Alle vier Jahre legt der Agrarpolitische Bericht dar, wie sich die Lage der Landwirtschaft und der ländlichen Räume entwickelt hat. Der gerade von der Bundesregierung vorgelegte und vom Bundeskabinett gebilligte Bericht umfasst den Zeitraum 2019 – 2022. Dieser zeigt deutlich, in welchem Veränderungsprozess sich die Landwirtschaft und auch die Tierhaltung in Deutschland befindet.
„Unser Bericht legt offen, dass die Politik des ‚Wachse oder Weiche‘ einen starken Strukturwandel befeuert hat. Viel zu viele Höfe mussten aufgeben. Unsere Landwirtinnen und Landwirte sind zu Veränderungen bereit, brauchen aber Planungssicherheit. Mein Ministerium unterstützt dabei, Schützen und Nutzen in Einklang zu bringen. Getreu der Maxime: die Gewinne von heute dürfen nicht auf Kosten unserer Zukunft gehen”, mahnt Bundesminister Cem Özdemir.
So sank die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe zwischen 2010 und 2020 auf rund 260.000. Im Durchschnitt gaben zehn Betriebe pro Tag auf, insbesondere war die Nutztierhaltung davon betroffen. Besonders dramatisch zeichnet sich die Situation der Schweine haltenden Betriebe in Deutschland. Nahezu die Hälfte der Betriebe haben in dem Zeitraum aufgegeben, was unter anderem auch auf den sinkenden Schweinefleischkonsum in Deutschland zurückzuführen ist.
„Der Bericht verdeutlicht, wie stark gerade die Bäuerinnen und Bauern in den vergangenen Jahren unter Druck standen. Die Einkommen schwankten über die Jahre teilweise stark. Für die Landwirtinnen und Landwirte bedeutete dies, dass sie mit einiger Planungsunsicherheit umgehen mussten. Aufgabe der Politik ist es, die Rahmenbedingungen möglichst krisenfest zu gestalten, damit die Betriebe erfolgreich und nachhaltig wirtschaften können“, erklärt der Grünenpolitiker.
BMEL
Der Umbau der Tierhaltung wird mit den bisher beschlossenen Gesetzeswerken nicht gelingen. Das sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, auf dem DBV-Veredlungstag 2023 in Cloppenburg. „Wir Bauern können noch mehr Tierwohl, aber dafür brauchen wir vollumfängliche politische Konzepte anstelle von lückenhaftem Stückwerk, das lediglich zur Verdrängung unserer heimischen Tierhaltung ins Ausland führt. Unsere Forderungen sind nach wie vor aktuell: Es braucht eine vollumfängliche Haltungs- und Herkunftskennzeichnung, eine Änderung im Immissionsschutzrecht sowie ein tragfähiges Finanzierungskonzept. Nach wie vor steigen täglich Betriebe aus der Schweinehaltung aus. Kaum einer investiert noch in neue Ställe“, betonte Rukwied.
„Die Schweinehalter stehen zur Weiterentwicklung und zu weiteren Veränderungen in der Tierhaltung im Einklang mit gesellschaftlichen Anforderungen. Die Veränderungen müssen aber in einem angemessenen zeitlichen Rahmen für die teilweise weitreichenden Anpassungen erfolgen und unter Berücksichtigung des Wettbewerbs im EU-Binnenmarkt. Unter den jetzt vorliegenden Rahmenbedingungen wird es zwar Weiterentwicklung geben, aber deutlich langsamer und weniger weitreichend als bisher diskutiert“, so DBV-Veredlungspräsident Hubertus Beringmeier.
Die tatsächlich umgesetzte Gesetzgebung konterkariere das allgemeine Bekenntnis der Bundesregierung zu einer zukunftsfähigen Tierhaltung in Deutschland. Es sei völlig inakzeptabel, wenn das BMEL entgegen den Verlautbarungen des Ministers mehr oder weniger offen eine politische Agenda zur Halbierung der Tierhaltung in Deutschland verfolgte, so Beringmeier weiter.
DBV
Der seit Jahren anhaltende Mangel an tiermedizinischen Fachkräften gefährdet zunehmend eine flächendeckende Versorgung von Haus-, Hobby- und Nutztieren. Der Personalmangel schränkt insbesondere den Not- und Nachtdienst ein. Das gefährdet nicht nur die Tiergesundheit, sondern auch den Tierschutz. Ein verändertes Auswahlverfahren für Studierende der Veterinärmedizin, angepasste Studieninhalte, verbesserte Arbeitsbedingungen sowie eine Entbürokratisierung des Berufsalltags könnten u.a. zur Lösung dieses Konfliktes beitragen, wie die Bundestierärztekammer (BTK), die Landestierärztekammern sowie der Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) erklären.
In einer gemeinsamen Presseerklärung fordern die Verfasser:innen die Bundesregierung auf, das Arbeitszeitgesetz zu flexibilisieren, damit die verfügbaren Arbeitszeiten sinnvoller verteilt werden können. Die Tierärzteschaft schlägt in ihrer Erklärung erneut eine gesetzliche Umstellung von einer Tages-Höchstarbeitszeit auf eine Wochen-Höchstarbeitszeit sowie eine begrenzte Verkürzung vorgegebener Ruhezeiten und flexible Wochenend- und Feiertagsregelungen vor. Nur so könne sichergestellt werden, dass angestellte und selbstständige Tierärztinnen und Tierärzte den tierärztlichen Notdienst aufrechterhalten können. Die Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung sind aufgefordert, die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbarte Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes aktiv umzusetzen.
Auch der Dessauer Zukunftskreis (DZK) befasst sich am 27. und 28. September 2023 erneut im Rahmen eines Branchentreffens mit dem Tierärztemangel sowie möglichen Lösungsansätzen. Diese Vorschläge werden im Anschluss an das Treffen in Wörlitz auf der Webseite Tierarztmagel.de veröffentlicht. Hier werden auch News zum Thema Tierärztemangel veröffentlicht.
Außerdem informiert die Webseite des DZK BerufTierarzt.de über die Vielfältigkeit des tierärztlichen Berufs sowie das Studium der Veterinärmedizin. Tierärztinnen und Tierärzte aus allen bereichen sind herzlich eingeladen, dabei mitzuwirklen.
bpt
Tierarztmangel.de