Die sogenannte Weißnasenkrankheit hat in Nordamerika zu einem dramatischen Massensterben von Fledermäusen geführt. Die ersten toten Fledermäuse waren 2006 in einer Höhle im Bundesstaat New York entdeckt worden. Der bis zu dem Zeitpunkt unbekannte Pilz Pseudogymnoascus destructans hatte die Krankheit, die sich fortan in Nordamerika ausbreitete und die überwinternden Fledermaus-Populationen massiv dezimierte, verursacht. Insgesamt sind in den vergangenen 19 Jahren mehrere Millionen Fledermäuse an der Pilzinfektion verendet.
Der identifizierte Pilz stammte ursprünglich aus der Region Podillia in der Ukraine, wie ein internationales Forscherteam gerade herausgefunden hat. Die Wissenschaftler:innen unter Federführung einer Doktorandin der Universität Greifswald haben nach der Analyse von rund 5.400 Proben belegen können, dass dieser Pilz in Nordamerika für das größte dokumentierte Säugetiersterben verantwortlich ist, in Europa allerdings mit Fledermäusen koexistierte, ohne die Tiere zu töten. Nun fanden die Forschenden heraus, dass es zwei Pilzarten gibt, die die Weißnasenkrankheit verursachen können.
Nur einer der beiden entdeckten Pilze ist bislang in Nordamerika nachgewiesen worden. Die Studie zeigt deutlich, dass es zu einer viel drastischeren Todesrate bei Fledermäusen kommen könnte, wenn die 2. Pilzart ebenfalls nach Amerika eingeschleppt wird. Einzig strengere Biosicherheitsstandards für die Höhlenforschung könnte dieses Szenario verhindern.
„Diese Entdeckung eröffnet neue Einblicke in die Entwicklung von Virulenz und in die Art und Weise, wie diese Krankheitserreger mit ihren Wirten in verschiedenen geografischen Kontexten interagieren“, sagt Dr. Nicola Fischer, Erstautorin der Arbeit. Sie schrieb ihre Doktorarbeit zu diesem Thema an der Universität Greifswald und der Universität Montpellier in Frankreich. „Wir dachten, wir kennen unseren Feind, aber jetzt entdecken wir, dass er doppelt so groß und potenziell komplexer ist als zunächst angenommen“, fasst Fischer zusammen.
„Die Verhinderung des unbeabsichtigten Transports von pathogenen Pilzen wie Pseudogymnoascus destructans muss zu einer Priorität in den Strategien zum Artenschutz und zum Gesundheitsmanagement werden, sowohl für die Tierwelt als auch für den Menschen“, mahnt Dr. Sébastien Puechmaille, Koordinator der Studie an der Universität Montpellier, abschließend.




