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bpt-Fachforum zu den wesentlichen Neuerungen/Änderungen durch die TÄHAV in Berlin

Die drei Referenten Hansen, Moder und Piontkowski des TÄHAV-Blocks auf dem bpt-Fachforum in Berlin inkl. dem  Moderator der Veranstaltung Heiko Färber (ganz links).

Die drei Referenten Hansen, Moder und Piontkowski des TÄHAV-Blocks auf dem bpt-Fachforum in Berlin inkl. dem  Moderator der Veranstaltung Heiko Färber (ganz links).
Die drei Referenten Hansen, Moder und Piontkowski des TÄHAV-Blocks auf dem bpt-Fachforum in Berlin inkl. dem Moderator der Veranstaltung Heiko Färber (ganz links).

Die durch die TÄHAV-Novelle am 1.3.2018 in Kraft 
getretenen Neuregungen für Tierärzte im Überblick.
Die durch die TÄHAV-Novelle am 1.3.2018 in Kraft getretenen Neuregungen für Tierärzte im Überblick.

Seit 1. März 2018 ist die überarbeitete Tierärztliche Hausapothekenverordnung (TÄHAV) trotz allen Widerstandes des Bundesverbands praktizierender Tierärzte (bpt) wie auch der Bundestierärztekammer (BTK) in Kraft. Damit wurden in Anlehnung an die Empfehlungen der Antibiotika-Leitlinien verpflichtende Antibiogramme in bestimmten Fällen für bestimmte Tierarten und Umwidmungsverbote für Fluorchinolone und Cephalosporine der dritten und vierten Generation bei den Tierarten Rind, Schwein, Pute, Huhn, Hund und Katze eingeführt sowie die Dokumentationspflicht bei Einsatz von diesen und anderen Antibiotika erweitert.

Mit den durch die TÄHAV in Kraft tretenden Änderungen und Neuerungen für Tierärzte befasste sich auch das bpt- Fachforum am 6. März 2018 in Berlin, zu dem der Bundesverband der praktizierenden Tierärzte Vertreter von Bundestag, Bundesministerien und -behörden, Landesregierungen, Verbänden, Tierärzteschaft, Wissenschaft und Presse in die Bayerische Landesvertretung eingeladen hatte. Anlass ist die mit der Novellierung der TÄHAV einher gehenden Unsicherheit für praktizierende TierärztInnen als auch für die Kolleginnen und Kollegen vom Veterinäramt. Besonderer Informationsbedarf besteht demnach bei der neu eingeführten Antibiogrammpflicht. Für welches Tier muss unter welchen Umständen ein Antibiogramm erstellt werden und was verbirgt sich hinter der Formulierung  international anerkannte Verfahren zu verwenden? In welchen Fällen sind Ausnahmen von der Antibiogrammpflicht zulässig und wie muss künftig die Dokumentation erfolgen. Aus der neuen Gesetzesfassung ergeben sich aber auch Änderungen bei der Umwidmung und in der Umwidmungskaskade.

Auf diese und weitere Fragen gingen auf dem bpt-Fachforum Herr Dr. Arno Piontkowskieein, Vizepräsident des Bundesverbandes der beamteten Tierärzte (bbt), der die Änderungen und Neuregelungen aus Sicht der beamteten Tierärzte und der Überwachungsbehörden betrachtete. Besonders wichtig sei nun Augenmaß und gemäßigtes Vorgehen, riet er. „Die bestehenden Rechtsunsicherheiten müssen unbedingt vor etwaigen Verfahrenseinleitungen ausgeräumt werden, Auslegungshinweise sind zwingend erforderlich und wir sollten auf einen konstruktiver Dialog zwischen Überwachung und Praktikerschaft setzen.“

bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder beschrieb die Situation aus Sicht der praktizierenden Tierärzte und interpretierte die sich daraus für Praktiker ergebenden Änderungen und Fragen, wobei er mutmaßte, dass sich die ein oder andere Frage ohnehin nur gerichtlich klären lassen wird. In seinem Vortrag ging er u.a. die fehlende, rechtsverbindliche Liste von Wirktagen für Langzeit-Antibiotika ein, die Umstände, unter denen für die einzelnen Tierarten Antibiogramme zu erstellen sind und welche Ausnahmen von der Regel es gibt.

So muss der Tierarzt gemäß nun ein Antibiogramm anfertigen, wenn er Fluorchinolone und Cephalosporine der dritten und vierten Generation bei Nutztieren Schwein, Rind, Huhn und Pute sowie bei Hund und Katze einsetzen will. Damit soll im Falle eines Therapieversagens schnell und effektiv gehandelt werden können. Allerdings entstünden dem Tierhalter auch deutlich höhere Kosten, kritisierte Moder, die insbesondere bei der Mastitisbehandlung schnell aus dem Ruder laufen könnten.  Ausnahmen von der Antibiogrammpflichtsind vorgesehen, wenn

  • die Probennahme die Gesundheit des Tieres zusätzlich beeinträchtigen könnte 
  • der Erreger nicht mittels zellfreier künstlicher Medien kultiviert werden kann bzw. für die Bestimmung der Empfindlichkeit des Erregers keine geeignete Methode verfügbar ist
  • freilebende herrenlose Katzen behandelt werden sollen

Weiterhin sind Rind und Schwein von Einzeltier-Antibiogrammpflicht ausgenommen, wenn bereits im Rahmen tierärztlicher Bestandsbetreuung für die zu behandelnden Einzeltiere aussagekräftige, repräsentative Kenntnisse zur Resistenzlage vorliegen, die die Notwendigkeit des Einsatzes von Arzneimitteln, die diese Wirkstoffgruppen enthalten, rechtfertigen.

Wichtig zu wissen ist, dass  der Tierarzt/Tierärztin weiterhin unverzüglich mit der Antibiose seiner Wahl beginnen darf. Die Ergebnisse des Antibiogramms müssen nicht vorher vorliegen. Eine entsprechende Probennahme, die der Erstellung des Antibiogramms dient, sollte jedoch vor dem Einleiten der Therapie stattfinden. Allerdings ist der Tierarzt fortan verpflichtet, seine Antibiotikawahl und die Gabe genau zu dokumentieren. Verzichtet er auf die Erstellung eines Antibiogramms nach §12c, muss er dies genau begründen.  

Außerdem ist nun die Umwidmung von Fluorchinolon oder Cephalosporin der 3./4. Generation für eine Tierart verboten, für die das Präparat nicht zugelassen ist. Dies gilt für Nutztiere, Pferde, Hunde und Katzen, nicht jedoch für Heimtiere. Existiert hingegen eine Zulassung für den Wirkstoff bei der Zieltierart, der Tierarzt möchte es jedoch bei einer anderen Indikation einsetzen, dann ist eine Umwidmung weiterhin möglich. Im Falle eines Therapienotstands bleibt die Möglichkeit der Umwidmung und damit der Einsatz dieser Wirkstoffe auch bei Zieltierarten ohne Zulassung erlaubt. In diesem Falle muss er seine Entscheidung jedoch schlüssig begründen und dokumentieren.

Weiterhin ging Moder auf die erheblich intensivierte Dokumentationspflicht ein, die sich aus der neuen TÄHAV für die Tierärztinnen und Tierärzte ergibt.
Dritter Referent im TÄHAV-Block der Veranstaltung war Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Hansen, der die bestehenden Rechtsunsicherheiten Schritt für Schritt durchging. Allerdings war auch er sich bei der Auslegung nicht selten unsicher, so dass auch er der Meinung ist, erst Präzedenzfälle werden im Laufe der Zeit Klarheit bringen.

Weitere Themen auf dem bpt-Forum waren das EU-Arzneimittelrecht sowie die anstehende Evaluierung der 16. AMG-Novelle.

Dr. Julia Henning
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