Vor fast genau acht Jahren fand das Gründungstreffen des Bund angestellter Tierärzte (BaT) statt, bevor Ende Juni 2016 dann die Eintragung der Interessenvertretung im Vereinsregister der Stadt Hannover erfolgte. Nach nunmehr acht Jahren Vereinsarbeit hat der BaT den ersten Tarifvertrag der Tiermedizin außerhalb des öffentlichen Dienstes unterzeichnet. Der Tarifvertrag beinhaltet eine 38-Stundenwoche, 30 Tage Urlaub sowie eine maximale Dienstlänge von 12 Stunden zuzüglich Pausen und hat eine Laufzeit von 2 Jahren.
Aber, von den Tarifverträgen profitieren beide Seiten gleichermaßen, ist die BaT-Vorsitzende, Dr. Elisabeth Brandebusemeyer, überzeugt.
„Meine Praxis kann sich jetzt noch intensiver an der Notfallversorgung von Haustieren beteiligen. Mit den neuen Regelungen des Tarifvertrages ist die Organisation der Schichten meiner Mitarbeitenden viel verbindlicher geworden. So ist es möglich, eine 24/7-Versorgung im Zweischichtsystem bereitzustellen”, betont Nicole Schreiter, die als erste den Tarifvertrag unterschrieben hat. Die Tierärztin vom sächsischen Tiergesundheitszentrum Lichtenau hofft nun, dass sich bald zahlreiche Tierärzt:innen in ihrer Praxis bewerben. Damit hat der BaT einen Meilenstein in der Tiermedizin gesetzt, der die Versorgung von Kleintieren schon kurzfristig in ganz Deutschland sichern kann und der Unterversorgung durch den Fachkräftemangel entgegenwirken soll, freut sich der BaT.
„Wir gehen davon aus, dass nun viele Arbeitgebende nachziehen und sich damit für eine langfristige Bindung von Angestellten und gute, verlässliche Arbeitsbedingungen für beide Seiten einsetzen“, ergänzt Dr. Christian Wunderlich, 2. Vorsitzender des BaT.
BaT
Am 5. Juni hat der Bund angestellter Tierärzte (BaT) mitgeteilt, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) einer Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes exklusiv für die Tiermedizin eine Absage erteilt hat. Die Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme habe dem BaT sogar schriftlich mitgeteilt, dass das Arbeitszeitgesetz genügend Möglichkeiten biete, um den tierärztlichen Notdienst sowie Nacht- und Wochenenddienste für Arbeitnehmer und Arbeitgeber angemessen zu gestalten. Der bpt sei auch auf die weitergehenden tariflichen Gestaltungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht worden. Letzteres dementierte der Geschäftsführer des bpt, Heiko Färber, jetzt auf der Webseite des Verbandes. Dort heißt es:
1. Der bpt hat bis dato weder eine – wie vom BaT erwähnt – offizielle schriftliche Mitteilung noch irgendeine informelle Mitteilung vom BMAS in dieser Sache erhalten (Stand 19. Juni 2023). Die suggerierte offizielle Position des BMAS scheint es also nicht zu geben,
2. Ganz im Gegenteil. Im F.A.Z.-Interview vom 25. Mai 2023 antwortet der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, auf die Frage, ob es mehr Spielräume für flexible Arbeitszeiten geben soll und ob er dazu schon Pläne des Arbeitsministers kenne: „Nein, und da gerät der Arbeitsminister auch zunehmend in Verzug.“ Und weiter: „Es ist Aufgabe der Politik, es möglich zu machen, wenn jemand seinen vollen Lohn an vier Tagen erarbeiten möchte. Wenn in einem Arbeitsverhältnis 35 oder 38 oder 40 Stunden pro Woche vereinbart sind, dann muss man den Menschen doch nicht zusätzlich vorschreiben, dass sie diese Stunden auf 5 Tage verteilen müssen.“ Das hört sich klar danach an, dass es eben keine abgestimmte Position der Ampel-Koalition gibt, es sich bei der Mitteilung an den BaT folglich nur um die (unabgestimmte) Meinung des BMAS handelt. Deshalb steht die AZG-Flexibilisierung, wie im Ampel-Koalitionsvertrag vereinbart, auch weiter auf der Agenda und deshalb wird sich der bpt gemeinsam mit dem Bundesverband Freier Berufe (BFB) auch weiterhin für eine gesetzliche AZG-Flexibilisierung für Notdienstberufe stark machen – und zwar im Sinne von flexiblerer Arbeitseinteilung, nicht im Sinne von Mehrarbeit für die angestellten Tierärzte/innen.
3. Bereits mit Schreiben vom 25. November 2019 (!) hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auf die Anfrage der damaligen Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner wie folgt geantwortet: „Auf der Arbeitnehmerseite strebt der 2016 gegründete Bund angestellter Tierärzte (BaT) einen Tarifvertrag an. Außerdem haben sich zwei Arbeitgeberverbände gegründet (VUK und GfT). Aus diesen Verbänden können sich Tarifpartner entwickeln, die dann Tarifverträge für angestellte Tierärzte vereinbaren. Wie im Bereich der Humanmedizin wären so bei Bereitschaftsdienst auf 24-Stunden-Dienst möglich.“
Ob das den BaT-Mitgliedern bewusst ist? Diese Mitteilung ist jetzt 4 Jahre alt. Trotz dramatischer Notdienstkrise, Rückgang der Klinikzulassungen und Tierärztemangel, hat der BaT in dieser Sache in 4 Jahren nichts vorangebracht, keine Verhandlungspartner gefunden, keinen Tarifvertrag geschlossen. Mit Blick auf die flächendeckende Tierarztversorgung und damit den Tierschutz, vor allem aber auch mit Blick auf das „Well-Being“ der Selbständigen, auf deren Schultern das Notdienstsystem in der Fläche immer noch lastet, halte ich die kategorische Ablehnung einer gesetzlichen AZG-Flexibilisierung für berufspolitisch verantwortungslos.
4. Und zu guter Letzt: Dass sich der BaT für tariffähig hält, ist seine Meinung. Ob letztlich Gerichte dem BaT dann auch die Tariffähigkeit tatsächlich zuerkennen, ist alles andere als ausgemachte Sache. Die Mitgliederzahlen aus dem Bereich der Praxis lassen bislang doch daran zweifeln.
bpt
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