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Höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch hätte Vorteile

Die Mehrzahl der Konsument:innen von Fleischprodukten in Deutschland wünschen sich mehr Tierwohl. Das aber lässt die Produktionskosten für die Landwirte steigen, die diese selbstverständlich nicht tragen möchten.

Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) empfiehlt daher, die Mehrwertsteuer auf Fleisch von aktuell 7 Prozent auf 19 Prozent anzuheben. Bereits im Mai 2023 hatte die Bundesregierung verlauten lassen, dass sich die Parteien der Ampelkoalition auf die Einführung einer „Tierwohlabgabe“ geeinigt hätten.

Geplant ist, dass alle Halter:innen von Nutztieren sich mittel- und langfristig verpflichten, das Tierwohlniveau deutlich anzuheben. Darunter fallen ein Auslaufen der Stufe „Stall“ bis 2030 und der Stufe „Stall+Platz“ bis 2040. Demnach würden ab 2040 alle Nutztiere in Deutschland mindestens auf dem Tierwohlniveau der heutigen Stufe „Frischluftstall“ leben. Damit würde die Regierung den Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung (Borchert-Kommission) folgen, die schon 2020 veröffentlicht wurden.

Die ZKL empfiehlt die Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie der Förderpolitik. Die Kommission spricht sich für die Anhebung der Mehrwertsteuer aus, da dies auch vermeiden würde, dass ein neues Instrument geschaffen werden müsse. Ein weiterer Vorschlag sieht vor, dass bereits höherwertige Produkte, die aus besseren Haltungsbedingungen stammen, über die ausgezahlte Tierwohlprämie an die Betriebe ausgeglichen werden. Das Ziel sei jedoch nicht, den Fleischkonsum allgemein zu reduzieren, so die Expert:innen der ZKL. Geplant sei, dass Haushalte mit niedrigem Einkommen etwa über eine veränderte Einkommenssteuer oder das Bürgergeld entlastet werden könnten. Zudem sei es denkbar, dass die Mehrwertsteuer schrittweise angehoben würde, zumal die Investitionen für Tierwohlprämien in den ersten Jahren deutlich unterhalb von 1 Milliarde Euro pro Jahr liegen würden.

Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir zeigt sich offen für die Idee einer Mehrwertsteuererhöhung. „Der Vorschlag der ZKL, die Mehrwertsteuer auf Fleisch schrittweise zu erhöhen und gleichzeitig bei Obst und Gemüse auf null zu setzen, hätte auch eine gesundheitsförderliche Lenkungswirkung und unterstützt so auch die Ackerbauern und den Gartenbau”, erklärt der Grünen-Politiker. „Die Landwirtinnen und Landwirte sind zur Veränderung bereit, können aber nicht allein auf den Kosten für teure Stallumbauten sitzen bleiben. Das ist eine Frage der Fairness – und eine Selbstverständlichkeit, wenn auch künftig gutes Fleisch aus Deutschland kommen soll”, so der Minister abschließend.

Agrarheute

VDI-Roadmap beleuchtet Technik in der Tierhaltung

Der 2. Teil der Roadmap „Agriculture Technology 2030“ des Vereins deutscher Ingenieure (VDI) ist gerade erschienen und befasst sich nun mit der automatisierten, zukunftsfähigen Tierhaltung. „Nachdem der Teil 1 unserer Forschungsagenda zur Technik für eine nachhaltige Pflanzenproduktion gute Resonanz erfahren hat, sind wir nun froh, mit der aktuellen Publikation zur Technik in der Tierhaltung Forschungsanforderungen für den gesamten Landwirtschaftsbereich vorstellen zu können“, erklärt Dr. Markus Demmel, Vorsitzender des VDI-Fachbereichs Max-Eyth-Gesellschaft Agrartechnik.

Auch wenn zahlreiche automatisierte Systeme längst zum Alltag in der Nutztierhaltung gehören, lässt sich doch ein nicht unerheblicher Mangel an Digitalisierung erkennen. Bis zu einem individualisierten Umgang mit den Nutztieren als Grundlage für die Verbesserung des Tierwohls, für die Reduzierung von Umweltbelastungen und der Verbesserung des Ressourceneinsatzes sei es noch ein weiter Weg, heißt es in dem VDI-Report. Neben der Auflistung der Handlungsbedarfe steht aber auch der Diskurs mit Politik und Gesellschaft im Fokus der Roadmap. Die Autor:innen kommen zu dem Schluss, dass tragfähige langfristige Konzepte für die Zukunft der Tierhaltung erarbeitet werden müssten, auch für die Forschung und Lehre an den Universitäten und Hochschulen.     

 Die VDI-Roadmaps können auf der Internetseite des VDI kostenfrei heruntergeladen werden.

VDI

Schweinehalter:innen unzufrieden mit der Politik

Laut einer aktuellen Umfrage unter 500 Landwirt:innen durch die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) wird ein Großteil der Befragten in den nächsten 12 Monaten voraussichtlich keine größeren Investitionen vornehmen. Die Gründe dafür sind neben der fehlenden Planungssicherheit und hohen Genehmigungshürden besonders die Bürokratie und die mangelnde Finanzierung.

Die Ergebnisse legen ein durchweg schlechtes Wirtschaftsklima für die Schweinehaltung dar, das weniger auf der wirtschaftliche Lage als vielmehr auf den politischen Entscheidungen basiert. „Es ist nicht die aktuelle wirtschaftliche Lage, die zu Unzufriedenheit unter den Schweinehaltern führt. Vielmehr treibt die politische Situation die Bauern zur Verzweiflung“, stellt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack fest.

Insbesondere die Sauenhalter:innen seien schlichtweg frustriert und schätzen ihre Aussichten langfristig als sehr schlecht ein. Aber auch bei den Mästern und Ferkelerzeugern ist die Stimmung aktuell auf dem Tiefpunkt. So beabsichtigen rund 32 % der Befragten, ganz konkret in den kommenden fünf bzw. zehn Jahren aus der Ferkelerzeugung auszusteigen. Hinzu kommt ein weiteres Drittel, bei dem der Verbleib in der Ferkelerzeugung noch unklar ist. Das bedeutet, dass nur lediglich ca. 35 % der Ferkelerzeuger sicher weitermachen wollen. Bei den Mästern plant knapp ein Viertel, in den kommenden fünf bzw. zehn Jahren auszusteigen. Sowohl die Bundesregierung als auch die Landesvertretungen erhalten fast durchweg sehr schlechte Noten für ihre politischen Entscheidungen. Aktuell könnte jedoch die Unzufriedenheit mit der Arbeit der Regierungskoalition unter den Schweinehaltern kaum größer sein. Die in Aussicht gestellte Förderung sehen die meisten Befragten nicht als wirkliche Hilfe an.

ISN

Steuern beeinflussen das Konsumverhalten – Fleischabgabe sinnvoll

Gesunde und nachhaltige Ernährung ist Sache der Politik und diese darf die Verantwortung für Tierwohl, die gesunde Ernährung der EU-Bürger:innen und die Umweltfolgen durch Massentierhaltung nicht auf die Verbraucher:innen abschieben. Dies ist das zentrale Ergebnis einer Beratungsgruppe aus internationalen Expert:innen, die im Auftrag der EU-Kommission seit September den Forschungsstand zum Thema Ernährungspolitik aufgearbeitet hat. Statt freiwilliger Maßnahmen der Nahrungsmittelindustrie, die nur geringe Erfolge zeigen, sollte die Politik die Probleme selber angehen. Geeignete Steuerungsmaßnahmen sieht die Kommission in geschickten Steueränderungen, der Einschränkung von Werbung für ungesunde Produkte und Maßnahmen für eine größere Verfügbarkeit von gesunden Nahrungsmitteln sowie verbindlichen Regeln für gesundheitskritische Inhaltsstoffe.

„Es geht hier nicht um die Bevormundung von Verbraucher:innen oder ein Verbot des Fleischessens. Was wir in einem interdisziplinären Team von 17 Forscher:innen renommierter europäischer Wissenschaftsinstitutionen zusammengetragen haben, ist der aktuelle Forschungsstand, wie wir eine Ernährungswende zum Positiven am besten hinbekommen“, so Prof. Dr. Linus Mattauch, Juniorprofessor für die nachhaltige Nutzung von natürlichen Ressourcen am Institut für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsrecht der TU Berlin. Die Verantwortung dafür könne nicht einfach den Bürger*innen aufgebürdet werden. In Umfragen stimme zwar ein sehr großer Teil der Menschen der Forderung nach besseren Haltungsbedingungen für Nutztiere zu. Trotzdem wird aber nur zu einem geringen Anteil Fleisch aus guten Haltungsbedingungen gekauft. Das zeige, dass die Hürden für eine Wende im Ernährungssystem vielschichtig und komplex sind. Darauf müsse die europäische Politik endlich mit geeigneten Maßnahmen reagieren.

„Schaut man sich Studien zur Wirksamkeit von freiwilliger Kennzeichnung von Nahrungsmitteln an, also die vielen unterschiedlichen Label der europäischen Nahrungsmittelindustrie, dann stellt man fest, dass sie die Kaufentscheidung nur wenig beeinflussen“, erklärt Mattauch. Mit Steuern könne man hingegen das Konsumverhalten und damit im zweiten Schritt das Verhalten der Industrie sehr gut steuern, so Mattauch, der sich hier auf erfolgreiche Initiativen verschiedener Länder beruft. Er erklärt dies, dass über eine geringere Nachfrage der notwendige Druck auf die Industrie aufgebaut werde, die Zusammensetzung ihrer Produkte zu ändern.

Aber auch eine Abgabe auf Fleisch, die in Deutschland für den Umbau von Ställen für artgerechtere Tierhaltung verwendet werden soll und im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition enthalten ist, würde sich der Experten-Kommission nach positiv auswirken. „Die Höhe der Abgabe könnte in Deutschland 40 Cent pro Kilo betragen, das dafür notwendige Gesetz wurde aber noch nicht beschlossen“, berichtet Mattauch. Ihre Effekte kämen nicht nur den Tieren zugute: Der hohe Fleischkonsum in Deutschland führt erwiesenermaßen zu Gesundheitsproblemen, vor allem bei verarbeiteten Produkten wie etwa Wurst. Zudem sind der Methanausstoß der Wiederkäuer sowie die Abholzung von Wäldern in Ländern des globalen Südens für die Produktion von Futtermitteln – auch für die Tierhaltung in Europa – relevante Treiber des Klimawandels. Die Beratungsgruppe geht von einem Anteil der Landwirtschaft von 10 Prozent am gesamten Ausstoß von Klimagasen in der EU aus. Zudem kann die Tierhaltung – wie etwa bei der Schweinehaltung in Niedersachsen – zu Nitrit- und Nitratbelastungen im Grundwasser führen. Eine Verteuerung von Fleisch und damit ein niedrigerer Fleischkonsum könnte diesen Problemen entgegenwirkten.

TU Berlin