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ZZF klärt über invasive Arten auf

Durch den weltweiten Warenverkehr und den globalen Handel sowie das uneingeschränkte Reisen wurden und werden zahlreiche Tier- und Pflanzenarten absichtlich oder unabsichtlich in neue Länder und Regionen verbracht. Dort siedeln sie sich als gebietsfremde, invasive Arten an, was nicht selten negative Auswirkungen auf andere heimische Arten und Ökosysteme hat. Bekannte Beispiele sind Waschbären, die bodenbrütende Vogelarten und heimische Amphibien gefährden, oder auch Wasserpflanzen aus Gartenteichen, die unter Umständen in einigen Flüssen und Seen Schaden anrichten.

Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, Lebensräume, heimische Arten und Ökosysteme zu schützen (Verordnung (EU) 1143/2014). Unter anderem sollen alle EU-Mitgliedstaaten im Rahmen von Aktionsplänen über die Prävention von invasiven Tieren und Pflanzen aufklären. Der Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und Artenschutz e.V. (BNA) und der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe e.V. (ZZF) beteiligen sich mit ihrer Expertise zum Heimtiersektor und unterstützen den Aktionsplan der Bundesregierung insbesondere mit Informationsmaterial für Tierhalter, denn viele Heimtiere wie Meerschweinchen, Goldhamster, Prachtfinken, Bartagamen, Leopardgeckos, Rote Neons oder Guppys stammen ursprünglich nicht aus Europa und sind somit gebietsfremde Arten. Allerdings kommen viele aus tropischen und subtropischen Ländern und könnten in den natürlichen klimatischen Verhältnissen Deutschlands nicht überleben. Dennoch sollte auch ein unbeabsichtigtes Einbringen gebietsfremder Arten in die Natur durch vorbeugende geeignete Haltungsstandards vermieden werden.

Daher haben BNA und ZZF umfangreiches Informationsmaterial für beliebte Heimtiergruppen wie Amphibien und Reptilien, Säugetiere, Vögel, Wirbellose und Zierfische sowie für Aquarienpflanzen erstellt. Darin werden einfache Maßnahmen und Verhaltensweisen genannt, um ein Eindringen fremder Heimtierarten in die Natur zu verhindern. So sollte beispeilsweise das Aquarienwasser in der Kanalisation und nicht in offenen Gewässern entsorgt werden. Gartenteiche mit bestimmten Fischen oder Wasserpflanzen können mit Netzen überspannt, Außenvolieren für Vögel oder Kleinsäuger mit Schleusen oder Vorhängen gesichert werden. Zudem helfen beispielsweise Fliegenschutzgitter an Fenstern und Türen, damit Amphibien, Reptilien und Heimvögel nicht aus der Wohnung entweichen.

Die Informationsmaterialien des BNA und ZZF stehen kostenlos auf den Webseiten von BNA und ZZF für den Download zur Verfügung.

ZZF

Doppelt so viele Vogelarten ausgerottet als bislang angenommen

Die weltweite Ansiedlung des Menschen hat dazu geführt, dass seit dem Spätpleistozän vor etwa 130.000 Jahren mehr als 1.400 Vogelarten ausgerottet wurden. Das ergab eine Studie unter der Beteiligung der Universität Bayreuth. Die Ursachen für das größte, vom Menschen verursachte Wirbeltiersterben der Geschichte sind unter anderem Abholzung, Überjagung sowie die Einführung invasiver Arten auf Inseln wie den Kanaren, Tonga oder den Azoren. Diese und andere Inseln weltweit waren in früheren Zeiten Hotspots der Evolution mit einzigartiger, unberührter Natur.

Mit Hilfe von statistischen Modellen konnten die Forschenden das wahre Ausmaß der Ausrottung belegen. „Bisher wussten wir aus Beobachtungen und Fossilien, dass durch den Menschen 640 Vogelarten ausgestorben sind – 90 Prozent davon auf Inseln“, sagt Prof. Dr. Manuel Steinbauer, Ökologe an der Bayreuther Uni. „Aufgrund der Modellergebnisse schätzen wir jedoch, dass die tatsächliche Zahl etwas mehr als doppelt so hoch ist.“ Die Wissenschaftler:innen gehen von 1.430 ausgestorbene Arten aus, was etwa 11 % aller Vogelarten entspricht, so dass heute nur noch knapp 11.000 übrig sind.    

„Unsere Studie zeigt, dass der Einfluss des Menschen auf die Vogelvielfalt weitaus größer war als bisher angenommen. Der Mensch hat die Vogelpopulationen durch die Zerstörung von Lebensräumen, Raubbau und die Einführung von Ratten, Schweinen und Hunden, die die Nester der Vögel überfielen und mit ihnen um Nahrung konkurrierten, rasch zerstört. Wir zeigen, dass viele Arten vor der schriftlichen Aufzeichnung ausgestorben sind und keine Spuren hinterlassen haben, also aus der Naturgeschichte getilgt sind“, erklärt Dr. Rob Cooke, Studienleiter und ökologischer Modellierer am UK Centre for Ecology & Hydrology.  

In den kommenden hundert Jahren könnten bis zu 700 weitere Vogelarten verloren gehen, wie Daten der International Union for Conservation of Nature (IUCN) darlegen. Das kann fatale Auswirkungen haben: „Ein Aussterben hat immer auch Auswirkungen auf das ganze Ökosystem“, erklärt Steinbauer. Viele Arten haben Schlüsselfunktionen, bei Vögeln etwa die Verbreitung von Samen, die Kontrolle von Insektenpopulationen oder die Bestäubung von Pflanzen.

Uni Bayreuth

Größte Aussterbe-Welle seit Ende der Dinosaurierzeit

Die Naturschutzorganisation WWF Deutschland hat das Jahr 2023 unter Artenschutzgesichtspunkten betrachtet und kommt zu einem heterogenen Ergebnis. Während vor allem Löwen, Humboldt-Pinguine, Atlantische Lachse, Flussdelfine im Amazonas, der Kabeljau in der Nordsee und sehr viele Amphibien in diesem Jahr als Verlierer angesehen werden müssen, haben sich einige Bestände bedrohter Arten auch leicht erholt, wie beispielsweise der der Schneeleoparden in Bhutan, der Tiger in Indien sowie der Bestand der Nashörner in Afrika und der Wisente im Kaukasus.

Global betrachtet ist die Bilanz jedoch weiter mehr als bedrohlich, denn insgesamt weist die Internationale Rote Liste der bedrohten Arten aktuell mehr als 44.000 Tier-, Pflanzen- und Pilz-Arten als bedroht aus. „Die größte Aussterbe-Welle seit Ende der Dinosaurierzeit rollte auch 2023 praktisch ungebremst über unsere Natur hinweg“, so Kathrin Samson, Vorständin Naturschutz beim WWF Deutschland. Hauptursachen dafür seien Lebensraumzerstörung, Wilderei, Übernutzung, invasive Arten, Umweltverschmutzung sowie die Klimakrise. „Alle Faktoren, die das Artensterben befeuern, sind menschengemacht.” Damit stehe der Mensch auch in der Verantwortung, die Krise zu beenden, appelliert Samson. „Wir brauchen ambitionierten Naturschutz in Deutschland und weltweit. Dabei dürfen die globalen Abkommen zum Klimaschutz und zum Biodiversitätsschutz nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das betrifft auch die Finanzierungszusagen.” Ohne eine nachhaltige und sozialverträgliche Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft sei die Rettung der Biodiversität zum Wohl von Mensch und Natur nicht zu schaffen.

Ein Beispiel ist laut WWF das deutsche Wasser- und Flussmanagement. „Amphibien wie Frösche und Kröten, aber auch zahlreiche Süßwasserfische sind bedroht. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass Deutschland in Zeiten der Erderhitzung einen neuen Umgang mit Wasser lernen muss. Wir brauchen intakte Moore, Auwälder und Flusslandschaften, damit sie ihre unersetzlichen ökologischen Dienstleistungen erfüllen können, etwa als Wasserspeicher oder zum Schutz gegen Überschwemmungen. Ein Ausbau von Flüssen, wie er an Oder, Ems oder Weser droht, läuft einem nachhaltigen, verantwortungsvollen Umgang mit Wasser vollkommen entgegen.” Der WWF fordert daher auch anlässlich des Jahreswechsels einen Stopp der Ausbaupläne in 2024.

WWF