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Rindergrippe/Enzootische Bronchopneumonie (EBP)

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Einleitung

Atemwegserkrankungen sind gerade bei Kälbern und in der kalten Jahreszeit ein weit verbreitetes Problem, das große finanzielle Verluste für den Landwirt mit sich bringt. Besonders gefährdet sind über zwei Wochen alte Kälber in Betrieben mit intensiver Tierproduktion.

Multifaktoriell bedingte Atemwegserkrankungen wie die Enzootische Bronchopneumonie (EBP) führen zu ausgeprägten Leistungs- und Entwicklungsstörungen, die besonders durch verminderte Gewichtszunahmen, Gewichtsverluste und ein erhöhtes Erstkalbealter auf Grund von irreversiblen Lungenschäden gekennzeichnet sind. Aber auch Todesfälle sind möglich. Daher muss mit der Behandlung der Tiere mit einem geeigneten Antibiotikum (z.B. Florfenicol) und einem nicht steroidalen Entzündungshemmer (NSAID) wie Flunixin-Meglumin sofort bei den ersten Anzeichen begonnen werden. Diese sind vor allem eine erhöhte Körpertemperatur und eine erhöhte Atemfrequenz, noch bevor ein vermindertes Allgemeinbefinden sichtbar wird (Details s. Kap. Warnsignale).

Ziel der Behandlung muss es sein, die weitere Ausbreitung der Krankheisterreger zu verhindern, die gleichzeitig auftretenden, überschießenden Entzündungsreaktionen in der Lunge zu unterbrechen und das Allgemeinbefinden des Tieres schnell wieder zu verbessern.

Um eine weitere (enzootische) Ausbreitung im Bestand zu verhindern, sollten gefährdete aber noch nicht erkrankte Tiere sicherheitshalber gleich metaphylaktisch versorgt werden. Vorbeugend sollten alle Tiere rechtzeitig – nach Möglichkeit mindestens zwei Wochen vor vorhersehbaren Risikoperioden wie z.B. Stresssituationen oder Transporte - gegen die Primärerreger der Rindergrippe wie BRSV, PI-3-Virus und Mannheimia haemolytica geimpft werden.

Mehr zur EBP, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und der pro- und metaphylaktischen Maßnahmen sowie zur Therapie lesen Sie in diesem Fokusthema.

Bedeutung & Wirtschaftliche Verluste

Rindergrippe verursacht hohe wirtschaftliche Verluste

In Fresser- und Kälbermastbetrieben mit Zukauf aus verschiedenen Herkünften, stellen Atemwegserkrankungen oft ein Bestandsproblem mit enzootischem Verlauf dar. Sie sind häufig auf Ernährungs- und Haltungsmängel sowie eine bei Kälbern noch ungenügend ausgebildete Immunität zurückzuführen. Ist die Krankheit in einem Betrieb erst einmal ausgebrochen, lässt sich eine Ausbreitung im Bestand ohne den Einsatz von Arzneimitteln kaum mehr verhindern.

Große Verluste durch Bronchopneumonien und Durchfallerkrankungen
Pneumonien haben sich bei Kälbern und Jungrindern mit zunehmender Intensivierung der Tierhaltung in den letzten Jahrzehnten von einer unbedeutenden Einzeltiererkrankung zur wichtigsten und häufigsten Aufzuchterkrankung des Rindes entwickelt (Senf et al. 1988, Hilgenstock 2003).
Bronchopneumonien verursachen mittlerweile neben Durchfallerkrankungen weltweit die größten Verluste in der Kälberaufzucht. Enorme finanzielle Einbußen für die Landwirte sind die Folge (Smith 1996, Fulton et al. 2000).
Aufgrund respiratorischer Infektionen in Kälberaufzucht- und –mastbetrieben entstehen jährlich wirtschaftliche Schäden von mehreren Mrd. Dollar, welche die finanziellen Belastungen durch alle anderen Erkrankungen der Kälber und Jungrinder weit übertreffen (Donachie 1992, Scott 1996). Auch der deutschen Landwirtschaft entsteht durch Kälberverluste jährlich ein Schaden in Millionenhöhe. Allein auf Atemwegserkrankungen sind fast 50 Prozent der in Aufzucht und Mast von Kälbern anfallenden Gesamttherapiekosten zurückzuführen (Kriebel 2007). Die Kosten sind für Mastbetriebe pro erkranktes Kalb etwa doppelt so hoch wie für Milchviehbetriebe.

Irreversible Lungenschäden

Tabelle Leistungseinbußen durch Rindergrippe

Zu den finanziellen Einbußen durch verendete Kälber addieren sich wirtschaftliche Verluste durch verminderte Tageszunahmen und ein unzureichendes Wachstum aufgrund der mit der Kälbergrippe einhergehenden massiven Entzündung der Lunge und den sich daraus ergebenden, bleibenden Lungenschäden (Heckert 2005, Kaske und Kunz 2008).

Der Einfluss von Ventilationsstörungen in der Lunge auf die spätere Leistung von Tieren wird allgemein gravierend unterschätzt. Für Masttiere wurden signifikant verminderte Tageszunahmen bei Tieren mit subakuten bzw. chronischen Lungenschäden nachgewiesen (Williams und Green 2007, Kaske und Kunz 2008). Knapp die Hälfte aller gesund geschlachteten Rinder weist Lungenschäden auf, wie eine Untersuchung von Williams und Green (2007) ergeben hat.

Bezüglich der weiblichen Kälber gilt die zügige Aufzucht unter Vermeidung von Jungtiererkrankungen als zwingende Voraussetzung für ein niedriges Erstkalbealter und eine hohe Leistung (Kaske und Kunz 2008).

Die Kosten für Entwicklungsstörungen der Tiere oder Kälber mit Dauerschäden werden von Eiblmeier (2005) mit 120 bis 250 € pro Kalb angegeben, wie einem Bericht der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (2005) zu entnehmen ist.

Merke: Die Kälbergrippe ist eine der verlustreichsten Erkrankungen in der Kälberaufzucht und verursacht dem Landwirt hohe finanzielle Einbußen durch dauerhaftes Kümmern und ein verringertes Leistungsvermögen aufgrund einer irreversiblen Schädigung der Lunge.

Allgemeines

Bei der Enzootischen Bronchopneumonie (EBP), die auch als Enzootische Rinderpneumonie, Rinder- bzw. Kälbergrippe, Shipping Fever oder Crowding disease bezeichnet wird, wird zwischen zwei Formen unterschieden (Mayr 1990, Rosenberger und Frerking 1995, Mansfeld, Hoedemaker, Martin und de Kruif 2007, Kaske und Kunz 2008):

1. Saisonal gebundene Enzootische
Bronchopneumonie: sie tritt gehäuft in den Übergangszeiten des Winters auf, wenn hohe Luftfeuchtigkeit und Kälte bzw. Zugluft mit anderen Faktoren des Stallklimas, z.B. Schadgasen, zu einer Stresssituation mit einhergehender Schwächung der Immunabwehr führen.

2. Crowding-assozierte EnzootischeBronchopneumonie:
sie kann ganzjährig in der Regel 6-14 Tage nach gemeinsamer Aufstallung von Tieren aus unterschiedlichen Herkunftsbeständen beobachtet werden. Wesentlich für das Zustandekommen der Crowding disease ist zum einen der Austausch unterschiedlicher Erreger aus verschiedenen Beständen, zum anderen Stresseinwirkungen wie Transport, Stall- und Futterwechsel.

Erkrankungszeitpunkt
An der EBP erkranken vorwiegend Kälber im Alter von >2 Wochen bis 9 Monaten (Hilgenstock 2003), also in dem Zeitraum, in dem Wachstum und Reifung der Lunge am stärksten sind (Lemke et al. 1994, Stöber 2006). Die Mehrzahl der Erkrankungen tritt in den ersten drei Lebensmonaten auf. Eine erhöhte Anfälligkeit besteht, wenn die Anzahl der passiv erworbenen, kolostralen Antikörper abnimmt (Bryson 1985, Stöber 2006) und um die Phase des Absetzens (Yates 1982) bzw. nach Futterumstellungen. Es erkranken aber auch häufig Kälber ein bis zwei Wochen nach der Umstallung bzw. nach gemeinsamer Aufstallung mit Tieren aus anderen Beständen.

Weiterhin ist eine erhöhte Krankheitshäufigkeit bei Kälbern festzustellen, die im ersten Lebensmonat an Durchfall litten, da eine massive Durchfallerkrankung Morphologie, Stoffwechsel, respiratorische Funktionen und die lokale Infektabwehr der Lunge längerfristig beeinflusst (Lemke et al. 1989).

Krankheitsfaktoren

Zusammenspiel endogener und exogener Krankheitsfaktoren

Bei der Kälbergrippe handelt es sich um eine multifaktoriell bedingte Erkrankung. Das bedeutet, dass das Krankheitsgeschehen ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren ist und selbst primär pathogene Erreger in der Regel nicht als alleinige Krankheitsursache anzusehen sind (Feyerabend 1999, Hilgenstock 2003, Lekeux 2006). Die relative Bedeutung jedes Faktors ist dabei variabel. Die Faktoren können infektiöser und nicht infektiöser Art sein.

Häufigkeit und Schweregrad der Kälbergrippe hängen nach Lekeux (2006) von der Interaktion folgender Faktoren ab:
1. Immunstatus des Tieres
2. Umweltbedingungen
3. Beteiligte Krankheitserreger

Merke: Das typische Krankheitsbild der EBP ist das Ergebnis des Zusammenwirkens von Viren, Bakterien und belastenden Haltungs- und Umweltbedingungen sowie dem Immunstatus des Tieres.

Infektiöse Faktoren/Primärerreger

Virale und bakterielle Erreger der EBP

Zu den pneumopathogenen Primärerregern der Enzootischen Bronchopneumonie (EBP) des Rindes zählen das Bovine Respiratorische Synzytial Virus (BRSV LINK), das Parainfluenza-3-Virus (PI-3 LINK) sowie Mannheimia (M.) haemolytica LINK Serovar A1 und A6 und Pasteurella (P.) multocida LINK. Sie alle können – zumindest experimentell - ein eigenständiges Krankheitsgeschehen auslösen. Daher werden sie im Folgenden kurz besprochen.

Bovines Respiratory Synzytial Virus (BRSV)
Das Bovine Respiratory Synzytial Virus (BRSV) ist ein weltweit vorkommendes Pneumovirus (Familie Paramyxoviridae). Schwere Atemwegserkrankungen werden in erster Linie durch die Subtypen A und AB hervorgerufen, indem sie sich im Zytoplasma der Flimmerepithelzellen der oberen Atemwege vermehren und so die Fähigkeit des Organismus zur mukoziliären Clearance reduzieren (Belknap 1993). Anschließend breiten sich nicht nur die Viren, sondern auch Bakterien und Toxine schnell in den unteren Atemwegen aus, was zu einem ausgeprägten Entzündungsgeschehen führt. Dies führt im weiteren Verlauf ohne Behandlung zu einer massiven Schädigung der Lunge (Details s. Kap. 5 LINK). Es sind Anzeichen eines allergisch-hyperergischen Geschehens vom anaphylaktischen Typ (Histaminfreisetzung, Aktivierung der Komplementkaskade) zu beobachten, was eine zentrale Rolle für die Pathogenität des Virus zu spielen scheint.

Parainfluenza-3-Virus (PI 3)
Nach BRSV ist PI 3 bei Kälbern die häufigste Ursache für Virusinfektionen der unteren Atemwege (Lee et al. 2005). PI 3-Viren gehören ebenso wie BRSV zur Familie der Paramyxoviridae und sind auch bei gesunden Tieren im oberen Atmungstrakt zu finden. Bei Stress oder unter ungünstigen Haltungs- oder Umweltbedingungen werden hauptsächlich die Flimmerepithelzellen in Luftröhre, Bronchien und Bronchiolen befallen. Außerdem beeinträchtigt das Virus die Aktivität der Abwehrzellen in der Lunge (Alveolarmakrophagen, Leukozyten), stört die Zilienbildung und somit die mukoziliäre Clearance. Letztere ist für die unspezifische Immunabwehr von großer Bedeutung. PI 3 ist so der optimale Wegbereiter schwerwiegender Superinfektionen mit anderen Viren und Bakterien (Stöber 2006).

Mannheimia haemolytica (M. haemolytica)
Mannheimia (M.) haemolytica (früher: Pasteurella [P.] haemolytica) gilt als bakterieller Hauptverursacher der EBP des Rindes (Confer 2009), wobei hier fast ausschließlich die Serovare A1 und A6 diagnostiziert werden. M. haemolytica kann sich nach viraler Vorschädigung der Lunge oder in Verbindung mit immunsuppressiven Stressoren in die Lunge ansiedeln. Zu den Faktoren, die anschließend zur Zerstörung des Lungengewebes und zu massiven Entzündungen führen, zählen Adhäsine, Kapsel- und äußere Membranproteine (OMP), Eisen-regulierte Oberflächenproteine (IRP), Lipopolysacharide oder Lipooligosaccharide, Enzyme und Toxine (Rice et al. 2007, Confer 2009). Die wichtigsten Virulenzfaktoren von M. haemolytica sind dabei das Leukotoxin (LktA) und das Lipopolysaccharid (LPS). Die beiden Faktoren bewirken ebenso wie eine Infektion mit BRSV eine Histamin- und Zytokinfreisetzung sowie die Aktivierung des Komplementsystems. In der Folge führt dies zu einer fibrino-nekrotisierenden Pneumonie, die je nach Umfang einen fatalen Verlauf nehmen kann.

Eisen-regulierte Oberflächenproteine (Iron Regulated Proteins = IRP)
Die natürliche Infektion mit M. haemolytica induziert die Bildung humoraler Antikörper. Diese richten sich gegen die spezifischen Oberflächenantigene der eingedrungenen Keime. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang die sogenannten Eisen-regulierten Oberflächenproteine. Das sind spezifische Membranproteine, die sich auch im Wirtstier unter natürlichen Wachstumsbedingungen auf der Oberfläche von M. haemolytica ausbilden. Sie sind serotyp-unspezifisch. Bei einer Infektion mit M. haemolytica induzieren sie die Bildung spezifischer serotyp-übergreifender Antikörper, die die Oberflächenantigene von M. haemolytica neutralisieren. Das Bakterienwachstum wird blockiert und so indirekt die Bildung des Leukotoxins verhindert (Details s. Kap. Diagnostik & Differentialdiagnosen).

Pasteurella multocida
Pasteurella (P.) multocida gehört ebenso wie M. haemolytica zur gramnegativen Familie der Pasteurellaceae.
Die Proliferation von P. multocida und die Besiedlung der unteren Atemwege führt zur Freisetzung von entzündungsfördernden Zytokinen und Adhäsinen aus den unspezifischen Abwehrzellen. Die Folge sind fibrinöse Bronchopneumonien, die zumeist jedoch weniger stark ausgeprägt sind als die durch M. haemolytica verursachten Pleuropneumonien. 4.1.5. Weitere nachweisbare Krankheitserreger Neben den bereits aufgeführten Primärerregern spielen noch weitere Viren und Bakterien beim Kälbergrippekomplex eine Rolle, die jedoch als sekundär pathogen eingestuft werden.

Viren
Das Bovine Virus Diarrhoe (BVD) -Mucosal Disease (MD) Virus und das Bovines Herpesvirus 1 (BHV 1) können am Krankheitsgeschehen der EBP beteiligt sein, in dem sie anderen Erregern wie z.B. M. haemolytica das Besiedeln der unteren Atemwege erleichtern (BHV 1) bzw. im Falle von BVD/MD ihrerseits zu einer Immunsuppression führen. Generell sind Infektionen mit BHV 1 (LINK) und BVD/MD (LINK) aber als eigenständige Erkrankung vom Komplex der Rindergrippe abzugrenzen. Weiterhin sind im Zusammenhang mit der Rindergrippe häufig auch Adeno-, Reo- und Rhinoviren nachweisbar. Sie gehören jedoch nicht zu den primär pathogenen Erregern. Die Rolle der bovinen Coronaviren ist hingegen noch nicht endgültig geklärt.


Bakterienkolonien
Bakterien
Von den bakteriellen Erregern besitzen vor allem Histophilus somni, Streptokokken, Staphylokokken, Arcanobacterium pyogenes, Moraxella bovis, E. Coli, Pasteurellen spp., Chlamydien, Salmonellen, Pseudomonaden sowie Mykoplasmen als bakterielle Sekundärerreger eine nicht unwesentliche Bedeutung für den Verlauf der Erkrankung. Vor allem Mykoplasma bovis ist sehr häufig bei einer bakteriellen Sekundärinfektion der Lunge nachweisbar (Kirchhoff und Runge 1998).

Nicht infektiöse Faktoren

Als Wegbereiter der Kälbergrippe sind die nicht infektiösen Faktoren ebenso entscheidend wie die infektiösen Krankheitserreger (siehe Kapitel 4.2. LINK). Es wird zwischen endogenen und exogenen Faktoren unterschieden.

Endogene Faktoren:
• Andere Erkrankungen
• Ermüdung und Stress bei und nach Transporten
• Fehlen der passiven und aktiven Immunabwehr, Immunsuppression
• Spezielle anatomische und physiologische Gegebenheiten der Kälberlunge (s.u.)

Exogene Faktoren:
• Ungenügende Kolostrumversorgung
• Schlechtes Stallklima (Zugluft, zu hohe Schadgaskonzentrationen, zu geringer Luftaustausch, Staubbelastung)
• Unterkühlung
• Ungünstige Haltungsbedingungen (mangelhafte Hygiene, Überbelegung)
• Standort- und Futterwechsel
• Nicht bedarfsgerechte Fütterung
• Ungenügende Flüssigkeitsversorgung
• Aufstallen von Tieren verschiedener Herkunft
• Für die Tiere besonders stressige Maßnahmen beim Einstallen

Endogene wie exogene Faktoren führen zu einer Suppression der körpereigenen Abwehr (Bötsch und Wittkowski 2000, Lekeux 2006), wodurch schwach virulente oder fakultativ pathogene Keime überhaupt erst zu Erkrankungen führen können. Nicht zuletzt, da Kälber auf die Einwirkung von Stressoren erheblich empfindlicher als Jungtiere anderer Haustierspezies reagieren (Knowles 1995).

In der Regel treten klinische Symptome innerhalb weniger Tage bis spätestens drei Wochen nach der Einstallung bzw. der Prädisposition auf (Berchtold et al. 1990).

Die Zahl der erkrankten Tiere eines Bestandes (Morbiditätsrate) kann zwischen 60 und 100 Prozent betragen. Die Anzahl der Todesfälle (Mortalitätsrate) ist mit etwa 5 bis 6 Prozent wesentlich geringer, kann unter ungünstigen Bedingungen aber auch höher ausfallen (Hilgenstock 2003).

Besonderheiten der Kälberlunge

Lungen-CT einer gesunden und eines kranken Kalbs

Beim Kalb/Rind begünstigen außerdem die anatomischen und physiologischen Gegebenheiten der Lunge das Entstehen von respiratorischen Erkrankungen. So beginnt die postnatale Lungenreifung, mit der auch eine Verbesserung der Immunabwehr des Organismus einhergeht, erst vier Wochen nach der Geburt und ist erst nach etwa einem Jahr abgeschlossen (Lekeux 1993).

Außerdem ist bei Kälbern die Ventilationsaktivität aufgrund einer geringen Dichte der Kapillaren und einer geringen alveolären Oberfläche bereits im Ruhezustand sehr ausgeprägt. Dies hat minimale Gasaustauschreserven, insbesondere bei Kälbern von Fleischrassen zur Folge (Bureau et al. 2001, Stöber 2006). Darüber hinaus neigt die Kälberlunge durch die fehlende Möglichkeit zur Kollateralventilation und die ausgeprägte Segmentierung der Lunge besonders zu interstitiellen Emphysemen und Atelektasen. Die niedrige Makrophagendichte in den Alveolen und der geringe Lysozymgehalt im Bronchotrachealschleim sind ein weiterer Grund, dass es bei Kälbern recht leicht zu Infektionen mit manifesten Funktionsstörungen kommt.

Weiterhin wird beispielsweise die Atemluft aufgrund der anatomischen Gegebenheiten beim Einatmen in den Atemwegen stark beschleunigt ("Düseneffekt"), wodurch die Viren und Bakterien leicht tief in die Lungen eindringen können. Hinzu kommt, dass mit zunehmender Atemfrequenz, wie dies bereits bei beginnenden Lungenfunktionsstörungen der Fall ist, Bronchien und Lunge den in der Atemluft enthaltenen Noxen verstärkt ausgesetzt werden (Veit und Farrell 1978).

Merke: Kälber neigen aufgrund der physiologischen und anatomischen Gegebenheiten der Lunge ohnehin zu Atemwegserkrankungen. Stressoren wie schlechte Haltungsbedingungen, Futterumstellungen, Transporte und Umstallungen begünstigen eine Erkrankung.

Infektion & Entzündungsreaktionen

Pathologische Veränderungen der Lunge

Das Eindringen von Krankheitskeimen in die normalerweise keimfreien unteren Atemwege und die Freisetzung ihrer Toxine, mobilisiert die körpereigene Abwehr und setzt verschiedene Botenstoffe (=Mediatoren) wie z. B. Interleukin-1, Interleukin-6, TNF-α, TGF-β, Interferon-γ und Prostaglandin frei, die über die Blutbahn in die Leber gelangen. Dort setzt es die sogenannte Akut-Phase-Reaktion in Gang, deren Ziel es ist, weitere Gewebsschäden zu vermeiden. Die Erreger sollen isoliert und vernichtet, schädliche Moleküle und Gewebstrümmer beseitigt und Reparaturmechanismen eingeleitet werden, um das gestörte physiologische Gleichgewicht wieder herzustellen und Folgeschäden zu vermeiden. Dabei kommt es zu einer vermehrten Freisetzung von Enzymen und anderen Entzündungsmediatoren (freie Radikale, Proteasen, Arachidonsäurederivate, Zytokine, Neuropeptide und zytolytische Produkte), was einen massiven Zustrom von weiteren Entzündungszellen nach sich zieht.


So entwickeln sich klinische Erkrankungen
Die Vermittlung zwischen dem lokalen Schaden und der anschließenden systemischen Reaktion wird durch Mediatoren übernommen. Wird das Gleichgewicht zwischen entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Mediatoren durcheinander gebracht, kann es zu einer überschießenden Entzündungsreaktion kommen. Dies muss sofort behandelt werden, da sonst weiterhin Lungengewebe in Bindegewebe umgewandelt wird, woraus eine dauerhafte Schädigung des Lungengewebes mit deutlich einhergehenden Leistungseinbußen resultiert (Lekeux 2006).

Alarmsignale

Regelmäßiges Fiebermessen hilft, Infektionen rechtzeitig zu erkennen

Auch wenn die Rindergrippe in perakuten und akuten Fällen durch plötzlich auftretende schwere Respirationsstörungen gekennzeichnet ist, können bestimmte Alarmsignale wie eine erhöhte Körpertemperatur oder eine erhöhte Atemfrequenz festgestellt werden. Daher ist die regelmäßige Kontrolle der Körpertemperatur das A und O, insbesondere bei zugekauften Tieren. Bei Zukaufstieren sollte nicht nur eine gründliche Einstallungsuntersuchung durch den Tierarzt erfolgen, sondern auch vom Landwirt sollte während der ersten 2-4 Wochen täglich die Körpertemperatur gemessen werden.

Zeigen die Tiere bereits Nasenausfluss oder Husten, ist es fast schon zu spät. Wenn diese Symptomatik mit Abgeschlagenheit, Futter- bzw. Tränkeverweigerung einhergeht, sind irreparable Schäden der Lunge in Folge des Entzündungsgeschehens bereits aufgetreten. Jedes Tier, das eine erhöhte Körpertemperatur und/oder eine beschleunigte Atmung aufweist, sollte sofort mit einem Antibiotikum und einem nicht steroidalen Antiphlogistikum (NSAID) mit stark fiebersenkender und antiphlogistischer Wirkung behandelt werden, noch bevor weitere Krankheitsanzeichen auftreten. Hier bietet sich die gebrauchsfertige Fix-Kombination Resflor® von MSD Tiergesundheit an.

Klinische Alarmsignale der Rindergrippe

Merke! Eine erhöhte Körpertemperatur kann als erster Hinweis für eine Infektion angesehen werden. Deshalb sollte der Landwirt dringend angehalten werden, insbesondere bei zugekauften Tieren, in den ersten Wochen täglich Fieber zu messen.

Klinik & Pathologie

Kalb mit Kälbergrippesymptomatik

Typisch für die Rindergrippe sind in Kombination mit einem entsprechenden Vorbericht plötzlich einsetzende, mit Fieber einhergehende Respirationsstörungen. Diese äußern sich in Hypersekretion, Bronchokonstriktion, Schleimhautödem sowie interstitielles oder alveoläres Ödem und schwerer Dysfunktion der Lunge, verursacht durch das mit der Infektion einhergehende Entzündungsgeschehen in den Atemwegen und der Lunge.

Dies führt zu einem mangelhaften Gasaustausch mit akuter Atemnot. Außerdem wird die Lunge durch das Entzündungsgeschehen irreversibel geschädigt.

Je nach Schweregrad, den vorliegenden pathophysiologischen Mechanismen und dem Maß der Reversibilität kann die Erkrankung in vier Erkrankungsgrade eingeteilt werden (Lekeux 2006).

1. Grad: Subklinische Erkrankung
2. Grad: Kompensierte klinische Erkrankung
3. Grad: Nicht-kompensierte klinische Erkrankung
4. Grad: irreversible klinische Erkrankung

Diagnostik & Differentialdiagnosen

Übersicht Probengewinnung

Diagnostik
Die Diagnose ergibt sich aus Anamnese, Stallinspektion, Adspektion und der klinischen Untersuchung der betroffenen Tiere, zu der vor allem das Messen der Körpertemperatur und die Auskultation der Lunge gehören. Durch die Auskultation lässt sich das Ausmaß der Ventilationsstörungen der Lunge weitestgehend ermitteln. Weitaus genauere Auskünfte über die Ventilationsstörungen der Lunge gibt jedoch die Messung des Sauerstoffpartialdrucks (pO2) mittels Blutgasanalyse. Auch röntgenologische und sonografische Methoden können hier weitere Auskunft geben.

Die pathologisch-anatomische Untersuchung von verendeten oder getöteten Tieren dient vor allem der Abklärung der Ursache im Rahmen der Bestandsuntersuchung. Details finden Sie in dem von MSD Tiergesundheit herausgegeben Heft "Atemwegserkrankungen bei Rindern - Diagnostischer Leitfaden für die Praxis".

Direkter Erregernachweis
Eine Erregerspezifizierung anhand der Klinik ist nicht möglich. Möglichkeiten der direkten ätiologischen Befunderhebung sind:

  1. Nasopharyngealabstrich (vorzugsweise bei BRSV)
  2. Trachealspülungen (Bronchoalveolarlavage, BAL)
  3. Transtracheale Aspiration (TTA)
  4. Lungenbiopsien

Merke: Hier ist es wichtig, sich nicht auf das kranke Tier, sondern sich auf die benachbarten Tiere in der Inkubationsphase zu konzentrieren. Es sollten Proben von 10% der Tiere, mindestens aber von 3 unbehandelten Tieren, die sich vermutlich in der Inkubationsphase befinden, gezogen und analysiert werden.

Optimaler Zeitpunkt der Probenentnahme

Informationen zur TTA
Die TTA ist eine Methode zur Gewinnung von Probenmaterial für Untersuchungen im Zusammenhang mit der Diagnostik von Atemwegserkrankungen in der Praxis. Daher wird die TTA auch in der Praxis immer häufiger angewendet. Ziel ist die Bestimmung der beteiligten bakteriellen Erreger. Sie ermöglicht eine gezielte Behandlung entsprechend den Antibiotikaleitlinien inkl. Resistenztest.

Mittels eines Trachealkatheters wird handwarme physiologische Kochsalzlösung in die Lunge eingebracht. Die Lavageflüssigkeit wird dann unmittelbar nach der Injektion wieder aspiriert. Durchschnittlich werden 4-5 ml gewonnen, von denen 2 ml für die Analyse benötigt werden. Detaillierte Informationen und Anweisungen, wie Sie als Tierarzt die TTA Schritt für Schritt durchführen können, erhalten Sie von der MSD Tiergesundheit.

Indirekter Erregernachweis
Eine weitere Möglichkeit ist der Antikörpernachweis mittels einer Blutprobe über IFT, ELISA, IPA oder PCR, der allerdings in einer Serum-Doppelprobe erfolgen sollte. Die jeweiligen Titer sind auf etwaige, innerhalb dieses Zeitraums eingetretene Serokonversionen zu prüfen.

Differentialdiagnosen
Differentialdiagnostisch zur Enzootischen Bronchopneumomie kommen in Betracht:

  • Infektiöse Bronchitis
  • Infektiöse Bovine Rhinotracheitis (IBR)
  • Primäre Pasteurellose
  • Akutes Atemnotsyndrom
  • Lungenwürmer
  • Intoxikation

Therapie

Die Zeit drängt

Wesentlich für den Therapieerfolg ist vor allem ein schneller Behandlungsbeginn.
Hier gilt: Jede Stunde zählt.
Verschleppte Infektionen führen oft zu schwerwiegenden irreversiblen Lungenschäden, die unweigerlich ein späteres Kümmern und u.U. lebenslange Leistungseinbußen der Tiere zur Folge haben.

Die Therapie der Bronchopneumonie muss sich zum einen auf die Bekämpfung der bakteriellen Infektionen konzentrieren. Zum anderen ist es wichtig, die damit in der Regel einhergehenden, ausgeprägten Entzündungsprozesse zu stoppen, um eine irreversible Schädigung der Lunge zu verhindern.

Merke: Je schneller die Behandlung erfolgt, umso besser sind die Heilungsaussichten. Nur eine rechtzeitige und effektive Behandlung kann die Leistungsfähigkeit der Tiere erhalten.

Behandlung mit einem Antibiotikum
Bei der Auswahl eines geeigneten Antibiotikums ist darauf zu achten, dass es schnell wirkt und ein breites Wirkspektrum, vor allem gegen die verschiedenen Erreger und Begleitkeime der Rindergrippe (M. haemolytica, P. multocida, Mykoplasma bovis, Histophilus somni, Str.spp.) besitzt. Weiterhin müssen innerhalb kürzester Zeit hohe Wirkspiegel des Antibiotikums in der Lunge verfügbar sein.

Die Prognose richtet sich nach den bereits erkennbaren klinischen Symptomen

Dadurch wird eine weitere Ausbreitung der Erkrankung verhindert, das Freisetzen von Bakterientoxinen gestoppt und eine weitere Schädigung des Lungengewebes unterbunden. M. haemolytica kommt hier eine besondere Bedeutung zu, da der Erreger in der Lage ist, ein Leukotoxin zu bilden, das sowohl die weißen Blutzellen (Leukozyten) in der Lunge in ihrer Aktivität stark einschränkt, als auch Lungenzellen zerstört (Heckert 2008).

Florfenicol: Antibiotikum der ersten Wahl bei EBP
Ein für die Behandlung von Atemwegserkrankungen sehr potentes Breitbandantibiotikum mit guter Resistenzlage ist Florfenicol (Priebe 2003, Kroker 2006). Das bakterizid wirkende Antibiotikum hat ein breites Wirkungsspektrum gegen eine große Anzahl von grampositiven und gramnegativen Keimen, in dem es die bakterielle Eiweißsynthese in den Ribosomen hemmt. Es besitzt hervorragende minimale Hemmstoffkonzentrationen für M. haemolytica (1,0 μg/ml) sowie für P. multocida und H. somni (0,5 μg/ml) (Varma 1995, Priebe 2003).

Florfenicol tötet die Bakterien zuverlässig ab und dezimiert so die Bakterienkolonien innerhalb von 24 Stunden in so großem Maße, dass ein erneutes Wachstum nicht mehr stattfinden kann (De Haas et al. 2002).

Kaum Therapieversager und Rückfälle
Weltweit durchgeführte klinische Studien mit großen Tierzahlen unter konventionellen und industriellen Haltungsbedingungen belegen die hervorragende therapeutische Wirksamkeit von Florfenicol. Wirtschaftliche Verluste, bedingt durch Therapieversager und Rückfälle, konnten entscheidend verringert werden. Im Vergleich mit anderen antimikrobiell wirksamen Substanzen erwies sich Florfenicol innerhalb des Behandlungsregimes als ein effektives und zuverlässiges Antibiotikum ohne nennenswerte lokale oder systemische Komplikationen (Feyerabend 1999).

Aber auch Cefquinom, ein Cephalosporin der IV. Generation, weist eine sehr gute und schnelle Wirksamkeit gegen die bakteriellen Erreger der Rindergrippe sowie gegen die übliche Begleitflora auf.

Behandlung mit nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAID)
Neben einer Behandlung mit einem Antibiotikum sollten die Tiere mit einem starken Entzündungshemmer behandelt werden, der einerseits die überschießende Entzündungskaskade unterbricht, gleichwohl die Schmerzen lindert, als auch das Fieber senkt und somit das Allgemeinbefinden der Tiere schnell verbessert. Nur so können Folgeschäden der Lunge weitgehend vermieden werden (Lockwood et al. 2003, Heckert 2008). Die kombinierte Therapie zeigte gegenüber der alleinigen Antibiotikabehandlung signifikante Vorteile bei der Verbesserung der klinischen Parameter und bei der Auswertung des Therapieerfolges.

Merke:Eine dauerhafte Schädigung des Lungengewebes erfolgt in der Regel nicht durch die viralen oder bakteriellen Krankheitserreger selbst, sondern ist Folge der mit der Kälbergrippe einhergehenden, überschießenden Entzündungsreaktion.

Beeinflussungsmöglichkeiten der Entzündungsprozesse

Nicht-steroidale Antiphlogistika
Für die Behandlung eignen sich insbesondere nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID) wie Flunixin (Feierabend 1999, Heckert 2008). Dies sind potente Entzündungshemmer mit einer ausgeprägten fiebersenkenden und schmerzlindernden Wirkung. Sie beruht auf der Hemmung der Cyclooxygenase, einem wichtigen Enzym bei der Prostaglandinsynthese (PG E2), deren Ausgangsstoff die vierfach ungesättigte C20-Fettsäure Arachidonsäure ist. Nicht-steroidale COX-Hemmer (NSAID) weisen im Gegensatz zu Glukokortikoiden keine immunsuppressive Wirkung bzw. Hemmung der neutrophilen Granulozyten auf.

Flunixin wirkt

  • antiphlogistisch
  • antipyretisch
  • analgetisch
  • antitoxämisch

Untersuchungen zeigten, dass die Gabe von Flunixin-Meglumin eine sinnvolle und sichere Ergänzung zur antibiotischen Therapie bei bovinen Respirationserkrankungen darstellt (Feyerabend 1999).

Fiebersenkend, schmerzlindernd und besonders schnell wirksam Flunixin-Meglumin hat sich in der Veterinärmedizin als potenter Entzündungshemmer mit sehr guter fiebersenkender und schmerzlindernder Wirkung bewährt. Darüber hinaus ist sein besonders schneller Wirkungseintritt bei den Tierärzten beliebt. Nicht selten setzt die Wirkung bereits ein, während der Tierarzt noch auf dem Hof ist (Weingarten 2009). Ein weiteres Plus ist die verglichen mit anderen NSAID lang anhaltende Wirkung.

Flunixin-Meglumine ist ein reversibler nicht selektiver Hemmer der Cyclooxygenase (COX) 1 und 2. COX 1 und COX 2 sind wichtige Enzyme in der Prostaglandinsynthese, deren Ausgangsstoff die vierfach ungesättigte C20-Fettsäure Arachidonsäure ist. Prostaglandine spielen bei einer Vielzahl komplexer Entzündungsreaktionen eine Schlüsselrolle. COX 1 und 2 katalysiert neben der Bildung von Prostaglandinen (PG) auch die von Prostacyclin (PGI2) und von Thromboxanen (TX).

Glukokortikoide sind ungeeignet
Glukokortikoide sind aufgrund ihrer immunsuppressiven Wirkung und der Hemmung der Aktivität der neutrophilen Granulozyten, die eine wichtige Rolle bei der zellulären Erregerabwehr bei der EBP spielen, als Entzündungshemmer dagegen weniger geeignet.

Lungen-Schutz-Therapie (LST) bzw. Fix-Kombi

LungenSchutzTherapie (LST)
Zwei moderne Behandlungsgrundsätze für die Rindergrippe sind:

  1. Je früher die Behandlung, desto besser die Heilungsaussichten
  2. Die Tiere immer mit einer Kombination aus Antibiotikum (schnelle Abtötung der Bakterien) und NSAID (schnelle Unterbrechung der überschießenden Entzündungsreaktion im Lungengewebe, um bleibende Lungenschäden zu vermindern) behandeln.

MSD Tiergesundheit bietet ein entsprechendes Kombinationspräparat zur LungenSchutzTherapie (=LST) an, das aus einer einmaligen, gleichzeitigen s.c.-Injektion des Antibiotikums Florfenicol und des NSAID Flunixin-Meglumin besteht. Die LST (im Landwirtschaftsbereich auch als „Fix-Kombi“ bezeichnet) bewirkt eine schnellere klinische Verbesserung des Krankheitsbildes. Zeichen der Besserung sind schnell sinkendes Fieber und eine rasche Besserung des Allgemeinbefindens sowie der Atemfunktion (Behr 2008, Weingarten 2009). Das haben diverse Feldstudien und experimentelle Untersuchungen gezeigt (Balmer et al. 1997, Behr 2008).

Bereits 5,5 Stunden nach einmaliger s.c.-Gabe der Fix-Kombi werden um 30% höhere maximale Florfenicol-Spiegel im Plasma erzielt im Vergleich zur Anwendung des Antibiotikums ohne NSAID.

LungenSchutzTherapie: Eine Injektion, doppelte Wirkung
Die LungenSchutzTherapie mit Resflor® von MSD Tiergesundheit hat außerdem den Vorteil, dass die Behandlung durch nur eine subkutane Injektion von 2ml/15 kg KG erfolgt, was den Arbeitsaufwand und den Stress für das Tier reduziert. Außerdem sind die beiden Wirkstoffe aufeinander abgestimmt und im Rahmen der Arzneimittelzulassung geprüft worden, so dass weder Wechselwirkungen noch Nebenwirkungen zu befürchten sind.

Nach der Behandlung geht die Rektaltemperatur schnell und deutlich zurück

Weniger Todesfälle durch Fix-Kombination
Bei Kälbern, die sowohl mit Florfenicol als auch mit Flunixin behandelt worden sind, ist in der Regel ein milderer Krankheitsverlauf mit weniger Todesfällen zu beobachten als bei Kälbern, die nur mit einem Antibiotikum behandelt worden sind (Van Donkersgoed et al. 2009). Außerdem sinkt die Körpertemperatur der fieberhaften Kälber, die mit der Kombination Florfenicol + Flunixin behandelt wurden, sehr viel rascher als bei Tieren, die nur Florfenicol erhielten (Weingarten et al. 2006) oder statt der Kombination mit Kochsalzlösung behandelt wurden (Kontrollgruppe) (Ramage et al. 2008). Durch die Fix-Kombination sinkt das Fieber bereits nach sechs Stunden.

Merke: Wird die Lungenentzündung zu spät erkannt und behandelt, so kann es zu bleibenden Lungenschäden kommen. Eine rechtzeitig durchgeführte LungenSchutzTherapie (LST), die aus der kombinierten Gabe von Florfenicol und Flunixin besteht, kann bleibende Lungenschäden vermindern. Es tritt praktisch eine sofortige Besserung des Allgemeinbefindens ein.

Ergänzende Behandlungsmaßnahmen
Neben der antimikrobiellen Therapie in Kombination mit einem nicht-steroidalen Antiphlogistikum (NSAID) zielen die weiteren therapeutischen Maßnahmen vor allem auf die Beseitigung der Atemnot ab, um die Auswirkungen der Respirationsstörungen zu minimieren. Hier können ergänzend schleimlösende Bronchospasmolytika oder Sekretolytika verabreicht werden. Voraussetzung ist, dass diese bei lebensmittelliefernden Tieren zugelassen sind.

Die Effektivität von Paramunitätsinducern als Behandlungsmaßnahme wird kontrovers diskutiert. Grundsätzlich erscheint eine Wirkung auch bei hochgradig erkrankten Tieren über eine Aktivierung der Phagozytose, eine Stimulation der weißen Blutkörperchen (Lymphozyten) und eine vermehrte Bildung von Interferon denkbar. Allgemein jedoch werden Paramunitätsinducer eher im prophylaktischen und metaphylaktischen Bereich eingesetzt.

Grippe-Behandlung 3.0

Molekül Tildipirosin

Neues Makrolid-Antibiotikum ermöglicht lange Wirkung bei kurzer Wartezeit
Ende Mai 2011 ist in Deutschland und Europa ein neues Makrolid-Antibiotikum zur Behandlung der Rindergrippe zugelassen worden: ZUPREVO®. ZUPREVO enthält den Wirkstoff Tildipirosin, der vor allem durch seine optimalen Resorptionseigenschaften nach nur einmaliger subkutaner Injektion sehr schnell und langanhaltend gegen alle klinisch und wirtschaftlich bedeutenden Keime der Rindergrippe wie M. haemolytika, P. multocida und H. somni wirkt.

Sehr gute Gewebegängigkeit und Verteilung Bereits vier Stunden nach der Behandlung ist die minimale Hemmkonzentration (MHK90) für alle drei Zielkeime in der Lunge erreicht bzw. sogar um das 2-9-fache überschritten. Zehn Tage nach der Behandlung werden beim Rind in der Bronchialflüssigkeit 70-fach und in der Lunge sogar 210-fach höhere Wirkstoffkonzentrationen gemessen als im Plasma. Daraus ergeben sich anhaltende Wirkstoffspiegel über der MHK90 für M. haemolytika und P. multocida im Bronchialsekret von 21 Tagen und im Lungengewebe sogar von 28 Tagen. Dadurch setzt sich der Wirkstoff bei einer gleichzeitig kürzeren Wartezeit von nur 47 Tagen deutlich positiv von anderen Makrolidantibiotika ab.

Metaphylaxe

Ziel einer metaphylaktischen Behandlung ist es, noch gesunde Tiere, die aber zu erkranken drohen (es sind bereits Tiere im Bestand erkrankt, hohes Erkrankungsrisiko), vor einer Erkrankung zu schützen. Ist die Erkrankung in einem Bestand bereits ausgebrochen, werden entsprechend alle Tiere einer Herde/Bestand behandelt, also sowohl die kranken (therapeutisch) als auch die gesunden (metaphylaktisch). Eine metaphylaktische Behandlung kann auch dann erfolgen, wenn aufgrund von Managementmaßnahmen (Zukauf, Umstallung usw.) ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für die Tiere zu erwarten ist (Einstallungsprophylaxe).

Keine Anzeichen für zunehmende Resistenzen durch Metaphylaxe
Bislang konnten Studien die Befürchtungen, dass eine metaphylaktische Antibiotikagabe die Zahl bakteriellen Resistenzen erhöht und so die Behandlungsmöglichkeiten der Tiere bei späteren Infektionen verschlechtert, nicht bestätigen (Griffin 2007).

Die metaphylaktische Behandlung zum Schutz vor Atemwegserkrankungen kann oral über das Futter oder parenteral erfolgen.

Nachteile der oralen Verabreichung können sein:

  • Inhomogene Vermischung mit dem Futter
  • Ungenaue Dosiermöglichkeit (Appetitlosigkeit, Verdrängen)
  • u.U. geringe Akzeptanz aufgrund von Geschmacksabweichungen
  • Gefahr der Unterdosierung
  • Interaktion des Arzneimittels mit der Pansenfermentation


Bei der Behandlung des Einzeltieres per injectionem ist zwar der Arbeitsaufwand höher, das Arzneimittel kann aber exakt dosiert werden, wodurch eine optimale Wirksamkeit gewährleistet ist.

In Deutschland sind von der MSD Tiergesundheit zwei bakterizide Präparate auf dem Markt, die nicht nur zur Therapie sondern auch zur metaphylaktischen Behandlung von Atemwegsinfektionen beim Rind zugelassen sind.
Beide Präparate enthalten das Antibiotikum Florfenicol und erreichten die MBK90 (minimale bakterizide Konzentration) gegen diese Erreger nachweislich in weniger als einer Stunde (Schuster et al. 2004, Varma et al. 1998). Als echte "Originale" wurden sie in klinischen Studien auch am kranken Tier umfangreich geprüft.

Prophylaxe

Immunologische Lücke

Da es sich bei der Kälbergrippe um das Zusammenspiel verschiedener infektiöser und nicht-infektiöser Faktoren (Details s. Kap. Krankheitsfaktoren) handelt, kommt den verschiedenen prophylaktischen Maßnahmen eine besondere Rolle bei der Prävention dieser Erkrankung zu. Dazu gehören ein gutes Kolostrummanagement, die Optimierung der Haltungsbedingungen und das Vermeiden von immunsuppremierendem Stress genauso wie eine wirksame Schutzimpfung. Die Impfung allein bringt ohne Begleitmaßnahmen häufig keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Des Weiteren sollten stets alle Tiere einer Gruppe bzw. alle empfänglichen Tiere eines Bestandes geimpft werden.

Schutzimpfungen allgemein
Schutzimpfungen senken sowohl die durch die Primärerreger bedingten Erkrankungs- und Verlustraten, als auch das Risiko von Sekundärinfektionen. In einem wirtschaftlichen und gut geführten Betrieb sind sie daher schon lange Bestandteil des Herdenmanagementprogramms.

Spezifische und unspezifische Immunabwehr
Impfstoffe bewirken die gezielte Ausbildung spezifischer und unspezifischer Abwehrreaktionen gegen bestimmte Antigene (z.B. Mikoorganismen). Zu den spezifischen Immunreaktionen gehören die Bildung spezifischer Antikörper sowie die Bildung von Gedächtniszellen. Dies führt zu einer langanhaltenden und stabilen Immunität gegen die im Impfstoff enthaltenen Antigene. Die unspezifische Abwehr wird durch das verwendete Adjuvans und die Verabreichungsform stimuliert. Das Tier ist dadurch im Falle einer erneuten Infektion viel schneller und intensiver in der Lage, spezifische Antikörper gegen das Antigen zu produzieren und auf diesem Wege eine Erkrankung, einhergehend mit Leistungseinbußen, zu verhindern.

Impfungenn sind ein wirksamer Schutz

Bestandsimpfung
Als Schutzimpfung gegen die Rindergrippe haben sich besonders gut Kombinationsimpfstoffe bewährt, die mehrere Erregerkomponenten enthalten. Der Kombinationsimpfstoff Bovigrip® RSP plus gegen die Rindergrippe von MSD Tiergesundheit enthält virale (BRS- und PI-3-Virus) und bakterielle (M. haemolytica) Antigene. Die daraus hervorgehende Immunität ist mit der einer Infektionsimmunität vergleichbar. Eine schützende Immunität gegen BRSV, PI-3 und Mannheimia haemolytica Serotyp A1 und A6 wurde in Belastungsinfektionsversuchen nachgewiesen, in welchen die experimentelle Infektion 2 - 6 Wochen nach der Grundimmunisierung durchgeführt wurde. Untersuchungen ergaben, dass noch 5 Monate nach abgeschlossener Grundimmunisierung Antikörper gegen Antigene des BRS-Virus, des PI-3-Virus sowie gegen den Mannheimia haemolytica Serotyp A1 nachgewiesen werden konnten. Hier besteht ein serotyp- übergreifender Schutz für A6.

MRP-Technologie

Optimierter Mannheimia-Schutz durch IRP-Technologie
MSD Tiergesundheit verwendet zur Herstellung seines Impfstoffes gegen die Rindergrippe eine Technologie zur Anzüchtung der M. haemolytica- Keime unter eisenrestriktiven Bedingungen. Nur so kommt es zur Ausbildung der so genannten Eisen-regulierten Oberflächenproteine (IRP). Das sind spezifische Membranproteine, die sich auch im Wirtstier unter natürlichen Wachstumsbedingungen auf der Oberfläche von M. haemolytica ausbilden. Die damit induzierte Immunantwort ist intensiver und breitgefächerter (Serovarietät-übergreifend) als bei Verwendung konventionell angezüchteter Impfkeime. Gleichzeitig besteht Kreuzimmunität zu M. haemolytica Serotyp A6.

Bei einer natürlichen Infektion mit M. haemolytica induzieren die IRPs die Bildung spezifischer Antikörper, die die Oberflächenantigene von M. haemolytica neutralisieren. Das Bakterienwachstum wird blockiert und so indirekt die Bildung des Leukotoxins verhindert.

Bovigrip® RSP plus ist derzeit der einzige Rindergrippe-Kombinationsimpfstoff auf dem Markt der für die Bestandimpfung inklusive hochtragender und laktierender Kühe sowie zur Frühimpfung der Kälber bereits ab der 2. Lebenswoche zugelassen ist.

Immunologische Lücke

Kälberimpfung
Der Kombinationsimpfstoff von MSD Tiergesundheit ist ein Totimpfstoff, der bereits ab der zweiten Lebenswoche eingesetzt werden kann. So bewirkt er bei Kälbern eine rechtzeitige aktive Immunisierung und verhindert die Manifestation der so genannten bakteriellen und viralen "Leitkeime", bevor die maternalen Antikörper gänzlich abgebaut sind. Dadurch wird die immunologische Lücke, in der die Tiere besonders anfällig für Infektionen sind, auf ein Minimum reduziert.

Impfung hochtragender Kühe
Treten in einem Bestand gehäuft Atemwegserkrankungen bei Kälbern vor dem 8. Lebenstag auf, sollten die Muttertiere acht bzw. vier Wochen ante partum geimpft werden. Dadurch wird das Kolostrum vermehrt mit Antikörpern gegen BRSV, PI 3 und M. haemolytica angereichert. Auf diese Weise kann ein wirksamer passiver Schutz der Kälber erzielt werden, bis diese das impffähige Alter erreicht haben. Grundvoraussetzung ist an dieser Stelle ein gutes Kolostrum-Management!

Impfschema gegen Rindergrippe (TÄ)

Merke: Um einen wirksamen Schutz für den Bestand zu erzielen und den Infektionsdruck zu senken, ist es wichtig, alle impffähigen Tiere eines Bestandes zu impfen. Durch Nichtimpfen einzelner Tiere entstehen Impflücken, die eine Erregerausbreitung begünstigen und somit zum verstärkten Auftreten von klinischen Erkrankungen führen können.

Trotz Impfung der hochtragenden Tiere ist es möglich, die Kälber bereits ab dem Alter von 2 Wochen zu immunisieren.
Die Grundimmunisierung der Kälber sollte optimalerweise zu Beginn der Mast abgeschlossen sein oder im Mastbetrieb unter Quarantänebedingungen erfolgen.

Simultanimpfung gegen BHV 1 und BVD/MD
Auch eine Infektion mit BHV 1 (Bovines Herpesvirus 1) kann das Infektions- und Krankheitsgeschehen der EBP negativ beeinflussen. In Betrieben, die noch gegen BHV-1 impfen, empfiehlt sich eine Simultanimpfung der Kälber gegen Kälbergrippe und die Infektiöse Bovine Rhinotracheitis (IBR). Wird die IBR-Impfung ab einem Alter von zwei Wochen intranasal vorgenommen, bilden die Tiere neben einer systemischen Immunität bereits kurz nach der Applikation zusätzlich eine lokale Immunität der Nasenschleimhaut aus.

Dies hat hinsichtlich der Kälbergrippe den Vorteil, dass sie das Eindringen der Erreger an der Eintrittspforte, der Nasenschleimhaut, verhindern. Eine Simultanimpfung wird ab der 3. Lebenswoche empfohlen und ist mit den Impfstoffen von MSD Tiergesundheit zugelassen.

Management & Haltung

Die Behandlung sollte außerdem unbedingt durch Maßnahmen ergänzt werden, die auf eine Senkung des Infektionsdrucks abzielen. Dazu gehören z. B. Verbesserungen im Management sowie zusätzliche hygienische Maßnahmen (Reinigungsmaßnahmen im Stallbereich, Optimierung des Mikroklimas im Tierbereich, Haltung neu zugekaufter Tiere in Quarantäneboxen, Reduzierung der Besatzdichte usw.).

Haltungsbedingungen
Als wichtigste Präventionsmaßnahme neben der Impfung müssen die Haltungsbedingungen optimiert werden. Dazu gehören neben einer guten Hygiene u.a. die Analyse und die anschließende Verbesserung der Qualität der Atemluft. Staubgehalt, Schadgaskonzentration, Keimgehalt sowie Luftfeuchtigkeit müssen so gering wie möglich gehalten werden. Zugluft und zu große Luftgeschwindigkeiten sind jedoch unbedingt zu vermeiden.

Stallbedingungen = Bedingungen im Freien sind optimal
Nach Möglichkeit sollten die Stallbedingungen den klimatischen Bedingungen im Freien entsprechen. Des weiteren sollten die Tiere nach Altersgruppen getrennt untergebracht (< 2, 2-6, > 6 Monate) und die Ställe im Alles-rein-Alles-raus-Verfahren mit gründlicher Zwischenreinigung und -desinfektion belegt werden. Die Belegdichte sollte so veranschlagt sein, dass jedem Tier mit einem Körpergewicht von 50 kg mindestens 7 – 8 m3 Luftraum zur Verfügung steht. Futter und Wasser sollten stets in einwandfreier Qualität angeboten werden. Es ist zu bedenken, dass jede Form von Stress die Anfälligkeit für eine Infektion erhöht. Daher sollten alle Maßnahmen (Enthornen, Absetzen, Umstallen, Transport, Futterumstellungen) mit Bedacht und großer Sorgfalt durchgeführt werden.

Einschleppung von Keimen verhindern
Darüber hinaus sollten alle zugekauften Tiere einer Einstellungsuntersuchung unterzogen und vorerst in einem separaten Stall (Einstellungsquarantäne) untergebracht werden. Die Körpertemperatur ist regelmäßig zu kontrollieren, um eine mögliche Infektion frühzeitig zu erkennen und entsprechend behandeln zu können. Das Risiko, dass sich Kälber mit "fremden" Keimen infizieren, steigt mit der Anzahl der Keimträger. Je kleiner die Zahl der Händler ist, von denen die Kälber zugekauft werden, desto geringer ist auch das Risiko, "neue" Keime einzuschleppen.
In jedem Fall sollten die Tiere in Beständen mit zugekauften Kälbern regelmäßig 14 Tage vor etwaigen Stresssituationen und Transporten geimpft werden.

Regeln zum Aufstallen
Kälber sollten nach Altersgruppen getrennt aufgestallt werden (< 2, 2-6, > 6 Monate). Die Belegdichte sollte gering gehalten werden, da sonst der Keimdruck zu groß wird. Jedem Kalb mit 50 kg Körpergewicht sollten mindestens 7 – 8 m3 Luftraum zugestanden werden. Ein geringerer Luftraum kann nicht durch höhere Lüfterleistung kompensiert werden, da die Luftgeschwindigkeit zu groß wird. Sie sollte 2 m/sec nicht übersteigen. Der Luftaustausch sollte mindestens 6 x stündlich erfolgen. Die Atemluft sollte ausreichend Frischluft und geringe Schadgaskonzentrationen/Staubbelastungen sowie eine nicht zu hohe Luftfeuchtigkeit aufweisen.

Publikationen

Rindergrippe

Autor: Dr. Julia Henning

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Die Schutzimpfung ist eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen die Rindergrippe. Dennoch ist auch sie ohne begleitende Maßnahmen im Bereich Haltung und Management nicht immer Erfolg versprechend.

Weitere Informationen
Die Verbesserung der Hygiene und der Haltungsbedingungen ist unumgänglich. Dazu gehören vor allem Maßnahmen, die die Qualität der Atemluft verbessern. D.h., die Schadgaskonzentration, insbesondere von Ammoniak und Kohlenmonoxyd ist zu bestimmen und ggf. durch eine Verbesserung der Hygiene und der Ventilation zu reduzieren. Sonst wird die Atemwegsreinigung durch Schleim und Flimmerhärchen behindert. Des weiteren ist auch der Staubgehalt der Luft für die Genese von Atemwegserkrankungen wichtig, da er die Schleimhäute irritiert. Ebenso schädlich ist zu hohe Luftfeuchtigkeit in den Ställen. Sie fördert die Verkeimung der Atemluft und verringert die Aktivität der Abwehrzellen der Lunge sowie den Gehalt des Bronchotrachealschleims an Antikörpern. Zugluft und übermäßige Abkühlung sind ebenfalls zu vermeiden, da sie die Funktion der Flimmerhärchen beeinträchtigen. Dadurch wird wiederum der Abtransport von Fremdpartikeln aus der Lunge verschlechtert.

Bei der Auswahl der Zuluft- und Abluftöffnungen ist dem physiologischen Umstand Rechnung zu tragen, dass Kälber im Gegensatz zu älteren Rindern durch geringe Wärmeentwicklung kaum in der Lage sind, Thermik im Stall zu entwickeln. Die Thermikentwicklung führt durch Ausstrahlung von Körperwärme zu einem Wärmeluftpolster über dem Rücken der Tiere, das nach dem Schwerkraftprinzip herabfallender Kaltluft entgegenwirkt. Durch geöffnete Stallfenster darf daher in den Liegebereich der Kälber keine kalte Außenluft herabfallen. Die Stalltemperatur sollte so beschaffen sein, dass die Tiere nicht schwitzen und die Atemfrequenz nicht zugunsten der Thermoregulation ansteigt. Kälber sollten nach Altersgruppen getrennt aufgestallt werden (< 2, 2-6, > 6 Monate).

Einem Kalb mit 50 kg Körpergewicht sollten mindestens 7 – 8 m 3 Luftraum zugestanden werden. Ein geringerer Luftraum kann nicht durch höhere Lüfterleistung kompensiert werden, da die Luftgeschwindigkeit zu groß wird. Sie sollte 2 m/sec nicht übersteigen. Der Luftaustausch sollte mindestens 6 x stündlich erfolgen. Außerdem ist darauf zu achten, dass die Belegdichte gering gehalten wird, da sonst der Keimdruck zu groß wird. Stress, wie er durch Absetzen, Enthornen, Umstallungen, Neugruppierungen und Transporten entsteht, wirkt sich in jeder Form negativ auf die Immunabwehr der Tiere aus. Daher sollte er auf ein Minimum reduziert werden. Bestimmte Stresssituationen sind jedoch nicht zu vermeiden. Deshalb ist die Stärkung der spezifischen und unspezifischen Immunität (z.B. durch Impfungen oder Paramunitätsinducern, Vitamine, Selen) erforderlich.

Frequently Asked Questions

In Deutschland ist nur ein Impfstoff gegen die Rindergrippe (Enzootische Bronchopneumonie des Rindes) zugelassen. Was zeichnet diesen Impfstoff aus?

Dieser Kombinationsimpfstoff gegen die Rindergrippe enthält neben viralen Antigenkomponenten gegen das Bovine Respiratory Synzytial Virus (BRSV) und gegen das Parainfluenza-3-Virus auch M. haemolytica als Antigenkomponente. Diese bakterielle Komponente ist das „Highlight“ des Kombinationsimpfstoffes und insofern von Bedeutung, da M. haemolytica neben den genannten Viren ebenfalls als Primärerreger agieren können.

Es gibt einen Kombinationsimpfstoff gegen die Rindergrippe, der neben verschiedenen viralen Antigenkomponenten auch M. haemolytica Serotyp A1 enthält. Deckt dieses Antigen auch den Serotyp A2 mit ab?

Ja ! Inzwischen sind die Ergebnisse von Belastungsstudien bekannt und publiziert (z.B. WBC Hannover 2002).

Handelt es sich bei diesem Kombinationsimpfstoff gegen die Rindergrippe um einen Tot- oder einen Lebendimpfstoff?

Bei dem Kombinationsimpfstoff handelt es sich um einen Totimpfstoff, da nur ein inaktivierter Impfstoff die Kompatibilität der verwendeten Viren (BRSV, PI 3) und der Bakterien (M. haemolytica) ermöglicht. Es ist nicht möglich, wirksame Lebendvakzinen gegen M. haemolytica herzustellen.

Welchen Tieren kann der Kombinationsimpfstoff verabreicht werden?

Der Kombinationsimpfstoff kann Kälbern bereits ab der 2. Lebenswoche verabreicht werden. Jedoch sollten mit diesem Totimpfstoff nur gesunde Tiere geimpft werden, um Impfprovokationen zu vermeiden !
Werden tragende Kühe 8 bzw. 4 Wochen ante partum geimpft, reichern sich die entsprechenden Antikörper im Kolostrum an, wodurch wiederum der passive Schutz für das Kalb verbessert wird.

Was versteht man unter der IRP-Technologie?

IRP (Iron Restricted Protein = Eiweißprodukte, die unter Eisenmangel gebildet werden) ist ein innovatives, International patentiertes Verfahren, bei dem unter eisenrestriktiven Bedingungen der Keim angezüchtet und vermehrt wird. Die durch diesen Impfstamm erzeugte Immunität ist qualitativ vergleichbar mit dem Schutz, der nach einer überstandenen Infektion induziert wird!
Durch dieses immunogene Potential wird auch die kreuzimmunisierende Eigenschaft von Typ A1 erklärt, der den Serotyp A2 belastbar abdeckt. Die IRP-Techologie wird zur Herstellung des Kombinationsimpfstoffes gegen die Rindergrippe verwendet.

Wodurch wird die Kälbergrippe verursacht?

Bei der Kälbergrippe handelt es sich um eine multifaktoriell bedingte Erkrankung. Das bedeutet, dass das Krankheitsgeschehen ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren ist und selbst primär pathogene Erreger in der Regel nicht als alleinige Krankheitsursache anzusehen sind. Die relative Bedeutung jedes Faktors ist dabei variabel. Die Faktoren können infektiöser und nicht infektiöser Art sein.

Zu den Primärerregern gehören:
Bovines Respiratory Synzytial Virus (BRSV) Parainfluenza-3-Virus (PI 3) Mannheimia (M.) haemolytica Pasteurella multocida

Die nicht infektiösen Faktoren wie Stress, Umstallung, Transport, nicht artgerechte Haltung, schlechte Hygiene oder Futterumstellungen führen zu einer Schwächung der körpereigenen Abwehr der Tiere und erleichtern das Angehen einer Infektion auch schwach pathogenen oder fakultativen Keimen.

Warum sind Kälber besonders anfällig für Atemwegserkrankungen?

Kälber sind aufgrund der anatomischen und physiologischen Gegebenheiten der Lunge besonders anfällig für das Entstehen von respiratorischen Erkrankungen. Diese sind:

1. Die postnatale Lungenreifung, mit der auch eine Verbesserung der Immunabwehr des Organismus einhergeht, beginnt erst vier Wochen nach der Geburt und ist erst nach etwa einem Jahr abgeschlossen.
2. Minimale Gasaustauschreserven, da die Ventilationsaktivität aufgrund einer geringen Dichte der Kapillaren und einer geringen alveolären Oberfläche bereits im Ruhezustand sehr ausgeprägt ist.
3. Fehlende Möglichkeit zur Kollateralventilation
4. Ausgeprägte Segmentierung der Lunge mit Neigung zu interstitiellen Emphysemen und Atelektasen.
5. Niedrige Makrophagendichte in den Alveolen und der geringe Lysozymgehalt im Bronchotrachealschleim.
6. Starke Beschleunigung der Atemluft in den Atemwegen beim Einatmen (

Was passiert, nachdem Keime in die unteren Atemwege eingedrungen sind?

Die Erreger setzen Toxine frei, wodurch die körpereigene Abwehr aktiviert wird und verschiedene Botenstoffe wie Interleukin-1, Interleukin-6, TNF-α, TGF-β, Interferon-γ und Prostaglandin freigesetzt werden. Sie gelangen über die Blutbahn in die Leber, wo sie die sogenannte Akut-Phase-Reaktion in Gang setzen, deren Ziel es ist, weitere Gewebsschäden zu vermeiden.

Die eingeleitete Immunabewehr führt zu einer vermehrten Freisetzung von Enzymen und anderen Entzündungsmediatoren (freie Radikale, Proteasen, Arachidonsäurederivate, Zytokine, Neuropeptide und zytolytische Produkte), was einen massiven Zustrom von weiteren Entzündungszellen nach sich zieht.

Es kommt zu einer überschießenden Entzündungsreaktion, die sofort behandelt werden muss, da sonst weiterhin Lungengewebe in Bindegewebe umgewandelt wird, woraus eine dauerhafte Schädigung des Lungengewebes mit deutlich einhergehenden Leistungseinbußen resultiert.

Wie sollte die Kälbergrippe behandelt werden?

Jedes Tier, das eine erhöhte Körpertemperatur und/oder eine beschleunigte Atmung aufweist, sollte sofort mit einem Antibiotikum und einem nicht steroidalen Antiphlogistikum (NSAID) mit stark fiebersenkender und antiphlogistischer Wirkung behandelt werden, noch bevor weitere Krankheitsanzeichen auftreten. Hier bietet sich die gebrauchsfertige Fix-Kombi von MSD Tiergesundheit an. Sie besteht aus dem hochwirksamen Breitbandantibiotikum Florfenicol und dem bewährten nicht steroidalen Entzündungshemmer Flunixin.

Warum ist die Gabe eines Entzündungshemmers so wichtig?

Damit die überschießende Entzündungsreaktion gestoppt und bleibende Gewebeschäden vermieden werden. Außerdem bessert sich durch die Gabe eines fiebersenkenden Entzündungshemmers das Allgemeinbefinden der Tiere wesentlich und die Tiere beginnen wieder zu fressen.

Ist auch eine metaphylaktische Behandlung möglich?

Ja. Für die metaphylaktische Behandlung stehen zwei Präparate von MSD Tiergesundheit zur Verfügung, die das Antibiotikum Florfenicol enthalten. Die Bakterienkolonien werden damit durch eine einmalige subkutane Injektion binnen 24 Stunden so zerstört, dass kein erneutes Wachstum mehr möglich ist.

Ist eine Kälberimpfung sinnvoll?

Ja. Durch die aktive Immunisierung der Kälber wird die Manifestation der so genannten bakteriellen und viralen „Leitkeime“ verhindert, bevor die maternalen Antikörper gänzlich abgebaut. Dadurch wird die immunologischen Lücke, in der die Tiere besonders anfällig für Infektionen sind, auf ein Minimum reduziert. Dafür steht von MSD Tiergesundheit ein Kombinationsimpfstoff zur Verfügung (Totimpfstoff), der bereits ab der zweiten Lebenswoche eingesetzt werden kann. So bewirkt er bei Kälbern eine rechtzeitige aktive Immunisierung und verhindert die Manifestation der so genannten bakteriellen und viralen „Leitkeime“, bevor die maternalen Antikörper gänzlich abgebaut sind. Dadurch wird die immunologische Lücke, in der die Tiere besonders anfällig für Infektionen sind, auf ein Minimum reduziert.

Wann sollten auch hochtragende Kühe geimpft werden?

Wenn in einem Bestand gehäuft Atemwegserkrankungen bei Kälbern vor dem 8. Lebenstag auftreten. Dann sollten die Muttertiere acht bzw. vier Wochen vor der Geburt geimpft werden. Dadurch wird das Kolostrum vermehrt mit Antikörpern angereichert. Auf diese Weise kann ein wirksamer passiver Schutz der Kälber erzielt werden, bis diese das impffähige Alter erreicht haben. Grundvoraussetzung ist an dieser Stelle ein gutes Kolostrum-Management!

Medien

Tierproduktion
In der Tierzucht und die Tierproduktion konnten in der Vergangenheit viele Erfolge erzielt werden. Entsprechend stark hat sich die Tierproduktion in den vergangenen Jahrzehnten verändert. Daher ist auch das Buch Tierproduktion seit seiner Erstauflage im Jahre 1939, als es noch unter dem Titel „Bäuerliche Viehzucht“ publiziert wurde, nun bereits in der 14 ...


Kälberkrankheiten: Ursachen und Früherkennung - Neue Wege für Vorbeugung und Behandlung
von Rademacher, Günter,
Ulmer GmbH & Co., 2. Aufl. 2007, 2007

Kälbererkrankungen resultieren in der Regel aus dem Zusammentreffen verschiedener ungünstiger, vornehmlich betriebsinterner Faktoren. Der Landwirt kann solche Verluste bereits im Vorfeld verringern, wenn er die auslösenden Faktoren der wichtigsten Erkrankungen kennt. Dieses Buch informiert über die richtige Haltung und artgemäße Fütterung, wodurch viele Erkrankungen bei Aufzucht- und Zukaufkälbern vorbeugen kann.

Inhalt & Bestellung


Rinderkrankheiten
von Hofmann, Winfried,
UTB für Wissenschaft Uni-Taschenbücher GmbH, 2005

Inhalt & Bestellung


Farbatlas Rinderkrankheiten
von Hofmann, Winfried,
Ulmer (Eugen), 2007

Inhalt & Bestellung


Tierärztliche Bestandsbetreuung beim Milchrind
von Kruif, Aart de,
Enke, 2007

Inhalt & Bestellung

Literatur

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