In Deutschland ist es noch immer viel zu leicht, lebende Wildtiere, die unter den Artenschutz fallen, zu kaufen. EU-weit werden hierzulande die meisten Reptilien und Amphibien, aber auch Fische und Säugetiere eingeführt und verkauft. Der Handel über das Internet oder auf Tierbörsen blüht, und es mangelt an detaillierten, gesetzlichen Vorgaben für die Haltung der meist wildgefangenen Tiere. Das erschwert die Arbeit der Veterinärämter, denn eine verpflichtende Sachkundeprüfung der Halter:innen sieht die deutsche Gesetzgebung nicht vor. Der Deutsche Tierschutzbund erneuert wiederholt seine Forderung nach einer Positivliste für die private Heimtierhaltung.
„Selbst Privatpersonen können in den Weiten des Internets relativ einfach exotische Tiere wie Großkatzen, Giftschlangen oder Äffchen erwerben. Die gesetzlichen Regelungen in Deutschland zur Haltung dieser Tiere sind viel zu schwach“, kritisiert Dr. Henriette Mackensen, Leiterin des Referats für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. „Eine Positivliste könnte das Leid von unzähligen Tieren verhindern, denen wir einfach kein artgerechtes Leben in Haus, Wohnung und Garten bieten können“, betont Mackensen. Eine Positivliste hätte gegenüber einer Negativliste den Vorteil, dass sie kürzer und übersichtlicher wäre und neue Tierarten nicht einfach auf den deutschen Markt kommen könnten. Personen, die ein nicht gelistetes Tier handeln oder halten wollen, müssten demnach selbst nachweisen, dass dies mit dem Tier-, Natur- und Artenschutz vereinbar ist und entsprechende Anträge stellen. „Das kann beispielsweise bei Experten oder wissenschaftlich begleiteten Artenschutzprojekten der Fall sein“, erklärt Mackensen.
Deutscher Tierschutzbund
Das sogenannte Animal Hoarding (Tiersammelsucht oder Tierhorten) setzte auch im vergangenen Jahr seinen Negativtrend fort. Laut aktuellen Zahlen des Deutschen Tierschutzbundes gab es in 2022 über 70 Fälle mit rund 4.500 Tieren, von einer sehr hohen Dunkelziffer ist zudem auszugehen. Am häufigsten waren, wie in den Jahren zuvor, Katzen betroffen. Diese negative Entwicklung bereitet Tierschützer:innen große Sorgen, denn die meisten Tierheime sind bereits seit Jahren völlig überlastet und können die Versorgung der meist völlig verwahrlosten Tiere kaum stemmen.
Problematisch ist das Animal Hoarding besonders, weil die Tiere in sehr großer Zahl auf engem Raum leben, sich unkontrolliert vermehren und nicht angemessen versorgt werden. Zudem vernachlässigen die völlig überforderten Halter:innen sowohl die Hygiene, die Pflege als auch die tierärztliche Betreuung. „Das Leid der gehorteten Tiere ist kaum vorstellbar: Verwahrlost, unterernährt und krank hausen sie auf engem Raum im eigenen Urin und Kot, pflanzen sich unkontrolliert fort – während die Halter üblicherweise gar nicht merken, dass es ihren Tieren schlecht geht und teils sogar immer weitere aufnehmen“, sagt Nina Brakebusch, Fachexpertin für Animal Hoarding beim Deutschen Tierschutzbund.
Daher fordert der Dachverband eine stärkere Unterstützung der Tierheime durch die Kommunen sowie eine nachhaltige Eindämmung des Problems auf bundespolitischer Ebene und letztlich auch die Anerkennung des Animal Hoarding als Krankheitsbild, um den betroffenen Personen bessere Therapiemöglichkeiten zu bieten.
Um den Tierschutz und die Umsetzung geht es auch in der diesjährigen Tierschutztagung, die als Hybridveranstaltung am 14. und 15. September 2023 stattfinden wird.
Deutscher Tierschutzbund
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