Anlässlich der aktuell in Heidelberg stattfindenden Agrarministerkonferenz in Heidelberg hat der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Jörg-Andreas Krüger, die geplante Ausrichtung der Landwirtschaft kritisiert. „Degradierte Böden, ausgeräumte Landschaften und belastetes Trinkwasser: Eine solche Agrarpolitik geht am Interesse der Menschen vorbei. Was wir jetzt brauchen, ist ein grundlegender Paradigmenwechsel weg vom kurzfristigen Weg des geringsten Widerstands hin zu mutigen, teils auch ungemütlichen Entscheidungen, die aber unausweichlich sind und unsere Landwirtschaft zukunftsfest machen.”
Mit Blick darauf mahnt der NABU an, die EU-Agrarförderung (GAP) konsequent an klare Umwelt- und Klimaziele zu binden: „Dass die EU-Kommission vor den aktuellen Herausforderungen Prioritäten neu setzen und GAP-Gelder im EU-Haushalt kürzen will, ist nachvollziehbar. Umso effizienter müssen die Gelder nun vergeben werden. Gelder einfach an die Fläche zu binden, führt in die falsche Richtung. Ohne eine breite gesellschaftliche Akzeptanz für die Milliardenzahlungen drohen weitere Kürzungsrunden. Das ist weder im Sinne der Natur noch von Landwirt*innen, die langfristig planen wollen“, so Krüger weiter. Der NABU würde es vor diesem Hintergrund ausdrücklich begrüßen, jenseits des GAP-Budgets zusätzliche Mittel für die EU-Wiederherstellungsverordnung bereitzustellen.
Mit großer Sorge blickt der NABU auf rückwärtsgewandte Vorschläge zur Deregulierung von Pflanzenschutzmitteln. Die Anerkennung der Nervenerkrankung Parkinson als Berufskrankheit, die durch den Umgang mit Pestiziden ausgelöst wird, oder steigende Gefahren durch Pestizid-bedingte Ewigkeitschemikalien im Trinkwasser zeigen: Es ist wichtiger denn je, den Pestizideinsatz deutlich zu reduzieren. „Umso befremdlicher ist der Vorschlag, bereits geltende Berichtspflichten zur Erfassung des Pflanzenschutzeinsatzes abzuschaffen. Wir brauchen mehr und gezieltere anstatt weniger Informationen über eingesetzte Wirkstoffmengen”, so Krüger.
Andere Naturschutzorganisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisieren die von der Regierung geplanten Rückschritte in Sachen Tierhaltungskennzeichnung und der Abschaffung des Bundesprogrammes für den Umbau der Tierhaltung. Dies zeige, wie wenig der Regierung wirksamer Tierschutz wert sei. Statt den Tierschutz auszubauen, droht der Abbau erkämpfter Standards, beklagt Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND.
Immer mehr Regionen haben weltweit mit extremer Trockenheit zu kämpfen. So haben sich die betroffenen Gebiete weltweit zwischen 1900 und 2020 verdoppelt, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mitteilt. Um 1900 kamen noch bei gut einem Zehntel der Landfläche Dürren vor, mittlerweile sei dies auf mehr als einem Fünftel der Landfläche der Fall.
Die OECD-Analyse stützt sich dabei auf den Dürreindex SPEI, der sich aus Daten zu Niederschlag und Verdunstung errechnet. Ausgeklammert werden die Sahara, die Wüste Gobi, die Arabische Halbinsel sowie die Polarregionen. 40 Prozent der weltweiten Landesfläche verzeichneten laut OECD zwischen 2000 und 2020 häufigere und intensivere Dürreperioden als zwischen 1950 und 2000.
Dies betrifft auch Regionen in Deutschland. So war dieses Frühjahr eines der trockensten überhaupt. Im Mai fiel knapp ein Drittel weniger Regen als im Mittel der Periode 1991 bis 2020. Das führt u.a. zu Grundwasserstress, wie aktuell beispielsweise in ganz Berlin sowie in vielen Regionen Brandenburgs. In 15 von 18 Landkreisen wird das Grundwasser bereits knapp, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) mitteilt.
Grundwasserstress bedeutet, dass mehr Grundwasser entnommen als neu gebildet wird. „Das ist ein Problem, denn das Brandenburger Trinkwasser wird zu über 90 Prozent aus Grundwasser gewonnen“, erklärte ein BUND-Sprecher. Darüber hinaus verschärft die Klimakrise die Wasserknappheit.
„Es braucht dringend ein Umdenken in der Wasserpolitik. Wasserressourcen sind begrenzt, die Landespolitik muss Wasserbedarfe steuern und Anreize zum Schutz von Wasserressourcen geben“, sagte Carsten Preuß, Landesvorsitzender des BUND Brandenburg. Einen besonderen Hebel sehe er bei der Anpassung der Wassernutzungsentgelte für Unternehmen, den Bergbau und die Landwirtschaft. Aber auch für Privathaushalte könnte es bald Auflagen zur Grundwasserentnahme sowie zum Wassersparen geben.
Laut OECD bringt die extreme Dürre Ökosysteme aus der Balance und gefährdet die Artenvielfalt – mit weitreichenden Folgen auch für die (Land)Wirtschaft. „Die Landwirtschaft braucht dringend verlässliche Wasserstrategien – und wir alle müssen lernen, sparsamer mit Wasser umzugehen. Wasser ist keine Selbstverständlichkeit mehr“, sagte der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner.
Mitte April startet die 2. Phase des Investitionsprogramms des Bundes für die Förderung von besonders tiergerechten Stallumbauten. Erzeugerorganisationen und Kontrollsysteme haben ab dem 15. April die Möglichkeit, sich bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) für die Teilnahme am neuen Förderprogramm zu bewerben. Nach Bestätigung der Förderfähigkeit können deren Mitgliedsbetriebe dann ab dem 4. Juni ihre Anträge auf Förderung der laufenden Mehrkosten stellen.
Förderfähige Schweinehaltungen werden gestaffelt nach der Anzahl der gehaltenen Tiere bezuschusst.„Schweinen mehr Platz oder Auslauf zu geben, das kostet Geld. Wir unterstützen die tierhaltenden Betriebe dabei auch finanziell“, betont Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Die Förderung erfolgt in Form von Pauschalen. Deren Höhe wird jedes Jahr neu auf Basis von Berechnungen des Thünen-Instituts (TI) und des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) festgelegt.
Da das Antragsverfahren äußerst komplex ist, informiert BLE die Schweinehalter:innen mit einem kostenlosen Web-Seminar am 9. April 2024 über die Inhalte der Förderrichtlinie und die daraus resultierenden Anforderungen. Außerdem gibt es Informationen zur Vorbereitung der Antragstellung. Eine Anmeldung ist bis zum 8.4.2024 erforderlich.
Besonders tierwohlgerechte Stallumbauten werden auch von der Rentenbank zu bevorzugten Konditionen gefördert. Die Landwirtschaftliche Rentenbank unterstützt den Umbau bestehender Stallanlagen, die nach der Fertigstellung mindestens die Anforderungen der Haltungsform 3 der Initiative Tierwohl erfüllen. Dazu erweitert die Rentenbank ihr Programm „Zukunftsfelder im Fokus“. Bei Stallumbauten für Tiere, für die keine Haltungsform-Kennzeichnung besteht, kann ebenfalls eine Finanzierung zu den „LR-Premium“-Konditionen beantragt werden.
Agrarheute
Am 13.03.2024 hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in die Wege geleitet. Der Grund für die Abmahnung ist Deutschlands mangelhafte Erfüllung von Verpflichtungen aus der EU-Vogelschutzrichtlinie. Die Bundesregierung hat nun drei Monate Zeit, auf das Mahnschreiben zu antworten.
Die Naturschutzorganisationen NABU und BUND haben mit ihren Beschwerden wesentlich zu diesem Antragsverfahren beigetragen. „Der BUND begrüßt diesen Schritt der EU-Kommission sehr, den Schutz wildlebender Vögel zu verbessern. Deutschland ist wirklich kein Musterschüler im Umwelt- und Naturschutz und verschleppt systematisch die Umsetzung geltenden Rechts. Wenn die Bundesregierung nicht sofort handelt, drohen eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und mögliche Strafzahlungen. Die Bundesregierung muss dringend etwas für den Schutz der Natur tun“, fordert BUND-Vorsitzender Olaf Bandt.
Bereits vor knapp 10 Jahren hatte der NABU mit seiner Wiesenbrüterbeschwerde und 2020 mit seiner Rebhuhnbeschwerde an die EU-Kommission auf die erschreckenden Bestandsrückgänge hingewiesen. „Wir brauchen endlich eine bundesweite Naturschutzoffensive mit angepasster Landbewirtschaftung und verbindlicher Pestizidreduktion“, kommentiert NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller die Mahnung.
Nun hofft der BUND, dass das Verfahren auch dazu führt, dass Deutschland in der Folge Gebiete für ‚vergessene Arten‘ wie Feldlerche, Bluthänfling oder Feldschwirl ausweist, so Bandt abschließend.
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