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Embryotransfer bei Nashörnern erfolgreich eingesetzt

Weltweit ist die erste Trächtigkeit bei einer Nashorndame nach einem Embryotransfer gelungen. Der Embryo des südlichen Breitmaulnashorns wurde in-vitro aus gesammelten Eizellen und Spermien im Rahmen des geförderten BioRescue Projektes erzeugt und am 24. September 2023 in eine Leihmutter des südlichen Breitmaulnashorns in der Ol Pejeta Conservancy in Kenia transferiert. Die Eizellen wurden in-vitro durch intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) befruchtet und zu Blastozysten entwickelt.

Das BioRescue-Team unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) bestätigte eine Trächtigkeit von 70 Tagen mit einem gut entwickelten und lebensfähigen, 6,4 cm langen männlichen Embryo. Leider ist die Leihmutter jedoch an einer Infektion mit Clostridien verendet.

Bislang hat das BioRescue-Team 13 Embryotransfers an Nashörnern durchgeführt, drei in Kenia und zehn in Europa. Der Embryotransfer, der bei Haustieren weit verbreitet ist, wurde bei Nashörnern noch nie versucht. Das BioRescue-Wissenschaftsteam hat diese reproduktionsmedizinische Methode in jahrzehntelanger Forschung entwickelt.

Dieser wissenschaftliche Durchbruch ebnet den Weg, dieselbe Technik auch bei den hochbedrohten Nördlichen Breitmaulnashörnern anzuwenden, um sie vor dem Aussterben zu bewahren, da es weltweit derzeit nur noch zwei Nördliche Breitmaulnashörner gibt. Beide sind weiblich: Najin und ihre Tochter Fatu. Darüber hinaus werden lebende Zellen von 12 verschiedenen Nördlichen Breitmaulnashörnern in flüssigem Stickstoff gelagert. Die letzten beiden Weibchen leben in Kenia, in der Ol Pejeta Conservancy, wo sie Tag und Nacht bewacht und gepflegt werden. Im Rahmen des BioRescue-Artenschutzforschungs-Projektes wurden seit 2019 bereits 30 Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns erzeugt und kryokonserviert. Die Embryonen lagern in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius in Berlin und Cremona. Sie warten auf den Embryotransfer in Leihmütter der südlichen Unterart. Mit dem jetzt gelungenen wissenschaftlichen Nachweis, dass es funktioniert („proof of concept“), kann das BioRescue-Team nun den ersten Embryotransfer mit einem nördlichen Breitmaulnashorn-Embryo durchführen.

Der Embryotransfer bei Nashörnern ist als veterinärmedizinisches und wissenschaftliches Verfahren völliges Neuland. Alle Protokolle, Methoden und technische Geräte mussten von Grund auf selbst entwickelt werden.

Das BioRescue-Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über einen Zeitraum von sechs Jahren mit bis zu rund 6 Millionen Euro gefördert.

IZW

BioRescue Analyse bescheinigt Sicherheit für assistierte Reproduktion

Viele Nashornarten sind vom Aussterben bedroht. Um sie zu erhalten sowie die Reproduktion der Tiere zu verbessern, arbeiten Forschende derzeit an neuen Methoden. Bislang scheinen die Entwicklung und Erprobung fortgeschrittener Technologien der assistierten Reproduktion (aART), wie das Ovum Pick-up (OPU) – die Entnahme unreifer Eizellen (Oozyten) – sowie die In-vitro-Fertilisation (IVF) die vielversprechendsten Ansätze zu sein. Diese Technologien ermöglichen die Erzeugung von Embryonen im Labor, die später in Leihmütter transferiert und von diesen ausgetragen werden können.

Das BioRescue-Projekt, das die Technologien der assistierten Reproduktion unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) entwickelt und erprobt,  hat 65 aART-Eingriffe ausgewertet, die von 2015 bis 2022 durchgeführt wurden. Bislang konnten mit dieser Technologie 51 Embryonen in 65 Eingriffen ohne schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit der betroffenen Tiere produziert werden, was zeigt, dass die assistierte Reproduktion sicher und erfolgreich ist. Vielmehr kamen regelmäßige OPUs der reproduktiven Gesundheit der Nashornweibchen zugute, indem sie nachweislich die Funktion der Eierstöcke verbesserten, die Zahl der Follikel erhöhten und die Rückbildung pathologischer Strukturen wie Zysten bewirkten.

Die erfolgreiche Produktion der Embryonen – insbesondere der Embryonen des nördlichen Breitmaulnashorns – unterstreicht die Bedeutung der Technologie und ihr Potenzial, eines der drängendsten globalen Probleme unserer Zeit anzugehen: den dramatischen Verlust der Artenvielfalt. Dieser Rückgang führt zu einer unkalkulierbaren Beeinträchtigung wichtiger Ökosysteme und begünstigt gleichzeitig das Auftreten neuartiger Krankheitserreger, die die Lebensgrundlage der Menschheit zerstören können.

IZW