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Information, Spaß und Diskussion - 3. Zoetis Symposium am 26. und 27. April in Berlin-Mitte

Diskussion nach der ersten Vortragsrunde mit Prof. Schwarz, Dr. Myriam Schröder und Dr. Michael Drees (v.l.n.r.)

Diskussion nach der ersten Vortragsrunde mit Prof. Schwarz, Dr. Myriam Schröder und Dr. Michael Drees (v.l.n.r.)
Diskussion nach der ersten Vortragsrunde mit Prof. Schwarz, Dr. Myriam Schröder und Dr. Michael Drees (v.l.n.r.)

Dr. Christian Fidelak von bovicare sprach über Probennahme, Keimspektrum und Resistenzlage bei Mastitis
Dr. Christian Fidelak von bovicare sprach über Probennahme, Keimspektrum und Resistenzlage bei Mastitis

Der Einladung von Zoetis sind praktizierende Tierärzte aus ganz Deutschland nach Berlin gefolgt
Der Einladung von Zoetis sind praktizierende Tierärzte aus ganz Deutschland nach Berlin gefolgt

Dr. Luis Leon von Zoetis stellte gemeinsam mit Dr. Christian Fidelak die ersten Studienergebnisse einer Vergleichsstudie bei der Mastitisbehandlung vor
Dr. Luis Leon von Zoetis stellte gemeinsam mit Dr. Christian Fidelak die ersten Studienergebnisse einer Vergleichsstudie bei der Mastitisbehandlung vor

Professor Zerbe führte wie hier bei der Schlussdiskussion mit Prof. Dr. Hans-Joachim Schuberth, Dr. Max Bastian und Dr. Mark Holsteg durch die gesamte Veranstaltung
Professor Zerbe führte wie hier bei der Schlussdiskussion mit Prof. Dr. Hans-Joachim Schuberth, Dr. Max Bastian und Dr. Mark Holsteg durch die gesamte Veranstaltung

Das Team Rind von Zoetis hatte am 26. und 27. April 2018 eine größere Anzahl Rinderpraktiker nach Berlin-Mitte zu einem Symposium eingeladen. Unter dem Motto Rindergesundheit im Wandel – Therapie & Prophylaxe mit Zukunft hatte Zoetis eine zweitägige Fortbildungsveranstaltung mit namhaften Referenten organisiert.

Das Symposium startete mit der am 1.3.2018 in Kraft getretenen TÄHAV-Novelle und den damit für die Tierärztinnen und Tierärzte einhergehenden Änderungen im Praxisalltag. Die wichtigsten Änderungen der neuen TÄHAV betreffen

  • die Einführung einer Antibiogrammpflicht beim Einsatz von Fluorchinolonen und Cephalosporinen der 3. und 4. Generation sowie
  • die Abgabe von Arzneimitteln an den Tierhalter
  • das Umwidmungsverbot für diese Wirkstoffe
  • Probennahmeverfahren, Erregerbestimmung und Resistogramm sowie
  • die Nachweis- und Dokumentationspflichten

Erster Tag im Zeichen der TÄHAV
Als erster Vortragender war Prof. Dr. Stefan Schwarz geladen, der die Voraussetzungen für die Erstellung von Antibiogrammen in der Praxis darlegte. „Ziel ist die Ableitung von Therapieempfehlungen aus dem Ergebnis“, so Schwarz. Prof. Schwarz stellte die Kernpunkte für die korrekte Durchführung eines Antibiogramms vor: es sei eine Reinkultur erforderlich; ohne eine entsprechende Isolierung des Erregers und die Spezies-Identifizierung ist für den Bakteriologen ein Antibiogramm sinnlos!

Proben zur Antibiogrammerstellung sollten an ein dafür ausgewiesenes Labor geschickt werden
Sowohl Bouillon-Mikrodilution als auch Agradiffusion sind anerkannte Methoden. Laut Schwarz müsse die Methode der Wahl der Mikrodilutionstest sein und nicht der nur für qualitative Testergebnisse einsetzbare, aber in der Praxis weit verbreitete Agardiffusionstest. Er begründete dies auch mit der fehlenden Standardisierbarkeit und der damit nicht gegebenen Vergleichbarkeit sowie wegen der fehlenden Möglichkeit, die Minimale Hemmkonzentration(MHK-Wert) zu bestimmen. Schnelltests sind für Empfindlichkeitsprüfungen nicht anerkannte Verfahren. In jedem Falle müssten immer auch Qualitätskontrollen durchgeführt und andere Anforderungen eingehalten werden. „Daher ist es in vielen Fällen besser, die Proben an ein dafür ausgewiesenes Labor zu schicken“, empfahl Schwarz den Anwesenden.

Auslegungshinweise sollten homogen umgesetzt werden
Als zweite Vortragende schloss sich Dr. Myriam Schröder vom Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin an, die u.a. am Länderreferententreffen zur Abstimmung über die Auslegungshinweise am 20.4.2018 teilgenommen hat. Ihr Thema daher auch: Die TÄHAV aus Sicht einer Kontrollbehörde. Denn im Moment herrscht sowohl bei den Praktikern und Landwirten als auch bei den Mitarbeitern der Kontrollbehörden große Unsicherheit. Allerdings wird auch bei den Kontrollbehörden noch viel diskutiert und die Auslegungshinweise sind noch nicht abschließend erstellt. Ziel sei es jedoch, dass die TÄHAV-Ausführungen praktikable Lösungen bieten und die Umsetzung bundesweit „homogen“ erfolgt. Zudem müsse die Probenentnahme durch Nicht-Tierärzte nach entsprechenden Standards möglich sein, ebenso wie eine Abweichung von der Antibiogramm- und Untersuchungspflicht.

Tierärzte können TÄHAV durch Fachwissen mitgestalten
Den Abschluss des ersten Blocks bildete Dr. Michael Drees, praktizierender Tierarzt aus Niedersachsen mit seinem Vortrag „Gedanken zur Umsetzung der TÄHAV aus Sicht eines praktischen Tierarztes“. Er ging vor allem noch mal auf die Änderungen für praktizierende Tierärzte bei der klinischen Untersuchung, der Erstellung von Antibiogrammen sowie die Auswahl eines geeigneten Antibiotikums zu Therapiezwecken als auch auf die Ausweitung der Nachweis- und Dokumentationspflichten für den Tierarzt ein. Zudem stellte er fest, dass die TÄHAV juristisch unzureichend sei, die Tierärzteschaft aber gleichzeitig dadurch die Chance habe, diese durch tierärztliches Fachwissen zu gestalten. Hierbei sei u.a. die klinische Untersuchung zu definieren und es muss klar geregelt werden, was unter einer ordnungsgemäßen Behandlung sowie einer Tiergruppe zu verstehen ist. Eine Einschränkung der sich möglicherweise aus der TÄHAV ergebenden Untersuchungs- und Therapiefreiheit der Tierärzte sah er zwar besonders kritisch, die Tierärzteschaft müsse jedoch die gesellschaftliche Forderung nach einer Verringerung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung ernst nehmen.

Fehler bei der Probennahme lassen sich im Labor nicht mehr korrigieren
Den zweiten Block an diesem Tag eröffnete Dr. Christian Fidelak von bovicare GmbH in Potsdam, der sich hier dem Thema „Mastitis: Probennahme, Keimspektrum und Resistenzlage“ widmete. In seinen Augen gehört die Diagnostik bei der Eutergesundheit seit jeher zur guten fachlichen Praxis. Er betonte jedoch, dass sich Fehler bei der Probennahme im Labor nicht mehr korrigieren lassen, weshalb hier mit großer Sorgfalt gearbeitet werden sollte. In Bezug auf die TÄHAV-Novelle gebe es in den Bereichen Mastitis und Eutergesundheit geringere Herausforderungen als in anderen Bereichen, der Probennahme und der Antibiogrammpflicht nachzukommen, denn anerkannte Methoden seien längst etabliert und umsetzbar. Zudem ist das Keimspektrum i.d.R. unproblematisch in Bezug auf die Wirkstoffauswahl und die Resistenzlage weniger angespannt. Dennoch sollten die ohnehin vorhandenen Daten (MLP-Daten, Milchdiagnostikdaten etc.) besser und effektiver von den Kolleginnen und Kollegen genutzt werden, wobei der Dokumentation hier eine bedeutende Rolle zukommt.

Bei Klauenerkrankungen oft keine Antibiose notwendig
Als nächstes wurden die wichtigsten Klauenerkrankungen in der Praxis von Prof. Alexander Starke von der Universität Leipzig vorgestellt. Er hielt fest, dass bei Klauenerkrankungen die Therapie mit Antibiotika selektiv im Anschluss an eine klinische und ggf. mikrobiologische Untersuchung erfolgen muss. Häufig müssen jedoch gar keine Antibiotika eingesetzt werden. Starke sieht in der TÄHAV eine Chance für das Vorantreiben von Gesundheitsmanagementprogrammen sowie zur Kontrolle der Klauengesundheit durch die Tierärzte.

TÄHAV bietet auch Chancen
Den letzten Vortrag dieses Tages hielt der Moderator Prof. Dr. Holm Zerbe von der Ludwig-Maximilian-Universität München. Er befasste sich ebenfalls mit der Probennahme, Keimen und der Resistenzlage, allerdings bei der Metritis. Demnach gibt es zurzeit kein anerkanntes Verfahren, um den die Metritis verursachenden Erreger zu isolieren und ein Antibiogramm zu erstellen. Generell bietet die TÄHAV jedoch auch in seinen Augen Chancen für einen intelligenten und angemessenen Antibiotikaeinsatz, für die Bestandsbetreuung und für die Stimulation der Forschung.

Lebhafte Diskussionen im Anschluss an die Vortragsblöcke
Im Anschluss an die lebhaften Diskussionen nach beiden Blöcken begann die sehr schöne Abendveranstaltung, die viele Teilnehmer dazu nutzten, die Themen des Tages mit den Kollegen und auch den Referenten in ungezwungener Atmosphäre weiter zu diskutieren.

Innere und äußere Biosicherheit sind Arbeitsgebiete der Tierärzte
Den zweiten Tag eröffnete Prof. Dr. Marc Boelhauve von der Fachhochschule Südwestfalen mit seinem Vortrag: Einfluss der Hygiene auf die Eutergesundheit außerhalb des Melkstandes. Anhand von sehr praktischen Beispielen und anschaulichen Versuchsanordnungen zeigte er das ein oder andere „verborgene“ Hygieneproblem auf, wie z.B. den Hofhund und andere Vektoren. Aber auch Biosicherheit, Kolostralmilch, Trockenstellmanagement und allgemeine Herausforderungen bei der Hygieneumstellung waren Themen seines sehr kurzweiligen Vortrags. Er ermutigte die Anwesenden, sich das Zepter bei der inneren und äußeren Biosicherheit nicht aus der Hand nehmen zu lassen und sagte voraus, dass in Sachen Hygiene der gesetzliche Zwang in den kommenden Jahren zunehmen wird. Gleichzeitig warnte er jedoch auch davor, auf zu schnelle Erfolge bei der Einführung neuer Lösungsansätze bei der Hygiene zu glauben, denn dies sei ein langwieriger und beratungsintensiver Prozess, der neben viel Fachwissen auch viel Fingerspitzengefühl benötige.

Kombination von Amoxicilin, Clavulansäure und Prednisolon ist Alternative zu Cephalosporinen
Dr. Luis Leon stellte gemeinsam mit Dr. Fidelak in dem Vortrag „Antibiotikaeinsatz mit Perspektive – Was gibt es für Möglichkeiten?“ die ersten Zwischenergebnisse und Auswertungen einer gemeinsamen Anwendungsbeobachtung vor, in der ein Kombinationspräparat aus Amoxicilin, Clavulansäure plus Prednisolon (Synulox® LC Plus) mit dem von Cefquinom bei Mastitis verglichen wurde. Die Untersuchungen zeigen, die Kombination von Amoxicilin, Clavulansäure und Prednisolon ist eine gute und wirksame Alternative zu Euterinjektoren mit Cephalosporinen der 4. Generation bei Mastitis. Neue Daten zeigten vergleichbare in vitro und in vivo Ergebnisse. Zudem können dadurch kürzere Wartezeiten auf Milch erreicht werden.

Impfleitlinie stellen exzellente Grundlage für Beratungsgespräche dar
„Neue Leitlinie zur Impfung von Rindern und kleinen Wiederkäuern“ lautete der Vortragstitel des nächsten Referenten Dr. Max Bastian, dem Leiter der Geschäftsstelle der StIKo Vet am FLI. Die Impfempfehlungen und Impfleitlinie bieten Tierärztinnen und Tierärzten eine exzellente Grundlage für ein Beratungsgespräch mit dem Tierhalter. Allerdings müssen die Impfpläne an der Produktionsrichtung sowie den lokalen Gegebenheiten ausgerichtet werden.
Anschließend nahm der Co-Referent, Dr. Mark Holsteg, die wichtigen Erkrankungen noch einmal speziell unter die Lupe und gab Empfehlungen unter Berücksichtigung der aktuellen Situation. So sollten Verkaufstiere gegen das Blue Tongue Virus vom Typ 8 (BTV-8) geimpft werden, da das Virus das Bundesgebiet mit hoher Wahrscheinlichkeit bald erreicht. In Bezug auf eine Infektion mit dem Schmallenberg Virus empfahl er die Impfung für Jungtiere vor der ersten Belegung. Zudem legte er den Teilnehmern die Impfung von Mastkälbern gegen die Kälbergrippe aus Tierschutzgründen ans Herz.

Lebendvakzine sind Totimpfstoffen vorzuziehen
Den letzten Vortrag hielt Prof. Dr. Hans-Joachim Schuberth in seiner unvergleichlich trockenen-humorvollen Art und verglich dabei die Vor- und Nachteile von Lebend- und Totimpfstoffen für die Rindergesundheit, denn die Effekte einer Impfung sind vielfältig. In seiner Bewertung schnitten Lebendimpfstoffe deutlich besser ab, da sie bessere Gefahrsignale für die Induktion einer adäquaten Immunantwort aussenden und Epithelzellen zur Bildung von Interferon Lambda anregen, das bei der Steuerung entzündlicher Prozesse eine große Bedeutung besitzt. Dadurch bewirken Lebendvakzine eine adaptive Immunität und Immunmodulation gleichermaßen, weshalb sie zu bevorzugen sind.

Fazit
Eine sehr informative Veranstaltung mit tollen Referenten, spannenden und aktuellen Themen, die nicht nur viel Raum für Diskussionen und gute Gespräche bot, sondern auch den einen oder anderen Lösungsansatz gegeben hat. An dieser Stelle sollte auch die ausnehmend gute Moderation von Professor Zerbe noch einmal erwähnt werden, dessen Zwischenzusammenfassungen einiges zur Prägnanz und zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen haben.

Dr. Julia Henning
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