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BTK sensibilisiert für ASP-Ausbruch – Maßgeblich ist die Früherkennung

23.01.2020

Die Bundestierärztekammer (BTK) sieht die Bedrohung durch die Afrikanische Schweinepest (ASP) für Deutschland immer größer werden. Daher war die ASP auch Thema auf der Pressekonferenz der BTK, die am 21. Januar 2020 auf der Grünen Woche in Berlin stattfand. Zu dem Thema referierten Dr. Iris Fuchs, die 1. Vizepräsidentin der BTK und Prof. Dr. Dr. Thomas Mettenleiter, Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts. Ihr Anliegen: die hoch ansteckende Tierseuche in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und jedermann aufzufordern, bei der Früherkennung und somit der erfolgreichen Bekämpfung zu helfen.
Außerdem sei es jetzt notwendig, bestimmte Vorbereitungen zu treffen, um das Ausmaß eines Ausbruchs so gering wie möglich zu halten und auch die Folgen für die Schweinehalter. Denn für die Schweinehalter bedeutet ein Ausbruch der ASP bei Hausschweinen das Sperren von Exportmärkten, was dramatische Preiseinbrüche zur Folge hätte. Außerdem wird es zu erheblichen Strukturveränderungen durch Aufgabe von kleineren Mastbetrieben und regionalen Vermarktern kommen, was auch Auswirkungen auf den Vor- und Nachgelagerten Bereich wie Futtermittel, Stallbau, Schlachtunternehmen, Ernährungsindustrie etc. hätte.
Daher ist es jetzt um so wichtiger, dass die Schweinehaltungshygieneverordnung eingehalten wird, betriebsspezifische Biosicherheitspläne umgesetzt werden, der Hoftierarzt frühzeitig eingebunden wird und Vermarktungsstrukturen geplant werden, um die Existenz zu sichern. Zudem muss das Personal in den Veterinärverwaltungen aufgestockt werden.
Außerdem müssen Tierärzte, Landwirte und Jäger geschult werden. Vor allem der Kadaversuche kommt neben der gelebten Biosicherheit auf den Betrieben eine sehr große Bedeutung zu. „Es ist zwingend notwendig, dass jedes tot aufgefundene Wildschwein auf das Virus untersucht wird, um die Seuche erfolgreich bekämpfen zu können“, so
Dr. Fuchs. Dieser Meinung ist auch Prof. Mettenleitner. Zudem sagte er: „Ich kann mich an keine Tierseuche erinnern, auf die wir uns solange vorbereiten konnten. Wie gut, wird sich gegebenenfalls bald zeigen.“ Solange sich alle an die abgesprochenen und vorbereiteten Maßnahmen halten und wachsam sind, sind beide jedoch optimistisch, auch für den Fall eines vermutlich kurz bevorstehenden Ausbruchs.

Neue Jobmesse Career Corner bleibt Alleinstellungsmerkmal des Leipziger Tierärztekongresses

22.01.2020

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Leipziger Tierärztekongress feiert erfolgreiches Jubiläum

20.01.2020

„Wir feiern heute im Jahr 2020 den 10. Leipziger Tierärztekongress (LTK) mit 20 Jahren eine Erfolgsgeschichte, die 1998 begann“, resümiert pointiert der ehemalige Kongresspräsident, Prof. Gotthold Gäbel, zur erstaunlich kleinen Feierstunde der größten Fortbildungsveranstaltung der Veterinärmedizin im deutschsprachigen Raum. Bei Kuchen und Sekt in familiärer Runde der „Geburtshelfer“ wurde am Donnerstag, 16.1.20, die Oskar-Röder-Ehrenplakette an den ersten Kongresspräsidenten, Prof. Dr. Jürgen Gropp, verliehen.
Was mit 500 Teilnehmern auf dem Gelände der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig begann, hat sich mit Beteiligung der sechs ostdeutschen Landestierärztekammern und der Leipziger Messe zu – nach Aussage von Martin Buhl-Wagner, 0Geschäftsführer der Leipziger Messe – gar „einer der führenden Veranstaltungen in Europa“ entwickelt. Mit Blick auf das hauptsächlich „deutsche“ Vortragsprogramm, lässt sich in Frage stellen, ob diese Aussage bereits so umfassend zutrifft. Zumindest auf die angrenzenden Staaten aber in jedem Fall: „Die Veranstaltung hat große Strahlkraft im gesamten deutschsprachigen Raum und ist in Österreich
sehr beliebt“, sagt Kurt Frühwirth, Präsident der Tierärztekammer Österreich, und weiter: „Neben den fachlichen diskutiert der Kongress ebenso die brennenden berufspolitischen Themen unserer Branche – und das ist ein Alleinstellungsmerkmal.“
Erneutes Wachstum in Teilnehmerzahl, Referenten und Ausstellern
Dachte man zum vergangenen Kongress vor zwei Jahren, der LTK sei an seine Grenzen gekommen, schaffte er im Jubiläumsjahr tatsächlich eine weitere Vergrößerung in allen Bereichen:
6.200 Teilnehmer und damit noch einmal 800 mehr als 2018 (wieder im Vorfeld ausverkauft am Donnerstag), 2.000 Quadratmeter mehr Industrieausstellung, mittlerweile 283 Aussteller aus 15 Ländern. Die Referentenzahl entspricht nun der der Teilnehmer zum ersten Kongress. Dementsprechend voll war es in den Vortragssälen.
Für den großen und anhaltenden Erfolg sei eine „visionäre Kraft“ (Prof. Gäbel) und „zahlreiche Helfer“ (Dr. Möckel) verantwortlich. Der Kongress wurde und wird stets zu recht für seine Programmvielfalt und gute Organisation gelobt. Der neue
Kongresspräsident Prof. Uwe Truyen sagte, er sei in der Übernahme des Amtes „weich gefallen“. Beim kurzen geschichtlichen Abriss meinte Hans-Georg Möckel, Ehrenpräsident der Sächsischen Landestierärztekammer, er wünsche sich so eine Aufbruchsstimmung wie damals heute wieder.
Die Tierärzteschaft wird in der Politik nicht gehört
Zum „damals“ konnte man sich weitergehend in einem Jubiläumsband informieren und im Geschichtsblock am Freitagnachmittag
zum Thema „Die Dresdener Tierarzneischule und Sachsens Pferde im 19. Jahrhundert“. Wem das Luxusproblem des Kongresses – „zu viele gute Vorträge parallel“ – anheimgefallen ist, der sei auf die von Prof. Manfred Fürll erstellten Skripte und die kommende Schwesterausstellung in Leipzig verwiesen.
Das „Heute“ wurde unter anderem in der Eröffnungsveranstaltung am Donnerstag zum Thema „Bitte geraderücken! Das Bild des Tierarztes in der Öffentlichkeit“ abgehandelt. „Immer wieder wird gegen den tierärztlichen Sachverstand entschieden werden“, sagt Dr. Kirsten Tackmann, MdB, Obfrau Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft in der Eröffnungsrede. Sie sagte, dass es auf Gesetzesebene häufig mit dem Bild von der Tierärzteschaft zu tun habe: „Sie macht halt ihre Arbeit, bekommt Geld dafür und
soll möglichst geräuschlos funktionieren. Im Zweifel bekommt sie den Ärger.“ Dementsprechend gab es den Aufruf, laut zu werden, damit Erkenntnislücken ernst genommen werden könnten.
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde aber auch klar, dass es „das“ Bild des Tierarztes in der Öffentlichkeit nicht gibt.
Die Tierärzteschaft sei divers und verfolge unterschiedliche Ziele. Dieser Umstand mache es schwer, in der Politik gehört zu werden, zudem fehle es an einem „Gesicht der Tierärzteschaft“, so Jörg Held von wir-sind-tierarzt.de. Da sich die externe Kommunikation scheinbar so schwierig gestalte („Wo wollen wir hin?“), sei es umso wichtiger, intern besser und wertschätzender zu kommunizieren, sagte Dr. Thomas Steidl (Landestierärztekammer Bayern).
Das Mindeste, was jeder tun könne, sei Anliegen der Tierärzteschaft täglich gegenüber dem Patientenbesitzer zu kommunizieren: „Darauf haben wir Einfluss“. In dem Zusammenhang kam auch die Frage auf, wie man junge Tierärzte in die Gremien bekommen könnte.Um gehört zu werden, sei es wichtig, neue Techniken der Kommunikation zu nutzen, sagte Journalist Jörg Held. Das falle der Tierärzteschaft oft noch schwer.
Steidl schätzte die Sichtbarkeit der Tierärzte in naher Zukunft dennoch optimistisch ein: „Wenn die Afrikanische Schweinepest kommt, sind wir lange der Erklärbär der Nation.
Wie so oft gab es zudem einen Rundumschlag bekannter veterinärmedizinischer „Reibepunkte“ wie fehlende betriebswirtschaftliche Ausbildung, Feminisierung des Berufsstandes, prekäre Löhne (Publikum: „Wir lieben unseren Beruf, aber nicht die Arbeitsbedingungen“).
vetexpo mit Career Corner und zahlreichen Jubiläen
Einen positiven Rundumschlag konnte man auf 12.000 Quadratmetern Industriemesse vetexpo am Freitag und Samstag erhaschen. Zum Jubiläum des Kongresses gab es auf der vetexpo Bewährtes und Besonderes, darunter die Career Corner – die 1. Jobmesse für Tiermedizin und zahlreichen weitere Jubiläen.
Aufgrund der Fülle der Aussteller und der Anordnung der „großen“ Aussteller an einem Fleck, liefen kleinere Aussteller Gefahr, wenig Laufkundschaft zu erhalten. Der Stand der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig (VMF) wurde – anders als vor zwei Jahren – nahezu ausschließlich von „PAUL – dem praktischen Ausbildungs- und Lernzentrum“, welches 5-Jähriges Bestehen feierte, und dem Freundeskreis Tiermedizin gestellt.
Zum PAUL-Jubiläum wurde eine Spende in Höhe von 2.000 Euro zum Ausbau der Lern-Stationen von LABOKLIN-Inhaberin Elisabeth Müller an Julia Dittes, die Leiterin von PAUL, überreicht. Müller: „Ich bin überzeugt davon, dass Tierärzte in ihrer Ausbildung hands-on-Aktivitäten brauchen“. LABOKLIN unterstützt das Leipziger Skillslab bereits seit vier Jahren mit der Ausstattung von Laborstationen, u.a. zum Üben hämatologischer Untersuchungen, was auch an diesem Tag auf der Messe neben zahlreichen weiteren Simulatoren (Auskultation, Intubation, Rektalisierung) ausprobiert werden konnte. „Das hätte ich mir in meinem Studium auch gewünscht“, hörte man in diesem Zusammenhang oft von Besuchern des Standes.
VETBewerb von Vetion.de und PAUL
Dem Jubiläum von PAUL schloss sich Vetion.de mit seinem 20-Jährigen an: Gemeinsam wurde ein chirurgischer Naht-„VETBewerb“ am Stand der VMF ausgerichtet, den sowohl Studenten als auch Praktiker und ausgewiesene Chirurgen wie Prof. Dr. Walter Brehm von der VMF wahrnahmen.
Dr. Julia Henning, Geschäftsführerin der Vetion.de GmbH, erklärte dazu: „Wo sonst können Tierärzte in maximal 15 Minuten eine Karriere zum ‘Chef-Chirurg’ hinlegen und dabei ein Gratis-Jahres-Abo für das neue Digitale OP-Buch von Vetion.de gewinnen?” Moderiert wurde der VetBewerb am Freitag von Prof. Stephan Neumann (Leiter Kleintierklinik Göttingen) und am Samstag von Thomas Niedenführ (Abteilung Chirurgie Kleintierklinik Leipzig). „Die Chirurgen standen den Teilnehmern auch mit Rat, Tat und nützlichen Tipps zur Seite. Insgesamt hat der VETbewerb 12 Chef- und Assistenz-Chirurgen sowie 24 OP-Famulanten und unzählige
Naht-Profis hervorgebracht, die sich hoffentlich noch lange an ihrer Auszeichnung erfreuen”, so Henning.
Ein der Fakultät nahes Jubiläum feierte der TV-Club: 50 Jahre Club und Fasching mit einem Jubiläumsprogramm am Freitag- und Samstagabend, bei dem alte und aktuelle Elferratsmitglieder gemeinsam auftraten.
Eine „Außenstelle“ der Fakultät gab es zum zweiten Mal im Übergang zwischen LTK und der parallel ablaufenden Messe Partner Pferd im „Forum Pferd“ in Form von Anatomischen Präparaten, Fachvorträgen, zahnmedizinischer Instrumente und Kinderuni zu sehen.
Der 11. Leipziger Tierärztekongress findet vom 20.-22.01.2022 statt.

Im Gespräch mit dem Vater der Career Corner Felix von Hardenberg

02.01.2020

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Vetion.de im Interview mit Dr. Thomas Steidl

27.12.2019

Vetion.de: Lieber Herr Steidl, Sie geben Ihre Praxis nach nunmehr 37 Jahren auf. Was hat Sie dazu veranlasst und wie fühlen Sie sich dabei?

T. Steidl: Aufgrund glücklicher Umstände, u.a. Kurzschuljahre, war ich bereits mit 23 Jahren Tierarzt. Nicht nur als Tierarzt sollte man dann aufhören, wenn man es selber bestimmen kann. Da ich zusammen mit meiner Familie und meinem Praxispartner die Entscheidung selber getroffen habe, fühle ich mich bei der Entscheidung sehr gut.

Haben Sie die Ziele erreicht, die sie sich einst vorgenommen haben?

Thomas Steidl

Strenggenommen nein: Nach dem Studium wollte ich immer Pferdepraktiker in Norddeutschland werden. Jetzt war ich 37 Jahre in der Kleintiermedizin in Süddeutschland tätig, was mir sehr viel Freude gemacht hat. Der tierärztliche Beruf ist sehr breit aufgestellt und man sollte am Anfang des Berufslebens nach allen Seiten offen sein. Außerdem wollte ich immer versuchen, Praxis und Familie irgendwie unter einen Hut zu bringen. Ich glaube, dass ich das zum größten Teil erreicht habe. Jedenfalls nach Aussage meiner Kinder, von denen keines Tiermedizin studiert hat.

Wie haben Sie Ihre Nachfolge geregelt?

Ich glaube, dass die Nachfolgeregelung in jedem Beruf frühzeitig und schlau in die Wege geleitet werden muss, wenn es für alle Beteiligten vorteilhaft verlaufen soll – egal ob in einem Handwerksbetrieb oder in einer Arztpraxis. Die Vorbereitung dieses Übergangs ist heute sehr viel wichtiger als noch vor 15 Jahren. Mein langjähriger Praxispartner und ich haben bereits vor Jahren auch mit externer Unterstützung einen Übergabevertrag geschlossen, bei dem wir uns beide in die Augen schauen können.

Werden Sie sich jetzt komplett aus der Veterinärmedizin zurückziehen oder der Veterinärmedizin anderweitig erhalten bleiben?

Aus der Praxistätigkeit ja, da mache ich jetzt einen Schnitt. Mein Interesse gilt nach wie vor der Berufspolitik. Ich bin noch für einige Jahre als Präsident der Landestierärztekammer Baden-Württemberg im Amt, bin Chefredakteur einer Fachzeitschrift und habe mich in den letzten Jahren vermehrt mit Gerichtlicher Tiermedizin beschäftigt. Neben Gerichtsgutachten steht noch die Herausgabe eines Fachbuchs auf dem Programm, ebenso die Organisation von Fortbildungsveranstaltungen für die ATF.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Für mich persönlich natürlich, dass ich noch möglichst lange zusammen mit meiner Familie und meinen Freunden fit und aktiv sein kann. Aber da dies nicht in meiner Hand liegt, bin ich froh und dankbar an jedem Tag.

Für uns als „Beruf“ wünsche ich mir mehr Selbstbewusstsein. Wir arbeiten auf hohem Niveau für die Gesundheit der Tiere, den Tierschutz und den Verbraucherschutz. Wir sind keine Adnexe der Landwirtschaft, die uns schon lange nicht mehr als gleichwertigen Partner versteht, sondern arbeiten als Heilberuf am „one-world-on health“-Konzept mit. Die kommenden Probleme wie multiresistente Erreger und Zoonosen lassen sich nur zusammen mit uns Tierärztinnen und Tierärzten lösen.

Als tierärztlicher Beruf werden wir von der Politik schon lange nicht mehr beachtet: Die aktuelle Entwicklung wie z.B. bei der Ferkelkastration und insbesondere der Verzicht auf den Narkosevorbehalt für den Tierarzt, belegen dies. Nur im Konzert mit den anderen Heilberufen haben wir eine Chance, wahrgenommen zu werden und auf die fake news hinzuweisen.

Was ist in Ihren Augen das dringendste Problem in der Veterinärmedizin bzw. unseres Berufsstandes, das wir angehen müssen?

Ein großes Problem, das mittelfristig auf uns zukommt, ist die flächendeckende Versorgung im Notfalldienst. Die Ursachen für dieses Problem sind vielschichtig. Patentlösungen gibt es nicht und Lösungen müssen immer direkt vor Ort gefunden werden. Die Versorgung der Tiere im Notfall ist auch eine Frage des Tierschutzes, der bei uns im Grundgesetz verankert ist. Das kann aber nicht bedeuten, dass die Realisierung des flächendeckenden Notfalldienstes nur auf dem Rücken der Tierärzteschaft geladen wird – Politik und Gesellschaft sind hier mit in der Pflicht.

Wie kann man dem viel beklagten Tierärzte-Mangel Ihrer Meinung nach begegnen?

Uns allen ist klar, dass wir seit vielen Jahren für die Zulassung zum Studium die falschen Kriterien heranziehen. Der Abiturdurchschnitt alleine sagt nicht darüber aus, ob man ein guter Arzt oder eine gute Tierärztin wird. Berufsorientierende Vorqualifikationen müssen vermehrt bei der Zulassung berücksichtigt werden. Hierzu könnte auch gehören, dass ich mit einem schlechteren Abischnitt zum Studium zugelassen werde, wenn ich mich verpflichte, nach dem Studium als Landtierarzt zu arbeiten.

Was bedeutet für Sie Digitalisierung in Bezug auf die Veterinärmedizin? Welche Herausforderungen kommen hier auf den Berufsstand sowie auf die einzelnen Kollegen zu?

In der Digitalisierung stecken wir doch alle bereits tief drin, egal ob wir in den Universitäten oder Forschungseinrichtungen, der Privatpraxis oder der Veterinärverwaltung arbeiten. Die Bereitschaft des Berufsstandes, sich digital einzubringen, ist sehr groß. Das Problem sind weniger schnelle Datenautobahnen als die Versorgung vor Ort. In unserer Praxis konnten wir seit 6 Wochen nicht auf das Internet zugreifen, weil sich die IT-Beteiligten uneins waren, bei wem es klemmt. Auch in puncto Datensicherheit hinken wir hinterher. Eine deutsche veterinärmedizinische Hochschule wurde offensichtlich durch einen Hacker für längere Zeit auf Eis gelegt.

Ist das Studium/Ausbildung noch zeitgemäß oder muss es angepasst werden an die neuen Herausforderungen?

In den vergangenen Jahren ist es schick geworden, auf das Studium zu schimpfen und es für unzeitgemäß zu erklären. Dabei denkt jeder, der schimpft, nur an seinen eigenen Sandkasten, weil er meint, dass sein Fach das wichtigste ist und zu kurz kommt. Die jungen Leute, die zu uns in die Praxis kommen, sind in der Regel gut ausgebildet. Praktische Fähigkeiten müssen natürlich vorderhand in der Praxis vertieft werden. Das muss jedoch auch den Absolventen klar sein, dass sie noch nicht direkt im ersten Jahr erwarten können, komplizierte Eingriffe durchzuführen.

In unserem Beruf – wie in jedem anderen Beruf – ist jeder für das verantwortlich,was er lernen und beherrschen möchte – Eigenverantwortlichkeit und Eigeninitiative sind wichtig, nicht die Diskussion um den besten Nürnberger Trichter!

Würden Sie Ihren Kindern empfehlen, Veterinärmedizin zu studieren und wenn, mit welcher Zielsetzung?

Ja, wenn sie sich vorher über den Beruf informieren und sich fragen, ob dies ein Beruf ist, in dem sie auch die nächsten 40 Jahre glücklich sein können. Die Zielrichtung spielt keine Rolle – unser Beruf hat viele tolle Facetten!

Was möchten Sie den Kolleginnen und Kollegen mit auf den Weg geben?

Diese Frage klingt aber ganz schön pastoral. Tierärztinnen und Tierärzte bilden einen normalen Querschnitt der Bevölkerung ab. Ich glaube auch nicht, dass man hier spezielle Dinge „auf den Weg geben sollte“. Das „Mensch zu sein“ gilt auch für die Kolleginnen und Kollegen in meiner Nachbarschaft und dieses „Mensch sein“ kommt wie ein Bumerang zurück – wie übrigens auch das „Nicht Mensch sein“.

Vielen Dank Herr Steidl und alles Gute für die Zukunft!

Prof. Reto Neiger wird Tiermedizinischer Direktor bei EVIDENSIA DACH

12.12.2019

Prof. Reto Neiger hat sein Wirkungsfeld verändert und ist seit 1. Dezember 2019 der Tiermedizinische Direktor / Country Medical Director der IVC Evidensia Gruppe in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH). Zuletzt war er an der Tierklinik Hofheim als Internist tätig.

„Ich bin überzeugt, dass ich mit meiner Erfahrung in der Lehre, im Klinikprozess sowie der Mitarbeiterführung und durch meine Verbindungen innerhalb der Branche unsere Standorte sehr gut unterstützen kann, den Tierbesitzern und ihren Tieren eine optimale tiermedizinische Betreuung bieten zu können“, so Prof. Reto Neiger. „Zu IVC Evidensia bin ich gewechselt, weil ich in den Gruppen eine Chance für den Beruf sehe. Vor allem für Personen, die von administrativen Aufgaben entlastet werden wollen und sich in einem Angestelltenverhältnis auf das konzentrieren können, was sie am liebsten machen: Tiere heilen.“

Reto Neiger

Als Tiermedizinischer Direktor / Country Medical Director für IVC Evidensia DACH wird Prof. Reto Neiger mit dem Clinical Advisory Board und dem Team in DACH alle tiermedizinischen Themen innerhalb der Region verantworten. Sein Fokus ist die Weiterentwicklung aller tiermedizinischen Standards wie etwa Guidelines, Aufarbeitung von Fällen, Qualitätsmanagement, Hygiene und Weiterbildung der Mitarbeiter. Darüber hinaus bildet er die Schnittstelle zu den tiermedizinischen Gremien der internationalen IVC Evidensia Gruppe.

„Ich freue mich sehr, dass wir die Gruppe ab Dezember durch Prof. Reto Neiger und seine Erfahrung und Expertise verstärken können“, sagt Dr. Christoph Dänzer, CEO von IVC Evidensia DACH. „Ich bin überzeugt, dass wir zusammen mit den weiteren hochqualifizierten Experten in unserer Gruppe die tiermedizinischen Standards in der Gruppe noch weiter erhöhen werden.“

CV Prof. Reto Neiger

Neiger (ACVIM/ ECEIM) erlangte seine Approbation 1988 an der Universität in Bern (Schweiz). Anschließend arbeitete er ein Jahr als Assistent in der Großtierpraxis sowie ein Jahr als Doktorand in der experimentellen Pathologie der Universität Bern. Nach einem Internship und einer Residency im Rahmen des ECVIM-CA sowohl in der Kleintierklinik der Universität Bern als auch in der Louisiana State University (USA) hat er einen PhD am Humanspital Bern zur caninen und felinen Herlicobacter-Infektion erlangt.
Von 1999 bis 2003 war Prof. Reto Neiger Lecturer am Royal Veterinary College in London und wurde 2003 als Professor für Innere Medizin der Kleintiere an die Universität Gießen berufen, wo er die Kleintierklinik bis 2016 leitete.
Von April 2017 bis November 2019 war er an der Tierklinik Hofheim als Internist tätig. 

PAUL feiert 5. Geburtstag

Das praktische Ausbildungs- und Lernzentrum der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig ist seit 2014 stetig gewachsen

„Eine rasante Entwicklung“ bescheinigt Julia Dittes dem SkillsLab der Leipziger Veterinärmedizinischen Fakultät. Unter dem Namen „PAUL – Praktisches Ausbildungs- und Lernzentrum“ ist es bekannt und feiert in diesem Jahr 5-jähriges Bestehen. Dittes ist von Anfang an dabei und kann sich noch erinnern, wie das SkillsLab unter der Leitung von Prof. Christoph Mülling, Leiter des Veterinär-Anatomischen Institutes, aus einer Doktorarbeit mit Hilfe von einigen engagierten Studierenden im Jahr 2014 entstand.

Was in fünf Jahren daraus geworden ist, erstaunt: über 50 Stationen zum Üben praktischer Fertigkeiten, wie Blutentnahme, chirurgische Nahttechniken, Ultraschall oder Geburtshilfe stehen bereit – gut die Hälfte selbst gebaut von den studentischen Hilfskräften oder Projektarbeitsstudenten. Stetig ist das Angebot in enger Zusammenarbeit mit den Kliniken und Instituten der VMF sowie Freunden und Förderern gewachsen. Seit 2016 ist PAUL in freundlichen Räumlichkeiten am Tor des Veti-Campus untergebracht. Da üben die Tiermedizinstudenten jeden Semesters zum Teil in betreuten Öffnungszeiten in Ruhe für Prüfungen und Praxis, zuletzt für den OP-Kurs, berichtet Dittes. Zugang haben Sie täglich in Eigenverantwortung.

Der neuste Simulator ist eine „Schaubeute“, in der sich die Studierenden über die Bienenhaltung und das Handling am Bienenstock informieren können. Aber nicht nur mit ganz kleinen Patienten muss der Tiermediziner klar kommen, sondern auch mit ganz großen: Deshalb bietet PAUL auch Pferdehandlingkurse an.

Dittes, die eine Doktorarbeit im Bereich der Clinical Skills Simulatoren schreibt und seit ihrem Studienabschluss im vergangenen Jahr der erste wissenschaftliche Mitarbeiter von PAUL ist, wünscht dem Projekt für die nächsten fünf Jahre eine weiterhin so positive Entwicklung: „Damit wir den stetig steigenden Anforderungen, die Lernende und Lehrende an uns stellen, weiterhin gerecht werden können.“

Ein SkillsLab ist insbesondere an humanmedizinischen Bildungsstätten zumeist keine Neuheit mehr und auch an jeder der vier weiteren deutschen Veterinärfakultäten hat sich ein SkillsLab in unterschiedlichen Ausmaßen etabliert, weiß Dittes. Die Leipziger Geschichte, in der „aus wenig“, mit viel Teamarbeit und Herzblut „viel gemacht wurde“, sei jedoch besonders.

Das soll gefeiert werden

Unter anderem geschieht dies auf dem Leipziger Tierärztekongress 2020 in Partnerschaft mit Vetion.de: Am Freitag, 17.1. und am Samstag, 18.1. wird es am Stand der VMF einen spielerischen „VETbewerb“ unter der Moderation von Prof. Stephan Neumann (Universität Göttingen) geben. Im Zuge dessen können die Besucher der Vetexpo im chirurgischen Nähen gegeneinander antreten und attraktive Preise gewinnen. Dabei können die Besucher die Nahtpads und zahlreiche weitere Simulatoren aus dem PAUL „hautnah“ kennenlernen.

Weitere Informationen PAUL

Weitere Informationen „VETbewerb“: https://www.vetion.de/jubilaeum/

BTK macht Qualzucht bei Nutztieren zum Pressethema auf der Grünen Woche

24.01.2019

Im Rahmen der Internationalen Grünen Woche in Berlin hat die Bundestierärztekammer (BTK) am Dienstag, 22.1.2019, eine Pressekonferenz zum Thema Qualzucht bei Nutztieren abgehalten. Die Medienvertreter wurden begrüßt vom Präsident der BTK, Dr. Uwe Tiedemann, der das Anliegen und die Bedeutung dieses Themas erklärte. Nicht nur Kleintieren können durch übertriebene Zuchtziele Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt werden, auch Nutztiere leiden unter einer Reihe von Produktionskrankheiten, die durch die gezüchtete Leistungssteigerung begünstigt werden.

Tierarzt verpflichtet
Die wirtschaftlich wichtigen Körperfunktionen, wie z. B. die Milchleistung, werden dabei so stark optimiert, dass die extreme körperliche Belastung in vielen Fällen zu gesundheitlichen Schäden sowie zu einer verkürzten Lebensdauer führen. Daher haben BTK, der Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt), der Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT), die Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG) und die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) die neue Arbeitsgruppe (AG) „Qualzucht bei Nutztieren” gegründet, die am 30. Januar 2019 konstituiert wurde. „Als Qualzucht bezeichnet man bei der Züchtung von Tieren die Duldung oder Förderung von Merkmalen, die mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen für die Tiere verbunden sind. Dies ist nach § 11b Tierschutzgesetz in Deutschland verboten. Mängel in Haltung, Fütterung und Management können die züchtungsbedingten Probleme auslösen oder verstärken”, erläutert Tiedemann. „Die deutschen Tierärzte sind durch ihre Berufsordnung und durch ihren Ethik-Kodex verpflichtet, zur Sicherung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Tiere beizutragen. Insbesondere lehnen wir alle Maßnahmen ab, durch die Tiere Leistungen erbringen sollen, die ihre physische oder psychische Anpassungsfähigkeit überfordern oder die negative Konsequenzen für ihre Gesundheit und/oder ihr Wohlbefinden haben”, erklärt Dr. Heidemarie Ratsch, Präsidentin der Landestierärztekammer Berlin.

So können wir mit den Tieren nicht umgehen
Prof. Dr. Holger Martens von der FU Berlin hielt auf der Pressekonferenz einen Literatur-basierten Vortrag über die Zusammenhänge einer hohen Milchleistung und sogenannten Produktionskrankheiten, insbesondere Klauenproblemen. Er stellte fest, dass drei Viertel der Tiere während einer Laktation erkranken, die Hälfte von ihnen sogar wiederholt, so dass die Erkrankungsrate bei 1,5 pro Tier und Laktation liegt. “Wenn nur 50 Prozent der Tiere krank sind, ist das nicht mehr zu akzeptieren”, so Martens. Nicht selten würden Tiere bereits nach der ersten Laktation aus der Produktion genommen. Dies sei sowohl aus Tierschutz- als auch aus ökonomischer Sicht eine Katastrophe. Martens: “So können wir mit den Tieren nicht umgehen!”

Zucht zu einseitig auf Leistungsparameter ausgelegt
Prof. Dr. Thomas Richter, Vorsitzender des BTK-Ausschusses Tierschutz, schloss sich der Meinung seines Kollegen an und berichtete über die zuchtbedingten Probleme in der Schweineproduktion. „Beim Schwein sind das die Anzahl der Ferkel je Muttersau und Wurf bzw. Jahr, die Anzahl der Geburten im Leben jeder Muttersau und die tägliche Zunahme beim Mastschwein. Jede dieser Körperfunktionen kann zu tierschutzrelevanten Schäden führen, wenn die Zucht zu einseitig auf Leistungsparameter ausgelegt wird”, so Richter. Das kann auch durch gutes Management nicht ausgeglichen werden. Laut Tierschutznutztierhaltungsverordnung dürfen Saugferkel unter 3 Wochen nur abgesetzt werden, wenn es zum Schutz vor Schmerzen, Leiden oder Schäden erforderlich ist. „Wird also routinemäßig ein künstliches Ammensystem verwendet, weil die Sau nicht alle Ferkel versorgen kann, ist damit implizit zugestanden, dass der Qualzuchtparagraph erfüllt ist”, so Richter weiter.

Umdenken in der Tierzucht notwendig
Abschließend wurden ein Umdenken in der Tierzucht sowie eine Zuchtselektion für mehr Tiergesundheit und mehr Tierwohl gefordert, denn aktuell hat die Zucht landwirtschaftlicher Nutztiere als wichtigstes Ziel, die wirtschaftlich wichtigen Körperfunktionen zu optimieren. Weiterhin müssten Aufklärung, Öffentlichkeitsarbeit und Fortbildung zum Thema Qualzucht kontinuierlich verfolgt und weiter ausgebaut werden.