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Steigende Fallzahlen von Fuchsbandwurm beim Menschen

Die alveoläre Echinokokkose ist eine potenziell lebensbedrohliche Infektionserkrankung und Zoonose, die durch den Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) verursacht wird. Sie ist zwar in den meisten europäischen Ländern meldepflichtig, wie aber eine aktuelle Studie zeigt, gibt es große Lücken in der Erfassung – entweder weil die Infektionen nicht entdeckt oder nicht offiziell registriert werden. Im Rahmen einer Übersichtsarbeit unter maßgeblicher Beteiligung der MedUni Wien wurden nun erstmals die europaweiten Fallzahlen dieser Erkrankung ermittelt und die Ergebnisse im Fachjournal „The Lancet Infectious Diseases“ publiziert. Alamierend sind hier die steigenden Fallzahlen.

Dazu wertete das internationale Forschungsteam unter Mitwirkung von Herbert Auer (Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie, MedUni Wien), Felix Lötsch (Klinisches Institut für Labormedizin, MedUni Wien) und Heimo Lagler (Universitätsklinik für Innere Medizin I, Leiter der österreichweit einzigen Interdisziplinären Spezialambulanz für Echinokokkose, MedUni Wien) die Daten aus 40 europäischen Staaten aus. Wissenschaftliche Publikationen, lokale Krankheitsregister, offiziell gemeldete Fallzahlen und nicht-publizierte Berichte („graue Literatur“) für den Zeitraum 1997 bis 2023 bildeten dabei die Basis. Das Ergebnis: Insgesamt wurden in 28 der untersuchten Länder 4.207 Fälle von alveolärer Echinokokkose erfasst. Basierend auf den in dieser Studie ermittelten Inzidenzraten und Trends, wurden der Alpenraum und das Baltikum als Hotspots identifiziert. So entfielen allein auf Österreich, Frankreich, Deutschland und die Schweiz 2.864 (68,08 Prozent) der Fälle. Explizit in den vergangenen Jahren konnte ein klarer Anstieg an Diagnosen verzeichnet werden. Gründe dafür könnten hohe Fuchspopulation oder der zunehmender Kontakt zwischen Wildtieren, Haustieren und Menschen sein. In Europa gilt die alveoläre Echinokokkose als eine der gefährlichsten parasitären Infektionskrankheiten.

Die Übertragung auf den Menschen erfolgt in der Mehrzahl der Fälle durch Kontakt mit Boden oder kontaminierten Lebensmitteln. Die Infektion verläuft häufig über Jahre symptomlos und manifestiert sich erst später, insbesondere durch Veränderungen der Leber. Die Therapie umfasst eine operative Entfernung von befallenenem Lebergewebe und/oder antiparasitäre Medikamentengabe.

In den Augen der Forscher ist es sehr wichtig, dass die bestehende Meldepflicht konsequent umgesetzt wird und in bislang wenig erfassten Ländern Surveillance-Systeme zur gezielten Überwachung des Fuchsbandwurms aufgebaut werden. Zudem sei es notwendig, die Sensibilisierung im medizinischen Bereich zu erhöhen und diagnostische Standards europaweit zu vereinheitlichen.

MedUni Wien

Gefahr der Echinokokkose beim Pilzesammeln gering

Der Herbst hat begonnen und viele Menschen begeben sich in die Wälder auf die Suche nach Pilzen. Dabei besteht das Risiko, mit Eiern des Fuchsbandwurms in Kontakt zu kommen und sich zu infizieren. Doch ein Aufnehmen der Wurmeier bedeutet nicht automatisch, dass eine Erkrankung ausgelöst wird, wie Beate Grüner, Professorin am Universitätsklinikum Ulm und Mitglied der WHO-Arbeitsgruppe Echinokokkose, erklärt. Denn lediglich 20 Prozent der Menschen, deren Bluttest Antikörper gegen den Fuchsbandwurm aufweist, erkrankt an einer Echinokokkose.

Unter den schätzungsweise 100 Infizierten jährlich finden sich jedoch überdurchschnittlich viele Hundebesitzer:innen. Das hängt damit zusammen, dass die Wahrscheinlichkeit allein durch die Nähe zur Natur erhöht ist, eine genügend hohe Anzahl an Wurmeiern aufzunehmen, so Prof. Klaus Brehm, Experte für Echinokokkose. Auch wenn nicht belegt ist, dass das Sammeln von Pilzen das Risiko einer Erkrankung erhöht, sollten die Pilze besser nicht roh verzehrt werden, sondern für mindestens fünf Minuten bei einer Temperatur von 60 bis 80 Grad Celsius erhitzt werden. Da die Wurmeier ihre Lebensfähigkeit erst ab einer Temperatur von minus 80 Grad Celsius verlieren, reicht ein bloßes Einfrieren nicht aus.

Presseportal

Apotheken Umschau, 9A/2023