HZI koordiniert neues EU-Projekt zur Pandemievorsorge
Immer häufiger treten neue Viren auf, die mögliicherweise das Potential haben, eine Pandemie auszulösen. Dies wiederum vergrößert die Bedeutung einer soliden Pandemievorsorge. Ein neues EU-Projekt unter der Leitung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig hat das Ziel, antivirale Therapien für neu auftretende Viren zu entwickeln.
Das neue EU-Projekt COMBINE („Comparative Signature of Marburg Virus Cell Activation as a Blueprint for the Identification of Antiviral Targets against Newly Emerging Viruses“) soll anhand des Marburg-Virus (MARV) näher beleuchten, wie Viren in Zellen eindringen und neue Ziele für antivirale Strategien identifizieren.
„Wir werden eine Kombination aus innovativen Ansätzen anwenden, um die Signatur der Virus-Zell-Aktivierung zu identifizieren, die Mechanismen der Virusbindung und des Viruseintritts zu charakterisieren und neuartige Inhibitoren und Impfstoffkandidaten zu entwickeln. Unter Verwendung des Marburg-Virus als hochpathogenes BSL-4-Modellvirus bietet dieser neuartige Ansatz einen umfassenden Einblick in den Viruseintrittsprozess, wobei zwischen der anfänglichen Anheftung und der anschließenden zellulären Aktivierung und Internalisierung unterschieden wird“, sagt Projektkoordinator Prof. Christian Sieben, Leiter der Forschungsgruppe „Nanoinfektionsbiologie“ am HZI.“
Das Projekt wird nicht nur entscheidende Erkenntnisse über den Zelleintritt von MARV liefern, sondern auch eine innovative experimentelle Pipeline zur Identifizierung und Bekämpfung von Proteinen entwickeln, die am Anheftungsprozess des Virus beteiligt sind; ein entscheidender Faktor bei der Bekämpfung von Virusausbrüchen. Zudem streben die Wissenschaftler:innen die Schaffung eines vielseitigen, anpassungsfähigen Bauplans an, der länderübergreifende Kooperationen zur Entwicklung neuartiger Medikamente und Impfstoffe gegen neu auftretende Viren erleichtert. Die im Rahmen des Projekts durchgeführten Forschungsarbeiten werden daher nicht nur das Wissen über den Zelleintritt des Marburg-Virus und die therapeutischen Möglichkeiten erweitern, sondern auch eine Technologie-Pipeline schaffen, die schnell auf andere neu auftretende Viren angewendet werden kann, heißt es in einer Presseerklärung des HZI.
HZI
Impfen, nicht keulen
Impfungen sind wesentliche Instrumente zum Erhalt der Tiergesundheit und dienen dem Tierschutz sowie der Sicherstellung einer unbedenklichen Lebensmittelproduktion. Angesichts der zunehmenden Herausforderungen durch Tierseuchenausbrüche ist das in der Tierseuchenbekämpfung bisher etablierte System der präventiven Tötung gesunder Tierbestände im Falle von Ausbrüchen, nicht mehr zeitgemäß. Anlässlich der Verlängerung der Gestattung der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit mit BTV 3-Impfstoffen, fordern die Bundestierärztekammer (BTK) und der Bundesverband für Tiergesundheit (BfT) ausdrücklich in ihrem gemeinsamen Positionspapier, dass „Impfungen als ein bedeutendes Instrument in strategischen Ansätzen zur Bekämpfung von Tierseuchen sowie neu auftretenden Infektionskrankheiten zu verankern“ sind.
In Verbindung mit einer verbesserten Früherkennung und einer regelmäßigen tierärztlichen Bestandsbetreuung bieten Impfprogramme mit modernen und sicheren Impfstoffen ein großes Potenzial für die Tiergesundheit. Dies sollte auch aus Gründen von Nachhaltigkeit und Ernährungssicherung, genutzt werden.
Zielführend wäre ein planbarer strategischer Ansatz zur Tierseuchenbekämpfung in Deutschland und Europa, wobei die Impfung ihren festen Platz als eine der möglichen Maßnahmen einnimmt. Nur so ist es den Tiergesundheitsunternehmen möglich, im Tierseuchenfall möglichst rasch ausreichende Impfstoffmengen zur Verfügung zu stellen. BTK und BfT appellieren an die zuständigen Ministerien und Behörden, ein klares Signal zu senden, wie etwa durch eine klare Impfaufforderung oder sogar eine Impfpflicht gegen BTV-3 (Blauzungenkrankheit) in der kommenden Saison. Das würde die zeitnahe Bereitstellung der notwendigen Impfstoffdosen erleichtern und die Forschung nach geeigneten Impfstoffen fördern.
BTK
Neue Corona-Studie verstärkt Ursprungstheorie
Seit Anfang 2020 hat das Coronavirus Sars-CoV-2 sich in der ganzen Welt ausgebreitet und zu 700 Millionen Infektionen und 7 Millionen Toten weltweit geführt. Und noch immer ist der Ursprung des Erregers nicht vollends geklärt. Gemäß einer aktuellen Studie eines internationalen Forschungsteams ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Virus ursprünglich von Wildtieren stammte, die auf dem Markt der chinesischen Millionenmetropole Wuhan gehandelt wurden.
Die Wissenschaftler:innen haben mehr als 800 Proben untersucht, die das Chinesische Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) ab dem 1. Januar 2020 in verschiedenen Arealen des Huanan Seafood Market in Wuhan genommen hatte. In dieser Region waren bereits Ende 2019 die ersten Ausbrüche mit dem Coronavirus aufgetreten. Ein schnelles Schließen seitens der örtlichen Behörden hatte zwar verhindert, dass Proben der auf dem Markt angebotenen Wildtiere genommen werden konnten, aber die Forschenden analysierten Proben unter anderem von Böden, Oberflächen von Käfigen und Ständen sowie von Abwasserrinnen des Marktes.
Neben dem Erbgut von Tieren konnten die Wissenschaftler:innen auch genetische Rückstände von Sars-CoV-2 nachweisen. Bei den Tieren, die in diesem Bereich pfeilgeboten wurden, handelte es sich unter anderem um Marderhunde, Schleichkatzen, Bambusratten und Stachelschweine. Insbesondere von Marderhunden ist bekannt, dass sie Träger von Coronaviren sein können.
„Viele Tierarten wurden von dem Markt entfernt, bevor die chinesischen CDC-Teams kamen, daher haben wir keinen direkten Nachweis dafür, dass die Tiere infiziert waren“, erklärt Co-Autorin Florence Débarre von der Universität Sorbonne in Paris. Allerdings deute die gleichzeitige Präsenz von Tiererbgut und Sars-Cov-2-Rückständen in Proben darauf hin, dass Tiere auf diesem Markt infiziert gewesen sind.
„Außerdem wurden beide Gründungslinien der Pandemie auf dem Markt nachgewiesen“, erklärte der bekannte Virologe Prof. Christian Drosten von der Berliner Charité. Dies sei am besten damit zu erklären, dass der Erreger mehrmals vom Tier auf den Menschen übergesprungen ist.
Jedoch kann die Studie wegen des Fehlens von direkten Proben von gehandelten Tieren keinen wirklichen Beweis für eine Herkunft des Erregers von Wildtieren liefern. „Eine Häufung von positiven Proben an einem Marktstand, der Tiere verkauft hat, kann sowohl durch infizierte Menschen als auch durch infizierte Tiere erklärt werden“, betont der Experte für Virenevolution Richard Neher von der Universität Basel.
Dennoch deutet Ko-Autor Michael Worobey von der University of Arizona die Studienresultate als starke Indizien dafür, dass die Pandemie ursprünglich von Wildtieren ausging. Die Studie sei das letzte Stück in einem Puzzle, dessen Bild ohnehin bereits recht deutlich gewesen sei, betont er – und beschreibt das wahrscheinlichste Szenario. „Wildtiere mit Viren mitten in Großstädten mit hoher Bevölkerungsdichte mit Menschen in Kontakt zu bringen, zählt zu den riskantesten Dingen, die man tun kann“, konstatiert Worobey. Welche Tierart genau für das Überspringen des Virus auf den Menschen verantwortlich ist, lässt die Studie offen. Besonders wahrscheinlich sei dies für Marderhunde, Schleichkatzen, Bambusratten und Malaiische Stachelschweine, heißt es.
University of Arizona
Drosten besorgt wegen H5N1-Ausbruch bei amerikanischen Milchkühen
In Deutschland werden die während der Corona-Pandemie ergriffenen Maßnahmen und Einschränkungen aktuell in der Politik diskutiert und aufgearbeitet. Die damaligen Maßnahmen verteidigt u.a. Prof. Dr. Christian Drosten. Schon in der ersten Pandemie-Phase im Jahr 2020 hatte sich der Chef-Virologe der Berliner Charité beispielsweise für Schulschließungen ausgesprochen. „Das Effektivste waren die Gruppenobergrenzen, also ‚Versammlungsverbote‘. Effizient waren Schulschließungen und Arbeitsplatzmaßnahmen wie Homeofficepflicht“, erklärt Drosten, der für seine Empfehlungen massive Kritik erntete.
Im Moment bereitet dem Virologen die zunehmende Zahl der H5N1-Ausbrüche bei Milchkuhherden in den USA große Sorgen. Angesichts des massiven Auftretens des Vogelgrippevirus als möglichen Auslöser für eine kommende Pandemie, fordert der Virologe ein entschlosseneres Vorgehen. Diese extrem großen Ausbrüche bei Kühen habe es bislang noch nie gegeben und besorge alle Fachleute, so Drosten im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Es sei noch ungewiss, wie häufig sich Menschen infizieren, die mit diesen infizierten Kühen zu tun haben. „Ich kann nur sagen, es kann glimpflich ablaufen, das Virus braucht mehrere Schritte zur Anpassung, und vielleicht ist es vorher schon unter Kontrolle. Aber es kann auch schon der Anlauf zu einer nächsten Pandemie sein, den wir hier live mitverfolgen.“ Daher rät der Virologe eindringlich dazu, Kühe gegen das Virus zu impfen.
Er fordert, dass in den USA jetzt entschlossen vorgegangen werde: „Mit Quarantäne. Dass man also versucht, die infizierten Bestände zu isolieren; schaut, wo Menschen Kontakt hatten, ob sie Antikörper im Blut haben. Über bestimmte Hygienemaßnahmen nachdenkt. Und auch darüber, Kühe zu impfen“. Das empfiehlt Drosten auch in Hinblick auf die Versuche des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), die zum Ergebnis hatten, dass auch die deutsche Variante der Vogelgrippe Kühe infizieren kann. In den Versuchen hätten die Milchkühe nach der Infektion eindeutige Krankheitssymptome gezeigt – dazu gehörte starker Milchrückgang, eine veränderte Milchkonsistenz und Fieber, so eine FLI-Sprecherin. Trotz dieser Ergebnisse hält das Institut jedoch an seiner bisherigen Risikoeinschätzung fest und schätzt das Infektionsrisiko weiter als sehr gering ein. Rinderhalter:innen sollten dennoch sehr wachsam sein, mahnt das FLI.
Agrarheute
Tagesspiegel
Früherer RKI-Präsident Lothar Wieler erhält Bundesverdienstkreuz
Prof. Dr. Lothar Wieler wird mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Am 18. Januar 2024 wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem ehemaligen Präsidenten des Robert Koch-Instituts (RKI) im Schloss Bellevue die Ehrung zukommen lassen. Neben Wieler wird auch der frühere Leiter des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, geehrt.
Wieler ist Fachtierarzt für Mikrobiologie und leitete das RKI von März 2015 bis April 2023. Schon vor der Corona-Pandemie hatte der 62-jährige in seiner Position als RKI-Chef die Bundesregierung insbesondere bei Infektionskrankheiten beraten. Wieler beschrieb in der Hochzeit der Corona-Pandemie für das RKI in zahlreichen Pressekonferenzen die Entwicklung der Infektionslage und gab der Bevölkerung Verhaltenshinweise.
Auf eigenen Wunsch hat Wieler zum 1. April 2023 sein Amt als RKI-Präsident niedergelegt und arbeitet inzwischen beim Hasso-Plattner-Institut, um sich wieder verstärkt Forschung und Lehre widmen zu können.
Tagesschau.de
Dokumentation der tierischen Corona-Todesfälle mangelhaft
Die Corona-Pandemie hat Wissenschaftler:innen und Ärzt:innen auf der ganzen Welt beschäftigt. Intensiv geforscht wird an den Auswirkungen von SARS-CoV-2 auf den Menschen. Und obwohl die Viruserkrankung als Zonnose eingestuft wird und das Corona-Virus auch auf verschiedene Tierarten übergesprungen ist, konzentrierte sich die Forschung hauptsächlich auf den Menschen. Die Frage nach den Auswirkungen auf Tiere ging allgemein in der Bevölkerung unter. Insgesamt wurden nicht einmal die Hälfte der bekannten Krankheitsfälle bei Tieren dokumentiert, bei den Todesfällen ist der Wert nochmals deutlich geringer. Zwei Drittel der tierischen Corona-Todesfälle sind nicht einmal gemeldet worden. Zu diesem Schluss kamen die Wissenschaftler:innen der Vetmeduni Wien und des Complexity Science Hubs Vienna (CSH) in einer aktuellen Studie. Dazu verglichen sie die offiziellen Zahlen, die der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) über ihr World Animal Health Information System (WAHIS) gemeldet worden waren mit zwei anderen Datenquellen, u.a. in wissenschaftlichen Veröffentlichungen.
„Mindestens 52,8 % der SARS-CoV-2-Fälle bei Tieren und 65,8 % der Todesfälle zwischen Februar 2020 und August 2022 wurden nicht an das WAHIS gemeldet“, erklärt Studien-Letztautorin, Amélie Desvars-Larrive, von der Abteilung für Öffentliches Veterinärwesen und Epidemiologie an der Vetmeduni, die auch am Complexity Science Hub Vienna (CSH) forscht. „Diese Datenlücke bei der offiziellen Meldung von Fällen und Todesfällen ist eine große Herausforderung, zumal sich die politischen Entscheidungsträger:innen auf die offiziellen Daten verlassen. Datenverzerrungen und verzerrte Daten können zu einer suboptimalen Politikgestaltung und einer ineffizienten Ressourcenallokation führen“, betont Desvars-Larrive. Die Analyse legt dar, dass der Datenaustausch über SARS-CoV-2-Ereignisse bei Tieren dringend verbessert werden muss, um für eventuell neu auftretende Krankheiten zoonotischen Ursprungs besser gewappnet zu sein.
Vetmeduni Wien
Neue Variante des felinen Corona-Virus tötet Katzen auf Zypern
Zypern ist auch bekannt als die „Insel der Katzen“. Denn hier leben geschätzt mehr als eine Million der Tiere, die meisten unter ihnen sind Streunerkatzen. Seit Jahresbeginn allerdings sind bereits Tausende Tiere an einer neuen Erregervariante des felinen Corona-Virus verendet. Die meist symptomfrei verlaufende feline infektiöse Peritonitis (FIP) kann bei Mutation des Erregers in einer großen Population, wie der auf Zypern, jedoch eine tödliche Krankheit auslösen. Besonders Katzen mit einem geschwächten Immunsystem sind gefährdet, während stärkere Tiere Antikörper entwickeln und weiterleben werden. Typische Symptome der Krankheit sind Gewichtsverlust, Durchfall, Erbrechen, Atemschwierigkeiten, Fieber oder Augenentzündungen.
Nun ist bei einer aus Zypern nach Großbritannien eingeführten Katze ebenfalls F-CoV-23 nachgewiesen worden, wie der neue Corona-Stamm benannt wurde. Das neue Katzen-Coronavirus habe Eigenschaften eines Hunde-Coronavirus übernommen, nämlich dessen Spike-Protein, also das Protein, welches für den Eintritt in die Wirtszelle verantwortlich ist. Dies könnte auch der Grund sein, so vermuten Forscher, warum sich das neue Virus derart schnell unter den Tieren weiterverbreitet hat – eigentlich unüblich für Coronaviren bei Katzen.
Coronavirusinfektionen bei Katzen sind schon länger bekannt, haben jedoch nur wenig mit dem für Menschen gefährlichen SARS-Cov2 gemein. Die Behörden in Großbritannien sind alarmiert, auch wenn der Nachweis aktuell noch keine Folgen für Katzenbesitzer:innen hat. Denn bislang wurde das Virus noch bei keiner heimischen Katze diagnostiziert.
T-Online
RP