Verordnung
über die Güteprüfung und Bezahlung der Anlieferungsmilch
(Milch-Güteverordnung)
Vom 09. Juli 1980,
Bundesgesetzblatt Jahrgang 1980 Teil I S. 878, geändert
am 30. Oktober 2003 durch Bundesgesetzblatt Jahrgang 2003 Teil I Nr.
54, S. 2170 vom 12. November 2003 und am 08. August 2007 durch Bundesgesetzblatt Jahrgang 2007 Teil I Nr. 39, S. 1816 vom 14. August 2007 und zuletzt geändert am 17.12.2010 durch Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 66, S.2132, Art.1 vom 22. Dezember 2010
Die Milch-Güteverordnung tritt am 1. Juli 2021 außer Kraft durch die Verordnung zur Fortentwicklung des Rohmilchgüterechts vom 11. Januar 2021 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 2, S. 47, Art. 4 vom 20. Januar 2021
§ 1
Gütemerkmale
(1) Abnehmer von Milch haben jede Anlieferungsmilch zur Bewertung der
Güte auf
- Fettgehalt,
- Eiweißgehalt,
- bakteriologische Beschaffenheit,
- Gehalt an somatischen Zellen und
- Gefrierpunkt
nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 bis 8 untersuchen zu lassen oder
zu untersuchen.
(2) Anlieferungsmilch
im Sinne dieser Verordnung ist die Rohmilch von Kühen, die ein Milcherzeuger
an einen Abnehmer liefert. Bewirtschaftet ein
Milcherzeuger mehrere räumlich voneinander getrennte Betriebseinheiten,
von denen die erzeugte Rohmilch getrennt angeliefert wird, gilt abweichend
von Satz 1 die von jeder Betriebseinheit gelieferte Rohmilch als Anlieferungsmilch.
(3) Abnehmer im Sinne dieser Verordnung ist,
wer Anlieferungsmilch von Milcherzeugern erwirbt,
soweit im Durchschnitt eines Jahres täglich
500 Liter Anlieferungsmilch oder mehr erworben
und angeliefert werden.
§ 2
Untersuchungen
(1) Zur Feststellung
des Fettgehaltes sind monatlich mindestens drei Proben zu entnehmen
und nach den Bestimmungen der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren
nach § 64 Abs. 1 des
Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches,
Gliederungsnummer L 01.00-9, zu untersuchen. Der Fettgehalt ist auf
Hundertstelprozente festzustellen. Aus den einzelnen Ergebnissen ist
der Durchschnittsfettgehalt der Anlieferungsmilch des jeweiligen Monats
auf Hunderstelprozente zu errechnen. Bei täglich zweimaliger Anlieferung
sind abweichend von Satz 1 monatlich mindestens jeweils zwei Proben
morgens und abends zu entnehmen.
(2) Zur Feststellung
des Eiweißgehaltes sind monatlich mindestens drei Proben zu entnehmen
und nach den Bestimmungen der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren
nach § 35 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes,
Gliederungsnummer L 01.00- 10, zu untersuchen. Absatz 1 Satz 2 bis 4
gilt entsprechend.
(3) Zur Feststellung
der bakteriologischen Beschaffenheit sind monatlich mindestens zwei
Untersuchungen nach den Bestimmungen der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren
nach § 35 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes,
Gliederungsnummer L 01.00-5, durchzuführen. Ferner sind monatlich
mindestens zwei Untersuchungen zur Feststellung von Hemmstoffen nach
den Bestimmungen der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach
§ 35 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes, Gliederungsnummer
L 01.01-05, durchzuführen.
(4) Zur Feststellung
des Gehaltes an somatischen Zellen sind monatlich mindestens zwei Untersuchungen
nach den Bestimmungen der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren
nach § 35 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes,
Gliederungsnummer L 01.01.-1, durchzuführen.
(5) Zur Feststellung
des Gefrierpunktes ist monatlich mindestens eine Untersuchung nach den
Bestimmungen der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach
§ 64 Abs. 1 des
Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches, Gliederungsnummer
L 01.00-29, durchzuführen. Besteht auf Grund der Untersuchungsergebnisse
der Verdacht auf Wasserzusatz, kann die zuständige Behörde
oder die von ihr beauftragte Stelle im Erzeugerbetrieb eine Vollprobe
ziehen, die aus den vollständig überwachten Abend- und Morgengemelken
besteht, zwischen denen ein zeitlicher Abstand von mindestens 11 und
höchstens 13 Stunden liegt.
(6) Die zuständige
oberste Landesbehörde kann zulassen, dass anstelle der in den Absätzen
1 bis 5 genannten Untersuchungsverfahren andere Verfahren, die diesen
hinsichtlich der Aussagefähigkeit gleichwertig und an diesen auszurichten
sind, angewandt werden.
(7) Können
Untersuchungen nach den Absätzen 1 bis 4 aus besonderen Gründen
in einem Monat nicht durchgeführt werden, so sind an deren Stelle
nach Entscheidung der nach Landesrecht zuständigen Stelle Untersuchungen
des Vor-oder Nachmonats heranzuziehen.
(8) Die Untersuchungen
dürfen nur von einer Untersuchungsstelle durchgeführt werden,
die von einer nach Landesrecht zuständigen Stelle zugelassen ist.
Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann zulassen, dass die
Untersuchungen vom Abnehmer selbst durchgeführt
werden.
(9) Für die
Entnahme von Proben aus der Anlieferungsmilch dürfen in Milchsammelwagen
nur Probenahmeanlagen verwendet werden, die der DIN 11868 Teil 1 Ausgabe
November 1999 und Teil 2 Ausgabe Juni 2002 entsprechen. Die zuständige
oberste Landesbehörde kann zulassen, dass anstelle des Mindestaufrahmungsgrades
bei der Prüfung gemäß Nummer 4 des Teils 1 dieser DIN-Norm
ein anderes Verfahren, das diesem hinsichtlich der Aussagefähigkeit
gleichwertig und an diesem auszurichten ist, angewandt wird. Bei Probenahmeanlagen,
die nach den in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union
oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum geltenden Regelungen oder Anforderungen rechtmäßig
hergestellt oder in Verkehr gebracht wurden und ein gleichwertiges Ergebnis
hinsichtlich der Repräsentativität der Probe sowie der Verschleppung
gewährleisten, ist davon auszugehen, dass die Anforderungen nach
Satz 1 erfüllt sind. In begründeten Einzelfällen ist
auf Verlangen der zuständigen Behörde nachzuweisen, dass die
Anforderungen nach Satz 1 erfüllt sind. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn die Milch an
einen Abnehmer außerhalb des Geltungsbereichs
dieser Verordnung geliefert wird.
(10) Die Untersuchungsstelle
oder der Abnehmer hat, wenn sie oder er in der Anlieferungsmilch
Hemmstoffe oder einen Keimgehalt von mehr als 100.000 Keimen je cm3
oder einen Gehalt an somatischen Zellen von mehr als 400.000 je cm3
feststellt, dies dem Milcherzeuger unverzüglich mitzuteilen.
§ 3
Einstufung der Anlieferungsmilch
(1) Die Anlieferungsmilch
ist auf Grund der Untersuchungsergebnisse nach § 2 Abs. 3 Satz
1 in Klassen einzustufen. Hierzu sind aus den festgestellten Keimzahlwerten
der Untersuchungen der letzten zwei Monate der geometrische Mittelwert,
auf Tausend gerundet, zu bilden und die folgende Bewertung zugrunde
zu legen:
Mittlerer
Keimzahlwert pro cm3 (Geometrischer Mittelwert) |
Klasse |
bis 100.000 |
1 |
über 100.000 |
2 |
(2) aufgehoben
(3) Die Abnehmer können bei Vorliegen folgender Bedingungen
einen Zuschlag für eine Klasse S bezahlen:
- der Keimgehalt
der Milch darf im geometrischen Mittel über die letzten zwei Monate
den Wert von 50.000 Keimen je cm3 nicht überschreiten;
- der Gehalt an somatischen Zellen darf im geometrischen Mittel über
die letzten drei Monate den Wert von 300.000 je cm3 nicht überschreiten;
- Hemmstoffe dürfen nicht nachgewiesen sein;
- es darf kein Verdacht auf Wasserzusatz bestehen;
- die Untersuchungsergebnisse dürfen nicht in eine Berechnung eingegangen sein, die zur Anordnung
a) der Aussetzung der Lieferung oder zur Anordnung bestimmter Anforderungen hinsichtlich der Behandlung und Verwendung von Rohmilch nach Anhang IV Kapitel II Nr. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs (ABl. EU Nr. L 139 S. 206, Nr. L 226 S. 83) in der jeweils geltenden Fassung oder
b) einer erneuten Aussetzung der Lieferung von Rohmilch aus dem Erzeugerbetrieb nach § 9 Abs. 2 der Tierische Lebensmittel-Überwachungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung
geführt hat.
Das Bezahlen eines Zuschlages ist der nach Landesrecht zuständigen
Stelle mitzuteilen.
§ 4
Berechnung des Auszahlungspreises
(1) Die Anlieferungsmilch
ist monatlich, auch bei Abschlagszahlungen, unter Berücksichtigung
der in § 1 genannten Gütemerkmale nach Gewicht zu bezahlen.
Werden Umrechnungen von Volumen in Gewicht nicht mit dem Faktor 1,020
vorgenommen, ist der vom Abnehmer zugrundegelegte Umrechungsfaktor
in der Milchgeldabrechnung auszuweisen.
(2) Abweichungen
des Fett- und Eiweißgehaltes der Anlieferungsmilch des einzelnen
Milcherzeugers vom Monatsdurchschnitt der gesamten Anlieferungsmilch
des Abnehmers sind durch Zu- oder Abschläge
zu berücksichtigen.
In die in Absatz 1 genannte Milchabrechnung
ist zudem Folgendes aufzunehmen:
- der durchschnittliche Fett- und Eiweißgehalt
der gesamten Anlieferungsmilch
des Abnehmers und der Preis für diese Anlieferungsmilch,
- die Höhe der Zu- und Abschläge nach
Satz 1 und die ihrer Berechnung zugrunde
gelegten Werte für eine Fett- und Eiweißeinheit
sowie
- der Preis für eine Anlieferungsmilch mit
einem Fettgehalt von 4,0 vom Hundert
und einem Eiweißgehalt von 3,4 vom
Hundert.
(3) Der nach Absatz
2 errechnete Preis gilt für gekühlte Anlieferungsmilch der
Klasse 1. Dieser Preis ist im Abrechnungsmonat zu kürzen
- bei Einstufung in Klasse 2 um mindestens 2 Cent/kg,
- bei Nachweis von Hemmstoffen je positives Untersuchungsergebnis dieses
Monats um 5 Cent/kg und
- bei Überschreitung des Zellgehaltswertes von 400.000 je cm3 im geometrischen Mittel über die letzten drei Monate und im Abrechnungsmonat,
wobei bei mehreren monatlichen Untersuchungen ebenfalls das geometrische
Mittel zu bilden ist, um mindestens 1 Cent/kg.
Werden in zwei Untersuchungen nach dem Monat der Einstufung in eine
Klasse Ergebnisse erreicht, die einer qualitativ höheren Klasse
entsprechen, so können die Abzüge der höheren Klasse
angewendet werden.
(4) Andere als die
in § 1 genannten oder in Landesvorschriften nach § 6 Nr. 2
zusätzlich festgelegten Gütemerkmale können durch angemessene
Zu- oder Abschläge berücksichtigt werden, soweit sie für
den Abnehmer von Bedeutung sind. Sie sind in
der Milchgeldabrechnung gesondert auszuweisen. Sonstige Zu- und Abschläge
sind ebenfalls gesondert auszuweisen.
§ 5
Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten
(1) Der Abnehmer
hat die Ergebnisse der Untersuchungen nach
§ 2 und die Einstufung nach § 3 laufend aufzuzeichnen. Er
hat ferner den Auszahlungspreis nach § 4 laufend aufzuzeichnen.
(2) Zusammen mit
den Ergebnissen der Untersuchungen sind das Datum der Probenahme, die
Art der Konservierung, das Datum der Untersuchung und die Untersuchungsmethode
aufzuzeichnen.
(3) Die Aufzeichnungen
sind drei Jahre aufzubewahren und der nach Landesrecht zuständigen
Stelle auf Verlangen vorzulegen.
§ 6
Befugnisse der Länder
Unberührt bleibt
die Befugnis der Landesregierungen, nach § 10 Abs. 2 und §
20 Abs. 2 Satz 1 des Milch- und Fettgesetzes Vorschriften, soweit sie
dieser Verordnung nicht entgegenstehen, zu erlassen, insbesondere über
- die Probenahme, einschließlich der Probenahmegeräte und
der Häufigkeit der Proben, für die Untersuchungen nach §
2,
- weitere Gütemerkmale, einschließlich deren Feststellung
und Bewertung im Rahmen der Gütebezahlung, sowie
- die Beratung der Milcherzeuger, einschließlich der hierfür
erforderlichen Übermittlung der Untersuchungsergebnisse nach §
2.
§ 6a
Bezugsquelle von Untersuchungsverfahren
Bestimmungen der
Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach § 64 Abs. 1 des
Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches, auf die in dieser Verordnung verwiesen
wird, werden vom Bundesgesundheitsamt, Thielallee 88-92, 14195 Berlin,
veröffentlicht und erscheinen im Beuth Verlag GmbH, Berlin und
Köln. DIN-Normen sind im Beuth Verlag GmbH, Berlin, erschienen
und beim Deutschen Patent- und Markenamt in München archivmäßig
gesichert niedergelegt.
§ 7
Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig
im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 9 des Milch- und Fettgesetzes handelt,
wer vorsätzlich oder fahrlässig
- entgegen § 1 Abs. 1 oder § 2 Abs. 1 bis 5 Satz 1 oder Abs.
8 die Anlieferungsmilch nicht oder nicht in der vorgeschriebenen Weise
untersuchen lässt oder untersucht,
- einer Mitteilungspflicht nach § 2 Abs. 10 zuwiderhandelt,
- entgegen § 3 Anlieferungsmilch nicht oder nicht ordnungsgemäß
bewertet oder
- entgegen § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 oder 3 Aufzeichnungen nicht,
nicht richtig oder nicht vollständig macht, nicht aufbewahrt oder
der zuständigen Stelle nicht vorlegt.
§ 8
Inkrafttreten, Übergangsvorschriften
Diese Verordnung
tritt am 1. Januar 1981 in Kraft.
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