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Paratuberkulose beim Rind

Der Paratuberkulose oder Johneschen Krankheit beim Rind wird in Deutschland bisher keine große Bedeutung beigemessen. In anderen Ländern wie den USA ist sie aber sehr wohl ein großes Problem. Es gibt dort umfangreiche Bekämpfungsmaßnahmen. Wir wollen Ihnen hier einen kurzen Einblick in die Krankheit geben und die neuesten Bekämpfungsstrategien darstellen .

Die hier wiedergegebenen Inhalte beruhen auf den unter "Links" aufgelisteten Informationen oder auf den im Text vermerkten Quellen.

Paratuberkulose - in Deutschland kein Thema - oder etwa doch?

Auf den ersten Blick scheint die Paratuberkulose (Johnesche Krankheit) in Deutschland kein bedeutendes Problem darzustellen. Betrachtet man die nur die Zahlen der gemeldeten Ausbrüche (Tabelle 1), sind nur 0,3 % aller Rinderherden in Deutschland mit dem Mycobacterium paratuberculosis infiziert. Allerdings liegen auch keine systematischen Untersuchungen über eine tatsächliche Verbreitung vor, so dass die wahre Bedeutung der Paratuberkulose noch ungeklärt ist (Huhold u. Ortmann, Berlin-Brandenburgischer Rindertag 2001).

Tabelle 1: Gemeldete Paratuberkulosefälle
Jahr gemeldete Ausbrüche in D
1997 430
1998 443
1999 267
2000 222
2002 240
Quelle: OIE


In den USA sieht die Situation jedoch ganz anders aus. Dort wird vermutet, dass rund 22% der Milchviehherden und etwa 8% der Fleischrindherden infiziert sind (Council for Agricultural Science and Technology, USA).

Aber nicht nur die fehlenden systematischen Untersuchungen sind ein Problem. Auch der äusserst schwierige Nachweis in den subklinischen Stadien erschwert die Erkennung der Erkrankung.

Besondere Beachtung findet die Paratuberkulose auch im Hinblick au die Übertragbarkeit auf den Menschen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird über eine Beteiligung von Mycobacterium paratuberculosis an Morbus Crohn diskutiert und geforscht. Allein in Deutschland leiden etwa 300.000 Menschen an dieser Erkrankung. Bis heute konnte jedoch nicht eindeutig geklärt werden, inwieweit M. paratuberculosi daran beteiligt ist oder nicht.

Mycobacterium paratuberculosis - Erreger und Umweltresistenz

Der Erreger
Mycobacterium paratuberculosis gehört zu den Mycobacteriaceaen. Es ist verwandt mit Mycobacterium avium und wird auch als Mycobacterium avium subsp. paratuberculosis (MAP) geführt.
Die Vermehrung erfolgt nur intrazellulär, da es dazu auf das dort vorhandene Eisen angewiesen ist. Im Gegensatz zu M. avium fehlt ihm das für den Eisentransport verantwortliche Mycobactin
. M. paratuberculosis ist ein kleines (1-1,5µm x 0,3-0,5µm), unbewegliches Stäbchen, das sich in der Gramfärbung als grampositiv darstellt.
Die Anzüchtung des Erregers ist nicht ganz unproblematisch, da es bei einmaliger Plattenbeimpfung etwa 6 Wochen dauert, bis Kolonien entstehen.

Umweltresistenz
Da sich M. paratuberculosis nicht außerhalb tierischer Zellen vermehren kann, muss es erst ausgeschieden werden, um in die Natur zu gelangen. Außerhalb des Tierköpers selbst zeigt es sich als äußerst widerstandsfähig. In fliessenden Gewässern kann es etwa 5 Monate, und in stehenden 9 Monate, überleben. Im Rinderkot ist es bis zu 9 Monate überlebensfähig. Dagegen bleibt es im Urin nur bis zu sieben Tage infektiös.

Verbreitung
Der Erreger wird von infizierten Tieren mit dem Kot und in fortgeschrittenen Krankheitsstadien auch mit der Milch ausgeschieden.

Wie wird Partuberkulose übertragen ?

Der bedeutenste Zeitraum für eine Infektion mit M. paratuberculosis ist bei Rindern das Alter von der Geburt bis zum sechsten Lebensmonat. Mit voranschreitendem Alter bedarf es für eine Infektion immer größerer Erregerdosen. Vor der Geburt ist aber bereits die Möglichkeit einer intrauterinen Infektion gegeben (10 %).

Die Hauptübertragungswege nach der Geburt sind:
  • Erregerhaltiges Kolostrum,
  • Vollmilch von Tieren, die den Erreger mit der Milch ausscheiden,
  • mit Kot verunreinigtes Futter (85%) oder
  • die Aufnahme anderer kontaminierter Futtermittel (5%)
(nach Gerlach)

Infizierte Tiere in späteren Krankheitsstadien scheiden den Erreger mit der Milch aus. Außerdem kann es zu einer Verunreinigung der verfütterten Milch und des Kolostrums durch mangelhafte Melkhygiene kommen. Z. B. müssen Zitzen, die mit erregerhaltigen Kot verdreckt sind, unbedingt vor dem Melken sorgfältig gereinigt werden.

Da der Erreger in der Umwelt bis zu einem Jahr überleben kann, muss auch auf äusserste Hygiene im Kälberstall geachtet werden.

Die klinische Symptomatik der Paratuberkulose

Klinische Symptome treten frühestens zwei Jahre nach der Infektion auf, am häufigsten nach der 1. oder 2. Trächtigkeit. Nach der oralen Aufnahme dringen die Erreger in die Darmschleimhaut ein, wo sie sich vermehren. Von hier gelangen sie in die Gekröselymphknoten. Obwohl noch keine klinischen Symptome sichtbar werden, beginnt ca. 3-5 Monate nach der Infektion die Erregerausscheidung mit dem Kot. Diese findet allerdings nicht kontinuierlich statt.
Im weiteren Verlauf kommt es zu einem Malabsorptionssyndrom. Die Tiere nehmen zwar normal Futter auf und zeigen auch über den gesamten Verlauf kein Fieber, aber die Nährstoffe werden auf Grund der vom Erreger verursachten Läsionen an der Darmschleimhaut nicht mehr resorbiert. Es entstehen Durchfälle, die anfangs noch nicht kontinuierlich auftreten. Die Durchfälle zusammen mit der mangelnden Nährstoffresorption führen dann zur Abmagerung des Tieres. Um die Problematik innerhalb einer Herde aufzuzeigen, haben Whitlock und Buergelt (1996) die Krankheit in 4 Stadien eingeteilt. Im subklinischen Stadium sinken auch die Milch- und Fruchtbarkeitsleistung. Diese Effekte sind insbesondere ökonomisch bedeutsam.

Die untenstehende Tabelle verdeutlicht, dass ein Tier mit fortgeschrittenen Krankheitssymptomen nur die Spitze eines Eisbergs infizierter Tiere ist, die sich in früheren Krankheitsstadien befinden.

Eisberg-Effekt bei der Paratuberkulose
Stadium Krankheitsstatus Relative Tierzahl
IV Fortgeschrittene klinische Krankheitszeichen 1
III Klinische Erkrankung
(Erste Krankheitszeichen: wiederkehrende Durchfälle u. Gewichtsabnahme, Erregerausscheidung mit dem Kot und evtl. der Milch, Tests meist positiv)
1 - 2
II Subklinische Erkrankung
(keine Krankheitszeichen, intermittierende Erregerausscheidung mit dem Kot, Tests positiv o. negativ)
4 - 8
I Stille Infektion
(keine Krankheitszeichen, keine Erregerausscheidung, Test negativ)
10 - 14
Gesamtzahl infizierter Tier: 15 - 25
nach Whitlock u. Buergelt, 1996)


Obwohl nur ein Tier deutlich klinisch erkrankt ist, scheiden mehrere Tiere den Erreger aus und verbreiten ihn so in der Herde weiter.

Der Weg zur Diagnose

Die Diagnose ist grundsätzlich nicht einfach zu stellen, da es insbesondere in den Stadien I u. II sehr schwierig, ist den Nachweis zu führen. In diesen Stadien wird zum einen der Erreger nur sehr selten mit dem Kot ausgeschieden und zum anderen ist der Antikörpernachweis im Serum sehr schwierig, da die Ausbildung einer Immunantwort erst relativ spät beginnt.

Die Diagnostik basiert auf zwei Säulen:
  1. Mikroskopische Untersuchung / Erregerkultivierung
  2. Serologie mittels ELISA (Enzym-Linked-Immunosorbant-Assay)
Mit keinem der anwendbaren Tests ist es möglich, mehr als etwa die Hälfte der infizierten Kühe zu entdecken.
Die Sensitivität 1 der traditionellen Erregerkultivierung beträgt z. B. 41,5 % bei einer Spezifität 2 von 100 %. Bei den ELISA - Tests (Antikörpernachweis) betragen Sensitivität 1 42,3 -45,8 % bei einer Spezifität 2 von 97 - 99 % je nach verwendetem ELISA-Test.

Für die Anwendung der verschiedenen Testmethoden ist zum einen wichtig, wie effektiv die einzelnen Methoden sind, zum anderen spielt eine Rolle, wie die in verschiedenen Bundesländern vorhandenen Bekämpfungsprogramme und Beihilfesatzungen den Nachweis der Paratuberkulose und damit die Beihilfefähigkeit definieren.

Beispielsweise werden nach der "Beihilfesatzung – Paratuberkulose Niedersachsen" Beihilfen dann gewährt, wenn
  • der Erreger im Kot nachgewiesen wurde,
  • spezifische Antikörper im Blut mittels ELISA nachgewiesen wurden (zusätzlich Ausmerzung innerhalb von 6 Wochen),
  • das Tier bei zweimaliger Antikörpertestung mittels ELISA stark verdächtig reagiert hat (auch hier zusätzlich Ausmerzung innerhalb von 6 Wochen) oder
  • das Tier im ELISA verdächtig reagiert hat und die anschließende Obduktion auf eine Paratuberkulose-Infektion schließen lässt.
Diese verschiedenen Definitionen tragen den Problemen des Erregernachweises Rechnung. Denn, wie oben beschrieben, mit keiner Testmethode ist es möglich, mehr als die Hälfte der infizierten Tiere zu erkennen. Das Johne's Information Center der University of Wisconsin (USA) empfiehlt deshalb, die Durchführung zweier verschiedener Tests zu erwägen.

Die Beihilfeverordnung empfiehlt, alle über zwei Jahren alten Tiere eines von Paratuberkulose betroffenen Betriebes möglichst schnell mittels ELISA auf Paratuberkulose zu testen. Damit sollen möglichst viele infizierte Tiere entdeckt werden. Da mit dieser Untersuchung aber nicht alle infizierten Tiere identifiziert werden können, werden weitere Routinekontrollen empfohlen.

Weitere Testmethoden sind:
  • Komplementbindungsreaktion (KBR)
  • Hauttest, ähnlich wie bei Tuberkulose auf Vorhandensein einer zellulären Immunantwort
  • DNA-Nachweis von M. paratuberculosis (Dauer nur 3 Tage, aber hohe Kosten)
1 Sensitivität: Anteil der Tiere, bei denen der Test positiv ausfällt, in Prozent von allen infizierten Tieren

2 Spezifität: Maß für die Fähigkeit nicht infizierte Tiere zu identifizieren. Bsp: Spezifität von 97% bedeutet, daß 3 % der Tests falsch positiv sind, die Tiere also nicht infiziert sind.

Sind Behandlung oder Impfung möglich?

Weder die Behandlung einer infizierten Herde noch die präventive Impfung sind aus verschiedenen Gründen sinnvoll.

Behandlung

Die Behandlung mit Antibiotika ist grundsätzlich möglich, allerdings kann sie nicht die Infektion beseitigen, sondern nur die klinischen Symptome reduzieren. Außerdem ist Sie, je nach angewendetem Wirkstoff, sehr teuer und zudem unkomfortabel, da das betroffene Tier täglich behandelt werden muss.
Nach amerikanischen Angaben müßte z. B. die Behandlung mit Isoniazid über 6 Monate täglich vorgenommen werden. Die Kosten pro Tag betragen einen US-Dollar. Dabei sind die Kosten für die Milchverluste noch nicht eingerechnet.

Impfung

Auch die momentan verfügbaren Impfstoffe bieten keinen befriedigenden Schutz vor einer Infektion und einer Erkrankung, sie reduzieren lediglich die Erregerauscheidung und mildern den Krankheitsverlauf sowie die klinische Symptomatik. Es sind sowohl Tot- als auch Lebendvakzinen verfügbar, die beide eine Immunantwort hervorrufen.

Wie sieht die Sanierung des Betriebes aus?

Die Sanierung betroffener Betriebe basiert auf zwei Grundpfeilern:
  1. Identifizierung und Ausmerzung infizierter Tiere
  2. Verhinderung der weiteren Übertragung
Identifizierung und Ausmerzung infizierter Tiere
Da mit den gängigen Testmethoden insbesondere subklinisch infizierte Tier nicht lückenlos erkannt werden können, müssen weitere Untersuchungen vorgenommen werden.
Als Beispiel soll hier der Untersuchungsplan der niedersächsischen Beihilfeverordnung aufgeführt werden:
Zeitpunkt Untersuchung
  Eingangsuntersuchung aller mind. 2 Jahre alten Rinder mittels ELISA
6 Monate ELISA-Untersuchung und Sammelkotproben (5 Tiere)
1 Jahr ELISA-Untersuchung
2 Jahre Kotuntersuchung
3 Jahr ELISA-Untersuchung
4 Jahre Kotuntersuchung
5 Jahr ELISA-Untersuchung

Alle Paratuberkulose positiven Tiere sollten schnellstmöglich ausgemerzt werden.

Verhinderung der weiteren Übertragung
Die Verhinderung der Übertragung ist der zweite Pfeiler der Sanierung.

Die notwendigen Maßnahmen sind unter anderem:
  • Geburts- und Kälberstallhygiene
  • Kälber nur mit Biestmilch und Milch negativ untersuchter Tiere füttern
  • Kälber positiv getesteter Muttertiere nicht zur Zucht verwenden
  • Melkhygiene: Euterreinigung und -desinfektion
  • Beim Zukauf von Tieren: Nur negativ getestete Tiere einstallen
  • Gülle aus Paratuberkulose positiven Herden nicht auf Weideflächen ausbringen
  • Regelmäßige Stalldesinfektion
Achtung: die Sanierung benötigt einige Jahre Zeit!

Rechtliche Grundlagen und Sanierungsmaßnahmen einzelner Bundesländer

Meldepflicht
Die Paratuberkulose ist in Deutschland eine meldepflichtige Erkrankung.
Das bedeutet, dass sowohl jeder praktizierende Tierarzt als auch die Veterinäruntersuchungsämter, Tiergesundheitsämter sowie andere private und öffentliche Einrichtungen den Ausbruch der Paratuberkulose an die zuständigen Behörden melden müssen. Dies hat allerdinge keine Bekämpfungsmaßnamen zur Folge. Beim Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) werden die Daten nur gesammelt.
Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten

Bekämpfungsmaßnahmen verschiedener Bundesländer

1. Niedersachsen
In Niedersachsen gilt die Beihilfesatzung - Paratuberkulose, der sich Landwirte freiwillig anschließen können. Diese Verordnung gewährt unter bestimmten Voraussetzungen Beihilfen. Der Landwirt muss sich verpflichten, die in der Verordnung festgelegten Maßnahmen (Untersuchungen, Ausmerzung, Hygienemaßnahmen) durchzuführen.

Adresse:
Niedersächsische Tierseuchenkasse
Brühlstr. 9
30169 Hannover

2. Nordrhein-Westfalen
Nordrhein-Westfalen hat ebenfalls eigene Maßnahmen zur Bekämpfung der Paratuberkulose erlassen. Auch hier ist der Beitritt freiwillig.

Tierseuchenkasse NRW

Welche ökonomische Bedeutung hat die Paratuberkulose?

Da in Deutschland keine Kenntnisse über die Verbreitung der Paratuberkulose vorliegen, existieren auch keine Zahlen über die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Paratuberkulose.
Dennoch kommt es in einer infizierten Herde zu Einkommensverlusten für den Landwirt. Diese beruhen auf:
  • sinkender Milchleistung,
  • niedrigeren Fruchtbarkeitsleistungen und
  • daraus resultierenden erhöhten Remontierungsraten,
  • sowie dem Verlust an Körpergewicht
Nach Schätzungen des Landwirtschaftsministerium der USA von 1997 verlieren Milchviehhalter jährlich 200-250 Millionen US-Dollar auf Grund der Paratuberkulose. Schätzungen über die Milchverluste belaufen sich auf 2-19 % bei infizierten Tieren genüber nicht infizierten Tieren desselben Stalls.
Detaillierte Berechnungen für Herden, in denen mehr als 10 % der Tiere auf Grund der klinischen Zeichen der Paratuberkulose ausgemerzt werden, ergaben, dass der Verlust bis zu 245 US-Dollar pro Kuh und Jahr betragen kann.

Wirtschaftliche Gefahr könnte aber auch noch von einer anderen Seite drohen.
Die EU hat die Paratuberkulose 1990 in die Liste der Erkrankungen aufgenommen, gegen die die Mitgliedsstaaten im innergemeinschaftlichen Handel Einfuhrrestriktionen erheben können. Dazu wäre allerdings die Aufnahme der Paratuberkulose in die Liste E des "Office International des Epizooties" (OIE) notwendig. Bisher wird sie in Liste B geführt. Aber auch dies bedeutet, dass Staaten, in die die EU-Mitgliedsländer exportieren, Nachweise über die Paratuberkuloseunverdächtigkeit fordern können. Die Paratuberkulose ist eine meldepflichtige Krankheit.

Tierarten Spezial

Studie über den Zusammenhang zwischen Paratuberkulose und Bodentypen >>>
von Dr. Carola Fischer-Tenhagen

Einleitung
Die Paratuberkulose ist eine Rinderkrankheit, die insbesondere in den USA bedeutende wirtschaftliche Verluste hervorruft. Der Erreger, Mycobakterium avium subsp. paratuberculosis (MAP), verursacht neben einer chronisch progressiven Enteritis mit all ihren Folgen auch bei inapparent infizierten Tieren Sterilitäten und einen Rückgang der Milchleistung. Die amerikanische Milchwirtschaft schätzte die durch die Paratuberkulose verursachten Verluste im Jahr 1999 auf $ 200 –250 Millionen.

Beobachtungen und Erfahrungsberichte deuten auf einen Zusammenhang zwischen einer MAP-Infektion und dem Bodentyp, auf dem die Rinder gehalten werden, hin. Ziel dieser Studie war es, diesen vermuteten Zusammenhang nachzuweisen und zu verstehen. Dadurch ließen sich große Fortschritt bei den Bekämpfungsprogrammen erzielen.

Für eine landwirtschaftliche Nutzung des Bodens ist seine Qualität entscheidend. Die Qualität setzt sich u.a. aus Gefälle, Drainagefähigkeit, Durchlässigkeit, pH-Wert und Frostpotential zusammen. Die Überlebensfähigkeit von Mikroorganismen im Boden hängt meistens von mehr als einem der genannten Faktoren ab.

Material und Methoden
Für die Studie wurden die Daten von ELISA – Paratuberkulose - Untersuchungen verwendet, die zwischen 1998 und 2002 in nördlichen und zentralen Landesteilen des US-Bundesstaates Indiana durchgeführt wurden. 72 Prozent der untersuchten Herden, die zuvor geographisch kodiert wurden, waren Milchrinder, 23 Prozent Fleischrinder und 5 Prozent gemischte Herden. Dann wurde jede Herde mit den Bodenqualitätspunkten dieser Region korreliert, in dem jeweils die Mittelwerte für Gefälle, Struktur, Niederschlag, Oberflächenwasser, Grundwasserspiegel, Drainage, Feuchtigkeit, Korrosionsfähigkeit (Beton, Stahl) und pH-Wert des Bodens ermittelt wurde.

Es wurden nur Betriebe in die Studie eingeschlossen, in denen mindestens 20 Tiere der Herde (n = 92) untersucht worden sind. Der ELISA-Test für die Untersuchung auf Paratuberkulose-Antikörper besitzt bei einer Spezifität von 99 Prozent nur eine Sensitivität von ca. 45 Prozent. Die Herdensensitivität wurde aber durch die Untersuchung von mindestens 20 Tieren des Bestandes, bei einer angenommenen Prävalenz von 20 Prozent, auf 99 Prozent angehoben. So konnte mit 99 Prozent Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass betroffene Herden auch identifiziert wurden.
Die Herden wurden durchschnittlich 6 x im Abstand von 1,7 Jahren untersucht. Die auf diesem Wege ermittelte Prävalenz der Paratuberkulose in den Herden reichte von 0 – 81 Prozent (Median: 8,8 Prozent).

Für die statistische Auswertung wurde in dieser Studie die Scan Statistik verwendet. Das ist ein Test, mit dem regionale Häufungen (Cluster) von Ereignissen, in diesem Falle von Paratuberkulose-Infektionen, bestimmen werden können. Dazu wird ein Fenster über die geographische Karte gelegt, und die Prävalenzen in diesem Fenster mit den durchschnittlichen Prävalenzen abgeglichen. So werden Regionen ermittelt, in den die Prävalenzen über bzw. unter dem Durchschnitt liegen.
Die so entstandenen Cluster wurden dann mit den Bodenqualität in Korrelation gesetzt.

Ergebnisse
Mit der Scan Statistik wurden signifikante Cluster sowohl mit einer höheren MAP -Seroprävalenz als der Durchschnitt (Cluster 1) als auch mit einer niedrigeren bzw. gleichen MAP -Seroprävalenz (Cluster 2) identifiziert. Bei 17 Herden wurde eine höhere MAP -Seroprävalenz (Cluster 1) festgestellt, bei den übrigen 15 untersuchten Herde, war sie gleich oder unterdurchschnittlich (Cluster 2).

Die bivariate logistische Regression innerhalb der Cluster mit den verschiedenen Bodentypen ergab signifikante Zusammenhänge mit drei Bodeneigenschaften:
Treibsand*anteil, Sandanteil und Drainage.
Bei Herden aus Gegenden, die einen geringen Treibsandanteil, Lehmboden oder Sand-Lehmboden aufwiesen, konnte ein signifikant höheres Risiko für eine erhöhte Seroprävalenz für Paratuberkulose festgestellt werden. Wurden die Herden dagegen auf Treibsand-Lehmböden gehalten, war das Risiko bis zu 80 Prozent geringer.

Erfolgte die Auswertung nach einem multivariaten Verfahren, ergab sich nur für Herden, die auf Böden mit geringem Treibsandanteil gehalten wurden, ein erhöhtes Risiko für eine Paratuberkulose-Infektion.

Diskussion
Die Auswertung der Daten dieser Studie weist ganz deutlich einen Zusammenhang zwischen Bodenqualität und überdurchschnittlicher Seroprävalenz von Antikörpern gegen die Paratuberkulose auf. Und zwar hat insbesondere der Treibsandgehalt hat einen signifikanten Einfluss auf die MAP Seroprävalenz.

Der Durchfluss von Wasser ist in sandigen Böden höher, so dass der pH-Wert und die Sättigung mit schwachen Basen geringer ist. M. avium subsp. paraturberculosis ist acidophil und kann daher in Böden mit niedrigem pH-Wert besser überleben. Zusätzlich bieten Böden mit einem hohen organischen Anteil– wie z.B. lehmige Sandböden – gute Überlebensbedingungen für Mykobakterien.

Die Fähigkeit von MAP, in bestimmter Umgebung zu überleben, scheint ein wichtiger epidemiologischer Faktor zu sein. Bei entsprechenden Bedingungen können die Bakterien bis zu einem Jahr im Boden überleben. Um die Infektionsrate zu vermindern und Paratuberkulose-Bekämpfungsprogramme zu unterstützen, sollte der Bodenkontakt von Kälber und das Weiden von Kühen auf kontaminierten Flächen verhindert werden.

Die Daten für diese Studie waren nicht zufällig verteilt. Der Anteil an Milchviehherden war deutlich größer. Die Bedeutung der Paratuberkulose in der Milchwirtschaft ist vermutlich ebenfalls größer als in der Fleischproduktion. Der Produktionszweig scheint aber keine Bedeutung für die MAP-Seroprävalenz zu haben.

Bei der Betrachtung der Ergebnisse muss allerdings berücksichtigt werden, dass lehmige Böden auf Grund ihres Reichtums an organischem Material für die landwirtschaftliche Nutzung sehr geeignet sind. Daher könnten diese bei den Daten eventuell überrepräsentiert sein. Fehlende Assoziationen mit anderen Bodentypen könnten so durch mangelnde Daten aus anderen, landwirtschaftlich kaum genutzten Gegenden zustande gekommen sein.
Außerdem muss bei der Interpretation der Ergebnisse auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass die oben beschriebenen Zusammenhänge von MAP und Bodenqualitäten auch durch andere geographische Ursachen bedingt sein könnten. So findet z.B. durch Handel bedingter Tierverkehr eher in benachbarten Gebieten statt, wodurch das Infektionsgeschehen sich ebenfalls in der näheren Umgebung abspielt, wodurch eine regionale Häufung zu erklären wäre.

Weitere Studien sind nötig, um diese Fragen zu klären.

* Treibsand setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen: Sand und Wasser. Ein verhängnisvolles Gemisch, das auf allen Kontinenten der Welt zu finden ist. Treibsand entsteht, wenn sich Wasser mit losem Sand vermischt. Kann das Wasser nicht wieder abfließen, beginnen die Sandkörner zu schwimmen.


Links / Literatur

Micheal P. Ward, Andres Perez: Association between soil type and paratuberculosis in cattle herds. AJVR, Vol. 65, No 1, January 2004

Bearbeitet von:
Dr. Carola Fischer-Tenhagen
Tierärztin, Tiertherapeutin und freie Mitarbeiterin bei Vetion.de
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World Buiatrics Congress >>>
von Prof. Dr. Wolfgang Heuwieser

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Links / Literatur

World Buiatrics Conress

Bearbeitet von:
Prof. Dr. Wolfgang Heuwieser
Prof. für Physiologie und Pathologie der Fortpflanzung, FB Veterinärmedizin, FU Berlin
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