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EU will Entwicklung von neuen Antibiotika fördern

Die weltweit steigende Zahl von Resistenzen gegen antimikrobielle Arzneimittel ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Antibiotika zu häufig, zu kurz oder zu niedrig dosiert bei Mensch und Tier angewendet werden. Zum Beispiel setzen Menschen sie auch bei Infektionen ein, die durch Viren ausgelöst wurden, obwohl sie dagegen nicht wirksam sind.

Von Antibiotikaresistenz sprechen Expert:innen, wenn die krank machenden Bakterien durch das Antibiotikum nicht abgetötet werden können. Nach Plänen des Europaparlaments soll einerseits der Umgang mit Antibiotika verbessert werden, andererseits soll die Entwicklung neuer Präparate angekurbelt werden. Dazu haben die Abgeordneten in der vergangenen Woche in Brüssel ihre Position zu einer umfassenden Reform der EU-Pharma-Gesetzgebung festgelegt, wie das Parlament mitteilte. So sollen Markteintrittsprämien und Zahlungen für die Erreichung von Etappenzielen eingeführt werden, um die Forschung und die Entwicklung neuartiger antimikrobieller Mittel zu fördern (z. B. finanzielle Belohnung in der Frühphase, wenn bestimmte FuE-Ziele vor der Marktzulassung erreicht werden). Diese würden durch ein Abonnementen-Modell im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen über die gemeinsame Beschaffung ergänzt werden, um Investitionen in antimikrobielle Mittel zu fördern.

„Diese Überarbeitung ebnet den Weg zur Bewältigung kritischer Herausforderungen wie Arzneimittelknappheit und Antibiotikaresistenz“, sagte der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken, der das Vorhaben auf Seiten des Parlaments mitverhandelt. Das Vorhaben geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück und muss noch mit den EU-Staaten final ausgehandelt werden. Die Verhandlungen dazu werden allerdings frühestens nach der Europawahl am 9. Juni 2024 beginnen.

Mehr Informationen und Ratschläge zur Antibiotikaminimierung im Stall bietet auch das Projekt VetMAB.de, das zahlreiche anerkannte Online-Fortbildungen für Landwirt:innen und Tierärzt:innen zu dieser Thematik anbietet. Zudem können sich Tierärztinnen und Tierärzte unter Myvetlearn.de in Bezug auf die Antibiotikaminimierung bei Masthähnchen, Legehennen und Puten sowie bei Rindern und Schweinen fortbilden. Für Studierende der Veterinärmedizin sind die VetMAB-Module kostenfrei zu belegen.

Schweizerbauer

Infektionskrankheiten bei Schweinen dank Impfstoffen verringert

Dank der stetigen Entwicklung von Impfstoffen und Arzneimitteln hat sich die Gesundheit von Schweinen in den vergangenen Jahrzehnten stark verbessert. Die veterinärpharmazeutische Industrie hat mit ihren zahlreichen Innovationen und Entwicklungen vielen Infektionskrankheiten den Schrecken genommen. Auf der ganzen Welt haben früher Krankheiten wie die Enzootische Pneumonie (EP) oder die porzine proliferative Enteropathie (Ileitis) für massive Verluste gesorgt. Krankheiten wie die Klassische Schweinepest (KSP) und die Aujeszky’sche Krankheit, die in den 90er Jahren noch verbreitet waren, wurden in Deutschland auch dank der Impfung getilgt. Weiterhin konnten die Verluste durch das Porzine Respiratorische und Reproduktive Syndrom (PRRS) und das Porzine Circovirus Typ 2 (PCV2) durch den Einsatz von Impfstoffen kontinuierlich gesenkt werden. Zudem haben diese und andere Infektionskrankheiten das Tierwohl der Schweine stark beeinträchtigt.

Impfungen haben neben der Vorsorge auch den Nutzen, dass Medikamente zur Behandlung eingespart werden können.  Ein deutlich reduzierter Einsatz von Antibiotika trägt wiederum zu einer Minimierung von Resistenzen bei. Um die Immunität sowie die Verabreichung und die Arbeitswirtschaftlichkeit der Landwirt:innen zu verbessern, haben die Pharmaunternehmen zudem vermehrt an neuen Applikationsmöglichkeiten und Kombinationsimpfstoffen bzw. kombinierbaren Komponenten geforscht, wie der Bundesverband für Tiergesundheit (BfT) mitteilt.

Um die Minimierung von Antibiotikaresistenzen geht es auch auf VetMAB.de. Das Portal bietet Tierärzt:innen und Landwirt:innen zahlreiche Online-Fortbildungen, die das Ziel haben, die Haltungsbedingungen und damit die Tiergesundheit zu verbessern und so den Einsatz von Antibiotika bei Nutztieren zu reduzieren.

Auf Myvetlearn.de können sich Tierärzt:innen zudem mit dem Grundkurs für Tierärzte zur Erlangung des besonderen Fachwissens gemäß § 7 (2) SchHaltHygV online fortbilden und sich spezielles Fachwissen im Bereich einschlägiger tierseuchenrechtlicher Vorschriften, seuchenprophylaktischer und betriebshygienischer Maßnahmen und der Epidemiologie aneignen. Diese internetbasierte Fortbildung von ATF und Vetion.de vermittelt diese Kenntnisse und ist von allen Landestierärztekammern als Grundkurs zur Erlangung des besonderen Fachwissens anerkannt worden.

Mit der Gesundheit von Schweinen werden sich auch zahlreiche Vorträge, Seminare und Workshops des Weltkongress der Schweinetierärzt:innen (IPVS) befassen, der vom 4.-7. Juni 2024 in Leipzig stattfinden wird.

Belastung von Versuchstieren messbar verringern

In der medizinischen Forschungsarbeit kann auf Versuche mit Tieren nicht komplett verzichtet werden. Dazu gehören unter anderem die Entwicklung von Arzneimitteln und Impfstoffen. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit dieser Mittel müssen, bevor sie auf den Markt kommen, bei Versuchstieren getestet werden. Die Belastung dieser Tiere soll jedoch so gering wie möglich gehalten werden.

In 13 wissenschaftlichen Einzelprojekten unter der Leitung der Medizinischen Hochschule Hannover (MMH) untersucht die Forschungsgruppe (FOR) 2591 bereits seit mehr als 6 Jahren, wie Schmerz, Stress und andere Leiden und Schäden bei Versuchstieren objektiv festgestellt und gemessen werden können. Der Verbund hat eine Art Methoden-Werkzeugkiste entwickelt, die nun auf ihre Eignung in der breiten Anwendung überprüft werden soll. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) verlängert daher die Projektförderung um weitere 2 Jahre und unterstützt das Vorhaben mit insgesamt rund 3,8 Millionen Euro.

„Wir standen bislang vor dem Problem, dass viele Methoden, Belastungen der Versuchstiere zu minimieren, vor allem nach individueller Erfahrung und Bauchgefühl getroffen werden mussten“, erklärt Professor André Bleich, Leiter des Instituts für Versuchstierkunde und des Zentralen Tierlaboratoriums der MHH. Mit der neu entstandenen, standardisierten Skala lassen sich unterschiedliche Messgrößen wie Körpertemperatur, Herzschlagrate oder Aktivität der Tiere beurteilen und vergleichen. „Dieses System erlaubt uns erstmals, die Bedingungen für Versuchstiere überall nach denselben Maßstäben objektiv einschätzen und verbessern zu können“, so Bleich.  Die neue Förderphase wollen die Wissenschaftler:innen nutzen, um die neu entwickelte Methoden-Werkzeugkiste, die sich nach dem Baukastenprinzip für unterschiedliche Versuchsfragen und Tiermodelle kombinieren und anwenden lässt, Behörden, Gutachter:innen und Forschenden vorzustellen und mit ihnen kritisch zu überprüfen. „Dann werden wir sehen, ob sie den Anforderungen in der täglichen Routine genügt oder eventuell noch durch weitere Modelle und Methoden ergänzt werden muss, an die wir noch gar nicht gedacht haben.“

MMH

Forscherin der FU Berlin stellt Zelltherapie für arzneimittelresistente Epilepsie vor

Weltweit sind mehr als 50 Millionen Menschen an Epilepsie erkrankt, einer der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Bei schätzungsweise 5 Millionen Menschen wird jedes Jahr die Neudiagnose Epilepsie gestellt. Eine abnorme elektrische Aktivität im Gehirn kann wiederholt epileptische Anfälle auslösen. Das medizinische Ziel ist es, die Anzahl solcher Anfälle gering zu halten.

Ein internationales Forscherteam, unter ihnen Veterinärmedizinerin und Neurowissenschaftlerin Prof. Sonja Bröer von der Freien Universität Berlin, arbeitet im Rahmen einer Studie an einer regenerativen Zelltherapie, die bei einer arzneimittelresistenten Epilepsie zur Heilung bzw. Linderung führen könnte. Diese Therapie basiert auf Gamma-Aminobuttersäure (GABA) ausschüttenden Nervenzellen, die die übermäßigen elektrischen Entladungen in Nervenzellen des Gehirns hemmen könnten. Basierend auf den Daten aus der Studie wird die Zelltherapie inzwischen in einer laufenden klinischen Phase 1/2-Studie am Menschen getestet.

Die Neu-Berliner Veterinärmedizinerin Bröer wird erste klinische sowie präklinische Daten anlässlich des „Berlin Neuroscience Meeting“ des Einstein-Zentrums für Neurowissenschaften präsentieren.

FU Berlin

Studie Zelltherapie

Medikamentennotstand in der Schweiz ein schleichendes Problem

Eine bereits seit ca. 15 Jahren andauernde Negativentwicklung hat in der Schweiz zu einem Engpass bei veterinärmedizinischen Arzneimitteln. Aktuell besonders betroffen sind Milchviehbetriebe, die auf Calcium-Infusionen gegen Milchfieber angewiesen sind und teilweise seit Anfang Juli keine Lieferungen erhalten. Wie die Gesellschaft Schweizer Tierärzt:innen (GST) mitteilt, sei der Versorgungsengpass nur vorübergehend und schon in den nächsten Tagen könnten Calcium-Infusionen aus dem Ausland wieder zur Verfügung stehen. Bis dahin appelliert die Gesellschaft an die Tierärzt:innen und Landwirt:innen, sich gegenseitig auszuhelfen sowie keine prophylaktischen Infusionen durchzuführen, sondern lediglich klinisch kranke Tiere zu behandeln.

Die Corona-Pandemie und der anhaltende Krieg in der Ukraine haben die ohnehin kritische Situation auf dem Schweizer Arzneimittelmarkt verschärft. Ein grundsätzlicher Faktor, der zum Engpass geführt hat, sei die Tatsache, dass in der Schweiz kaum noch Unternehmen selber Tierarzneimittel produzieren und der aus wirtschaftlichen Gründen häufig Medikamente gar keine Zulassung erhielten, so die GST. Dies, weil die Hersteller in der Schweiz eine separate Zulassung beantragen und zudem die Verpackung sowie die Packungsbeilage in den drei Amtssprachen gedruckt werden müssen, was ein großer Aufwand für den kleinen Markt ist.

GST

Agrarheute

Schweizer Tierärzt:innen beklagen zunehmenden Medikamentenmangel

Ein zunehmender Medikamentenengpass in der Schweiz gefährdet aktuell die Versorgung von Haus- und Nutztieren. Immer weniger Medikamente kommen durch blockierte Lieferketten oder einem Produktionsrückgang bei den Tierärzt:innen an. „Ich glaube, so schlimm wie jetzt war es noch nie”, sagt Patrizia Andina von der Gesellschaft der Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte. Zeitweise seien einzelne Arzneimittel gar nicht verfügbar, so die Tierärztin, die eine Verschärfung der Situation befürchtet. Aktuell betrifft es die Lieferungen von Kalziuminfusionslösungen, die Kühen rund um die Geburt verabreicht werden, um einen Kalziummangel zu beheben. Dieser kann bei Nichtbehandlung bei den Tieren eine Muskellähmung verursachen. „Das kann so weit gehen, dass sogar das Herz aufhört zu schlagen“, sagt Andina.

Mit großer Sorge betrachtet sie zudem den Engpass bei Impfstoffen, was wiederum zu einem erhöhten Antibiotikaeinsatz führt. Überdies würden Tiere auch schlicht krank, wenn sie nicht gegen gewisse Krankheiten geimpft worden seien. „Dann muss man sie eher mit Antibiotika behandeln, und das ist ja genau das, was wir verhindern wollen.“ Auch die Suche nach Alternativen gestaltet sich äußerst umständlich, da die Veterinär:innen nur sehr eingeschränkt Medikamente aus dem Ausland importieren dürften. „Von Tag zu Tag haben wir irgendwelche Medikamente, die wir nicht mehr von den Firmen bekommen. Da verschwendet man unglaublich viel Zeit bei der Suche nach Alternativen“, sagt Andina abschließend. Und eine Verbesserung der Lage ist aktuell nicht in Sicht.

SRF