürze seine persönliche
Handlungsoption finden wird; ob dies nun die Einführung einer
Terminsprechstunde oder eines ausgeweiteten Notdienstes ist oder die Entscheidung
fällt, die Praxis vorübergehend zu schließen. In diesem Fall ist jedoch eine
Vertretung zu organisieren.
Wichtig ist, dass die allgemeinen Hygiene-Richtlinien eingehalten
und in der Praxis auch an Personal und Klienten kommuniziert werden. Dazu
gehört ein ausreichender Abstand zwischen den Klienten und zwischen Klienten,
Tierarzt und Personal. Ebenfalls dazu gehört regelmäßiges Händewaschen, die
Verwendung von Papierhandtüchern und Handschuhen.
Außerdem können die Tierhalter bereits am Telefon nach
ihrem Gesundheitszustand oder ihrem Infektionsrisiko gefragt werden. Ist der
Tierhalter krank, sollte er versuchen, dass jemand anderes mit dem Tier in die
Praxis kommt, sofern der Besuch nicht zu verschieben ist. Routineuntersuchungen
sollten zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Eine weitere Möglichkeit ist,
dass das Tier vor der Praxis an das Personal übergeben und nach Vereinbarung
wieder abgeholt wird. Hier sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt.
Vetion.de: Sie
selber sind ja Inhaber einer Rinderpraxis. Wie managen Sie die Situation in der
Praxis aktuell?
Dr. Moder: Wir
versuchen weitestgehend auf physische Kontakte innerhalb des Praxisteams und
mit den Landwirten zu verzichten. Alle Besprechungen und Patientenübergaben
erfolgen beispielsweise fernmündlich, für das Bestücken der Apotheke im
Praxiswagen haben wir einen speziellen Rhythmus eingeführt. Das A und O ist
eine gute Hygiene und Desinfektion.
In größeren Praxen/Kliniken kann auch ein fester
Schichtbetrieb eine gute Option sein. Auch in Hinblick auf eine mögliche
Quarantäne.
Supergau ASP
Vetion.de: Wie
beurteilen Sie die gegenwärtige Situation in Hinblick auf hochansteckende
Tierseuchen wie die Geflügelpest und die Afrikanische Schweinepest (ASP)?
Dr. Moder: Ich
bete, dass die ASP nicht in dieser angespannten Situation ausbricht. Im Moment
steht die Politik stark unter Druck und viele Politiker sind am Rande der
Belastungsgrenze oder bereits überfordert.
Sollte dieses gefürchtete Szenario doch eintreten, muss
rasch und beherzt gehandelt werden, um den Schaden für die Landwirte möglichst
klein zu halten.
Zusammenhalt, Lernen, Umdenken
und One-Health
Vetion.de: Wird
sich die Tiermedizin/Tierärzteschaft durch diese Krise verändern?
Dr. Moder: Ich
denke die Corona-Krise hat gezeigt, dass Tierärzte wichtig sind. Deshalb wird
auch der Begriff One-Health wieder größere Bedeutung erlangen und wir haben die
Chance, die Bedeutung des tierärztlichen Berufes in der Gesellschaft zu stärken
sowie unsere Leistungen angemessen anerkennen und honorieren zu lassen.
Außerdem wird auch die Telemedizin neu überdacht werden nach der Krise und die
Möglichkeiten, die sie für Tierärzte, Tierhalter und Patienten bietet.
Persönlich wünsche ich mir auch nach der Krise mehr
Zusammenhalt und Kollegialität unter den Kolleginnen und Kollegen zum Wohle
unseres Berufsstandes und der Versorgung der Tiere. In jedem Fall werden wir
aus dieser Krise lernen, sowohl fachlich als auch menschlich.
Wünschenswert wäre auch ein Umdenken in einigen Punkten,
wie beispielsweise der Geiz-ist-geil-Mentalität oder „Das geht auch günstiger“.
Vetion.de:
Vielen Dank Herr Moder. Das halte ich für einen guten Abschluss, der
hoffentlich in Zukunft stärker und von vielen Akteuren beherzigt werden wird.
Ich bedanke mich für das Gespräch. Bleiben Sie gesund. Abschließend möchte ich
jedoch nicht versäumen, mich für Ihren Einsatz für die Tierärzteschaft und die
Praktiker in dieser Krisenzeit zu bedanken!
Vetion.de: Lieber Herr Steidl, Sie geben Ihre Praxis nach nunmehr 37 Jahren auf. Was hat Sie dazu veranlasst und wie fühlen Sie sich dabei?
T. Steidl: Aufgrund glücklicher Umstände, u.a. Kurzschuljahre, war ich bereits mit 23 Jahren Tierarzt. Nicht nur als Tierarzt sollte man dann aufhören, wenn man es selber bestimmen kann. Da ich zusammen mit meiner Familie und meinem Praxispartner die Entscheidung selber getroffen habe, fühle ich mich bei der Entscheidung sehr gut.
Haben Sie die Ziele erreicht, die sie sich einst vorgenommen haben?
Strenggenommen
nein: Nach dem Studium wollte ich immer Pferdepraktiker in Norddeutschland
werden. Jetzt war ich 37 Jahre in der Kleintiermedizin in Süddeutschland tätig,
was mir sehr viel Freude gemacht hat. Der tierärztliche Beruf ist sehr breit
aufgestellt und man sollte am Anfang des Berufslebens nach allen Seiten offen
sein. Außerdem wollte ich immer versuchen, Praxis und Familie irgendwie unter
einen Hut zu bringen. Ich glaube, dass ich das zum größten Teil erreicht habe.
Jedenfalls nach Aussage meiner Kinder, von denen keines Tiermedizin studiert
hat.
Wie haben Sie Ihre Nachfolge geregelt?
Ich
glaube, dass die Nachfolgeregelung in jedem Beruf frühzeitig und schlau in die
Wege geleitet werden muss, wenn es für alle Beteiligten vorteilhaft verlaufen
soll – egal ob in einem Handwerksbetrieb oder in einer Arztpraxis. Die
Vorbereitung dieses Übergangs ist heute sehr viel wichtiger als noch vor 15
Jahren. Mein langjähriger Praxispartner und ich haben bereits vor Jahren auch mit
externer Unterstützung einen Übergabevertrag geschlossen, bei dem wir uns beide
in die Augen schauen können.
Werden Sie sich jetzt komplett aus der Veterinärmedizin zurückziehen oder der Veterinärmedizin anderweitig erhalten bleiben?
Aus
der Praxistätigkeit ja, da mache ich jetzt einen Schnitt. Mein Interesse gilt
nach wie vor der Berufspolitik. Ich bin noch für einige Jahre als Präsident der
Landestierärztekammer Baden-Württemberg im Amt, bin Chefredakteur einer
Fachzeitschrift und habe mich in den letzten Jahren vermehrt mit Gerichtlicher
Tiermedizin beschäftigt. Neben Gerichtsgutachten steht noch die Herausgabe
eines Fachbuchs auf dem Programm, ebenso die Organisation von
Fortbildungsveranstaltungen für die ATF.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Für
mich persönlich natürlich, dass ich noch möglichst lange zusammen mit meiner
Familie und meinen Freunden fit und aktiv sein kann. Aber da dies nicht in
meiner Hand liegt, bin ich froh und dankbar an jedem Tag.
Für
uns als „Beruf“ wünsche ich mir mehr Selbstbewusstsein. Wir arbeiten auf hohem
Niveau für die Gesundheit der Tiere, den Tierschutz und den Verbraucherschutz.
Wir sind keine Adnexe der Landwirtschaft, die uns schon lange nicht mehr als
gleichwertigen Partner versteht, sondern arbeiten als Heilberuf am
„one-world-on health“-Konzept mit. Die kommenden Probleme wie multiresistente
Erreger und Zoonosen lassen sich nur zusammen mit uns Tierärztinnen und
Tierärzten lösen.
Als tierärztlicher
Beruf werden wir von der Politik schon lange nicht mehr beachtet: Die aktuelle
Entwicklung wie z.B. bei der Ferkelkastration und insbesondere der Verzicht auf
den Narkosevorbehalt für den Tierarzt, belegen dies. Nur im Konzert mit den
anderen Heilberufen haben wir eine Chance, wahrgenommen zu werden und auf die
fake news hinzuweisen.
Was ist in Ihren Augen das dringendste Problem in der Veterinärmedizin bzw. unseres Berufsstandes, das wir angehen müssen?
Ein
großes Problem, das mittelfristig auf uns zukommt, ist die flächendeckende
Versorgung im Notfalldienst. Die Ursachen für dieses Problem sind
vielschichtig. Patentlösungen gibt es nicht und Lösungen müssen immer direkt
vor Ort gefunden werden. Die Versorgung der Tiere im Notfall ist auch eine
Frage des Tierschutzes, der bei uns im Grundgesetz verankert ist. Das kann aber
nicht bedeuten, dass die Realisierung des flächendeckenden Notfalldienstes nur
auf dem Rücken der Tierärzteschaft geladen wird – Politik und Gesellschaft sind
hier mit in der Pflicht.
Wie kann man dem viel beklagten Tierärzte-Mangel Ihrer Meinung nach begegnen?
Uns
allen ist klar, dass wir seit vielen Jahren für die Zulassung zum Studium die falschen
Kriterien heranziehen. Der Abiturdurchschnitt alleine sagt nicht darüber aus,
ob man ein guter Arzt oder eine gute Tierärztin wird. Berufsorientierende
Vorqualifikationen müssen vermehrt bei der Zulassung berücksichtigt werden.
Hierzu könnte auch gehören, dass ich mit einem schlechteren Abischnitt zum
Studium zugelassen werde, wenn ich mich verpflichte, nach dem Studium als
Landtierarzt zu arbeiten.
Was bedeutet für Sie Digitalisierung in Bezug auf die Veterinärmedizin? Welche Herausforderungen kommen hier auf den Berufsstand sowie auf die einzelnen Kollegen zu?
In
der Digitalisierung stecken wir doch alle bereits tief drin, egal ob wir in den
Universitäten oder Forschungseinrichtungen, der Privatpraxis oder der
Veterinärverwaltung arbeiten. Die Bereitschaft des Berufsstandes, sich digital
einzubringen, ist sehr groß. Das Problem sind weniger schnelle Datenautobahnen
als die Versorgung vor Ort. In unserer Praxis konnten wir seit 6 Wochen nicht
auf das Internet zugreifen, weil sich die IT-Beteiligten uneins waren, bei wem
es klemmt. Auch in puncto Datensicherheit hinken wir hinterher. Eine deutsche
veterinärmedizinische Hochschule wurde offensichtlich durch einen Hacker für längere
Zeit auf Eis gelegt.
Ist das Studium/Ausbildung noch zeitgemäß oder muss es angepasst werden an die neuen Herausforderungen?
In den vergangenen Jahren ist es schick
geworden, auf das Studium zu schimpfen und es für unzeitgemäß zu erklären.
Dabei denkt jeder, der schimpft, nur an seinen eigenen Sandkasten, weil er
meint, dass sein Fach das wichtigste ist und zu kurz kommt. Die jungen Leute,
die zu uns in die Praxis kommen, sind in der Regel gut ausgebildet. Praktische
Fähigkeiten müssen natürlich vorderhand in der Praxis vertieft werden. Das muss
jedoch auch den Absolventen klar sein, dass sie noch nicht direkt im ersten
Jahr erwarten können, komplizierte Eingriffe durchzuführen.
In unserem Beruf – wie in jedem anderen Beruf
– ist jeder für das verantwortlich,was er lernen und beherrschen möchte –
Eigenverantwortlichkeit und Eigeninitiative sind wichtig, nicht die Diskussion
um den besten Nürnberger Trichter!
Würden Sie Ihren Kindern empfehlen, Veterinärmedizin zu studieren und wenn, mit welcher Zielsetzung?
Ja,
wenn sie sich vorher über den Beruf informieren und sich fragen, ob dies ein
Beruf ist, in dem sie auch die nächsten 40 Jahre glücklich sein können. Die
Zielrichtung spielt keine Rolle – unser Beruf hat viele tolle Facetten!
Was möchten Sie den Kolleginnen und Kollegen mit auf den Weg geben?
Diese Frage klingt aber ganz schön pastoral.
Tierärztinnen und Tierärzte bilden einen normalen Querschnitt der Bevölkerung
ab. Ich glaube auch nicht, dass man hier spezielle Dinge „auf den Weg geben
sollte“. Das „Mensch zu sein“ gilt auch für die Kolleginnen und Kollegen in
meiner Nachbarschaft und dieses „Mensch sein“ kommt wie ein Bumerang zurück –
wie übrigens auch das „Nicht Mensch sein“.
Vielen Dank Herr Steidl und alles Gute für die Zukunft!
Das praktische Ausbildungs- und Lernzentrum der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig ist seit 2014 stetig gewachsen
„Eine rasante Entwicklung“ bescheinigt Julia Dittes dem SkillsLab der Leipziger Veterinärmedizinischen Fakultät. Unter dem Namen „PAUL – Praktisches Ausbildungs- und Lernzentrum“ ist es bekannt und feiert in diesem Jahr 5-jähriges Bestehen. Dittes ist von Anfang an dabei und kann sich noch erinnern, wie das SkillsLab unter der Leitung von Prof. Christoph Mülling, Leiter des Veterinär-Anatomischen Institutes, aus einer Doktorarbeit mit Hilfe von einigen engagierten Studierenden im Jahr 2014 entstand.
Was in fünf Jahren daraus geworden ist, erstaunt: über 50 Stationen zum Üben praktischer Fertigkeiten, wie Blutentnahme, chirurgische Nahttechniken, Ultraschall oder Geburtshilfe stehen bereit – gut die Hälfte selbst gebaut von den studentischen Hilfskräften oder Projektarbeitsstudenten. Stetig ist das Angebot in enger Zusammenarbeit mit den Kliniken und Instituten der VMF sowie Freunden und Förderern gewachsen. Seit 2016 ist PAUL in freundlichen Räumlichkeiten am Tor des Veti-Campus untergebracht. Da üben die Tiermedizinstudenten jeden Semesters zum Teil in betreuten Öffnungszeiten in Ruhe für Prüfungen und Praxis, zuletzt für den OP-Kurs, berichtet Dittes. Zugang haben Sie täglich in Eigenverantwortung.
Der neuste Simulator ist eine „Schaubeute“, in der sich die Studierenden über die Bienenhaltung und das Handling am Bienenstock informieren können. Aber nicht nur mit ganz kleinen Patienten muss der Tiermediziner klar kommen, sondern auch mit ganz großen: Deshalb bietet PAUL auch Pferdehandlingkurse an.
Dittes, die eine Doktorarbeit im Bereich der Clinical
Skills Simulatoren schreibt und seit ihrem Studienabschluss im vergangenen Jahr
der erste wissenschaftliche Mitarbeiter von PAUL ist, wünscht dem Projekt für
die nächsten fünf Jahre eine weiterhin so positive Entwicklung: „Damit wir den
stetig steigenden Anforderungen, die Lernende und Lehrende an uns stellen,
weiterhin gerecht werden können.“
Ein SkillsLab ist insbesondere an humanmedizinischen
Bildungsstätten zumeist keine Neuheit mehr und auch an jeder der vier weiteren
deutschen Veterinärfakultäten hat sich ein SkillsLab in unterschiedlichen
Ausmaßen etabliert, weiß Dittes. Die Leipziger Geschichte, in der „aus wenig“,
mit viel Teamarbeit und Herzblut „viel gemacht wurde“, sei jedoch besonders.
Das
soll gefeiert werden
Unter anderem geschieht dies auf dem Leipziger Tierärztekongress 2020 in Partnerschaft mit Vetion.de: Am
Freitag, 17.1. und am Samstag, 18.1. wird es am Stand der VMF einen
spielerischen „VETbewerb“ unter der
Moderation von Prof. Stephan Neumann (Universität Göttingen) geben. Im Zuge
dessen können die Besucher der Vetexpo im chirurgischen Nähen gegeneinander
antreten und attraktive Preise gewinnen. Dabei können die Besucher die Nahtpads
und zahlreiche weitere Simulatoren aus dem PAUL „hautnah“ kennenlernen.