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Zugvögel sind Meister der Planung

11.08.2025

Aufgrund des Klimawandels hat die Zahl unvorhersehbarer Wetterereignisse in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. Besonders Zugvögel stehen während ihrer langer Flüge über das Mittelmeer vor großen Herausforderungen. Eine neue Studie unter der Leitung der Veterinärmedizinischen Universität Wien hat untersucht, ob und wie extreme Wetterbedingungen die Energiereserven der Vögel beeinträchtigen.

Die Forscher:innen analysierten zwei Zugvogelarten, die Gartengrasmücke (Sylvia borin) und die Dorngrasmücke (Curruca communis), während ihrer Frühjahrswanderung. Nach ihrer Überquerung des Mittelmeere wurden die Vögel wurden auf der italienischen Insel Ponza gefangen. Anschließend haben die Forschenden die Konzentration des Stresshormons Corticosteron (CORT) im Blut der Vögel, sowohl in Ruhe als auch unter Stressbedingungen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Zugvögel erstaunlich gut an die Herausforderungen langer Flüge über das Mittelmeer angepasst sind. Selbst unter wechselhaften Wetterbedingungen blieben ihre Stresshormonwerte stabil, was darauf hindeutet, dass sie physiologisch bestens auf diese Strapazen vorbereitet sind.

„Es ist faszinierend zu sehen, wie gut diese kleinen Vögel auf die Herausforderungen ihrer Reise vorbereitet sind. Ihre Fähigkeit, selbst unter schwierigen Wetterbedingungen stabil zu bleiben, zeigt, wie anpassungsfähig sie sind,“ sagt Studienerstautorin Erica Calabretta vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) der Vetmeduni.

Entgegen der Erwartungen hatten widrige Wetterbedingungen, wie moderate Gegenwinde oder kühlere Temperaturen, keinen Einfluss auf die Grundwerte der Stresshormone der Zugvögel, wie die Ergebnisse der Studie zeigen. Die Forschenden berichten, dass jene Vögel, die ihr Ziel erreichten, über ausreichende Energie- und Fettreserven und in hervorragender körperlicher Verfassung waren. Die Ergebniss zeigten zudem, dass die Tiere ihre Abflugzeit und -bedingungen strategisch wählen, um die Überquerung des Mittelmeers erfolgreich zu bewältigen. „Diese Vögel sind wahre Meister der Planung“, sagt Studien-Letztautor Leonida Fusani, Leiter des KLIVV. „Sie warten auf die besten Bedingungen, bevor sie ihre Reise antreten und teilen ihre Energie gut ein – und das zahlt sich aus.“

Allerdings weisen die Forscher:innen auch darauf hin, dass es keine Informationen über die Zahl der Vögel gäbe, die die Überquerung nicht schafften. „Das ist eine wichtige Frage, die wir in zukünftigen Studien untersuchen müssen“, so Calabretta.

Die Forschung zeigt, wie anpassungsfähig Zugvögel sind, doch bleibt unklar, wie sie auf extremere Wetterbedingungen reagieren würden. „Wir müssen die physiologischen Mechanismen besser verstehen, die es diesen Vögeln ermöglichen, solche Herausforderungen zu bewältigen“, sagt Leonida Fusani. Die Ergebnisse sollen helfen, den Schutz von Zugvögeln zu verbessern, insbesondere angesichts des Klimawandels.

Vetmeduni Wien