Status quo
Die Veterinärmedizin leistet einen wichtigen
Beitrag für die Gesellschaft, indem sie für das
Wohlergehen von Tier und Mensch sowohl durch
präventive als auch kurative Maßnahmen und akute
Seuchenbekämpfung sorgt. Somit sind Tierärzte und
Tierärztinnen Garanten der Lebensmittelsicherheit.
Allerdings wird in immer mehr Bereichen ein
Mangel an Tierärzten beklagt und eine nicht mehr
flächendeckende Versorgung der Tiere prophezeit.
Dies wird voraussichtlich vor allem die
strukturschwachen Regionen und die Nutztierpraxis
betreffen.
Bereits heute gestaltet es sich in Deutschland
und auch in Österreich schwierig, dort die Not-
und Wochenenddienste aufrecht zu erhalten. Nicht
selten müssen Tierhalter lange Anfahrtswege in
Kauf nehmen. Dies kann sich bei einem Notfall
jedoch auch fatal auf die Prognose des Tieres
auswirken.
Während die einen in der zunehmenden
Feminierung die Schuld sehen, sind es für die
anderen die Zulassungsbedingungen zum Studium bzw.
das Studium selbst. Wieder andere geben der
Generation Y mit ihrem ausgeprägten Anspruch an
eine ausgeglichene Work-Life-Balance die Schuld,
oder aber es sind die Verdienstaussichten bzw. die
unbequemen Arbeitsbedingungen und nicht immer
planbaren Arbeitszeiten, die zu dieser mit unter
unzureichenden tierärztlichen Versorgungsdichte
führen.
Hier finden Sie verschiedene Beiträge, die
dieses Thema bzw. diese Themen von verschiedenen
Seiten näher beleuchten, und auch die Meinungen
unterschiedlicher Persönlichkeiten.
Bayern will dem Tierarztmangel auf dem Land -ähnlich wie die Humanmedizin- mit einer Quote begegnen. Die sogenannte Landtierarztquote sei für eine flächendeckende Versorgung in allen Regionen Bayerns notwendig. "Wir brauchen mehr Tierärzte auf dem Land. Mehr Landtierärzte bedeuten mehr Tierschutz in der Fläche und mehr Lebensmittelsicherheit. Auch die Landwirte sind auf eine gute tiermedizinische Versorgung ihrer Tiere angewiesen", erklärt Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) am Freitag in München seine Pläne. Der Stiftungsrat der Stiftung für Hochschulzulassung habe den Weg bereits frei gemacht für die Einführung einer Landtierarztquote durch die Bundesländer. Als nächstes müssten die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen und die inhaltliche Ausgestaltung vorangetrieben werden.
Auch Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) begrüßte die Idee der Landtierarztquote für eine ausreichende Versorgung der Nutztiere auf dem Land. "Eine gute, sichere und flächendeckende tiermedizinische Versorgung gerade bei Nutztieren ist für uns alle wichtig - es geht um mehr als den 'Hausarzt' für den Hamster."
Deshalb setze sich die Staatsregierung für mehr Tierärzte in allen Regionen Bayerns ein und stelle die Weichen schon bei der Ausbildung. So soll künftig über die Quote ein prozentualer Anteil aller verfügbaren Studienplätze für das Tiermedizinstudium vergeben. Wer solch einen Platz annimmt, verpflichtet sich im Gegenzug, nach dem Studium für eine gewisse Zeit in einer Praxis im ländlichen Raum zu arbeiten. Die Einführung einer Landtierarztquote ist Teil des "Zukunftskonzepts Landtierärzte" des Umweltministeriums. Weitere Maßnahmen auf dem Weg zur einer "attraktiveren Nutztierpraxis" seien neue Praxismodelle, bessere Bezahlung sowie zwei neue Spezialisten-Netzwerke zur tierärztlichen Versorgung von Rindern und Schweinen. Diese sollen durch das Umweltministerium gefördert werden.
In Bayern ist die Zahl der niedergelassenen Nutztierärzt:innen von 2014 bis heute von knapp 1.200 auf nur noch knapp 740 gefallen. Zudem ist der Alterdurchschnitt der noch aktiven Nutztiertierärzt:innen recht hoch, so dass weitere zeitnah in den Ruhestand gehen werden. Diesen Lücken versucht die Bayerische Regierung u.a. mit der Landtierarztquote entgegen zu wirken.
Durch einen Mangel an Tierärzt:innen könnten künftig kranke Tiere nicht mehr ausreichend versorgt werden. Dies betrifft vor allem Nutztiere, da hier der Tierarztmangel besonders groß ist, warnen das Landvolk und Tierärztekammer Niedersachsen. „Wir sehen mit Sorge, dass das Berufsbild offenbar nicht mehr attraktiv ist und im ländlichen Raum schon jetzt viel zu wenig Tierärzte Nutztiere behandeln oder zu den Betrieben rausfahren können“, sagt Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies. Kammerpräsidentin Dr. Christiane Bärsch ergänzt: „Die Tierärzteschaft ist zunehmend jung und weiblich und eher angestellt als selbständig tätig. Das ist eine Entwicklung, die wir schon länger beobachten. Gleichzeitig ist das Interesse an Teilzeitstellen gestiegen und viele Nachwuchskräfte möchten eher
in der Kleintierpraxis und/oder im städtischen Raum arbeiten. Wir brauchen aber auch Tiermedizinerinnen und -mediziner, die in Vollzeit und eben auch auf dem Land arbeiten wollen.“
In Niedersachsen gibt es derzeit rund 6.650 Veterinärinnen und Veterinäre. Davon arbeiten 1.620 als niedergelassene, 1.627 als angestellte Tierärzte und Tierärztinnen in Praxen und 540 in Behörden und Verwaltung. Aktuell seien aber auch viele Stellen nach Angaben der Tierärztekammer unbesetzt, vor allem in Praxen auf dem Land und in der Veterinärverwaltung. Das liegt unter anderem an erhöhten gesetzlichen Anforderungen und vielen Dokumentationspflichten, insbesondere im Nutztierbereich. Nun müsse "Werbung" für den Beruf -vergleichbar mit der Landarztquote in der Humanmedizin- gemacht werden.
Weiterführende Links
Studie: Was denken Deutschlands zukünftige Tierärzte?
Diese Studie hat der Dessauer-Zukunftskreis gemeinsam mit dem marktforschungsinstitut iConsult erstellt. Sie zeigt die Gründe für die Berufswahl, den Zeitpunkt der Berufswahl, die Desillusionierung während des Studiums und die Gefühle der jungen Generation auf.
Pressemitteilung zur Tierärztliche Versorgung in Österreich
Die Ergebnisse der Studie geben Einblick in die veterinärmedizinische Ausbildung, den Ist-Stand, die zukünftigen Herausforderungen und in den Strukturwandel des Berufsfelds.
DZK-Broschüre zu den beruflichen Perspektiven für TierärztInnen
Der Dessauer-Zukunftskreis hat eine Wende-Broschüre entwickelt, in der sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf ihre Eignung zu einer Praxispartnerschaft testen können.
Bund angestellter Tierärzte
Videobeitrag zum Tierärztemangel auf dem Land
bpt: Notdienste „trotz“ Arbeitszeitgesetz – was geht?
bpt: Tierschutz braucht Landtierärzte
Ergebnisse des 1. ÖTK-Zukunftskongresses
Auf dem 1. ÖTK-Zukunftskongress wurde intensiv über die Themen Frauen, der Paradigmenwechsel in der Einstellung der TierärztInnnen (Stichwort: Work-Life-Balance), die künftige Ausbildung des Nachwuchses, die Ökonomie in der Tierarztpraxis, die gesellschaftliche Verantwortung und der Tierschutz, die Veränderungen in der Landwirtschaft, die tierärztlichen Rekrutierungsprobleme im Nutztierbereich, die Herausforderungen in der Amtstierärzteschaft und die Verantwortung der Pharmaindustrie diskutiert.